One thing less
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Da hat also Steve Jobs nun endlich öffentlichkeitswirksam beschlossen, was eh absehbar war: Er zieht sich von seinem Posten als CEO Geschäftsführer von Apple zurück, möchte forthin im Vorstand sein und ist also so richtig weg nicht. Als Reaktion darauf sinken prompt die öbstlichen Aktien ein wenig und – jetzt kommt der gespenstische Teil – überall im Netz sprießen Zusammenfassungen von Jobs’ illustrer Laufbahn aus dem Boden, die einem richtigen Nachruf verblüffend ähnlich sehen. Das ist auch schon Mario Sixtus aufgefallen. Zweifellos hat dieser Mann einige bedeutende Akzente in der Computerwelt gesetzt, mehr vielleicht als vielen bewusst ist, aber seinen Wechsel von der ersten in die zweite Reihe medial wie einen Akt des Sterbens zu begleiten scheint mir dann doch etwas übertrieben. Jobs hatte selbst kaum technisches Wissen oder Fähigkeiten, er war von Beginn an darauf angewiesen, dass jemand anderes seine Visionen in Hardware umsetzen kann (Steve Wozniak). Insofern haben viele andere schlaue Menschen die netten Gerätchen gebastelt, die jetzt zig millionenfach in den Händen der Mensch Dienst tun und das wird sich auch in Zukunft kaum ändern, wenn, wie überall behauptet wird, bei Apple dieser ganz besondere Anspruch/Erfindergeist herrscht, den keine Firma sonst derzeit bieten kann. Insofern: Sorry you’re leaving – und gut. Kein Grund zur Panik.
Ein wenig den Vogel ab schießt da dieser Artikel von Hajo Schumacher auf SPON. Der Vergleich der Apple-Fangemeinde mit einer religiösen Gemeinschaft ist zum einen sowas von nicht neu und zum anderen reichlich weit hergeholt. Immerhin kriege ich bei Apple im Zweifelsfall immer noch einen benutzbaren Computer für mein Geld. Bei den mir bekannten westlichen Religionen gibt’s lediglich tausende Jahre alte Schriften (die im Grunde schon lange Public Domain sein sollten), warme Worte und diffuse Versprechungen für ein Leben nach dem Tod. Wer meint, die Kirchen unterstützen ja auch soziale Projekte, sei erinnert, dass nur etwa 10% der Kirchensteuer dahin fließen. Von der historischen Schuld oder Gemeinschaften wie den Zeugen oder Scientology fangen wir gar nicht erst an. Womöglich hat Apple loyale Anhänger, aber die haben Bündnis 90/Die Grünen oder Tokio Hotel auch. Da unterläßt man diese Religiongleichnisse komischerweise. Um es zusammenzufassen, ich empfinde jegliche Vergleiche mit Religionen in dieser Form als Beleidigung für den jeweiligen Verglichenen, das hat im Grunde nichts mit Apple zu tun. Außerdem: Wer seine Gadgets als politisches Statement kauft, tickt eh schon nicht ganz richtig. Wer dann aber enttäuscht ist, dass ein kommerzielles Unternehmen nicht länger die Rolle des Underdogs und der Gegenkultur oder alternative feuchte Träume verkörpert, weil sie schlicht erfolgreich sind, der läuft glaube ich auf dem Zahnfleisch. Wurst.
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Ach was?
Man weiß nicht so recht was überwiegt: Traurig ist es zweifellos, dass der große Vicco von Bülow, einer der wegweisenden deutschen Komiker – und das lange bevor aus Komik Comedy wurde – , in der letzten Woche mit 87 Jahren verstorben ist. Fast ebenso traurig ist aber wieder die mediale Ausschlachtorgie, die das deutsche Fernsehen – allen voran die öffentlich-rechtlichen Sender – im Gedenken an den Meister der scharfen Beobachtung auffahren. Nichts ist dagegen zu sagen, wenn die zeitlosen Sketche und die beiden Filme aus aktuellem Anlass ins Programm genommen werden oder das eine oder andere Interview gezeigt wird, dass ist/wäre im Gegenteil begrüßenswert. Leider meint man aber wohl die Anteilnahme besser abschöpfen zu können, indem man jedes Boulevardmagazin, jede Wurst-Talkshow (ich schaue in ihre Richtung Herr Lanz), seelenlose Off-Comment-Shows und was sonst noch an traurigen Formaten die Haupt- und Nebensendezeiten bevölkert mit platten Zusammenschnitten (nebst verwursteten Sketchflicken) oder belanglosen Gesprächen mit sogenannten Weggefährten anfüllt.
Sind denn die Zeiten wirklich vorbei, in denen das Gesamtwerk eines Künstlers einfach für sich selbst stehen und damit adäquat das Gedenken aufrecht erhalten werden konnte? Ich für meinen Teil habe und werde die gesammelten Werke des Meisters auf DVD nochmal Revue passieren lassen und stelle fest, dass in einer Medienwelt, die sich mit Vorliebe selbst recycelt wohl sich sobald kein neuer Loriot herauskristallisieren wird. Zumal das ja eh nur in den jungen Medienräumen passieren könnte. Insofern lohnt ein Blick auf nichtlustig.de, wo Zeichner Joscha Sauer den zwei Herren im Bad Tribut zollt. Hier ein anderer Klassiker:
In weiteren Meldungen gratuliere ich den Libyern zur Chance für eine politische Umstrukturierung, auch wenn noch keiner weiß, wie die aussehen wird. Und frage mich dann aber andererseits auch, ob Ölvorkommen im betroffenen Land die Vorraussetzung ist, um von der UN oder der NATO Hilfe bei der Entsorgung überzähliger Diktatoren zu erhalten. Weiß das jemand?