Meinungsfreiheit und Terrorismuspräventionsgesetz 2010

Erstellt am 1. August 2010 von Schreibfreiheit

Gastbeitrag von Dr. Alfons Adam

Der erste Aufsatz zu diesem Thema hatte den Ministerialentwurf zur Grundlage. Doch auch das nun als Regierungsvorlage im Nationalrat eingebrachte Gesetz kann das Ende der Meinungsfreiheit (und damit der Demokratie) bringen und ein Instrument der Kriminalisierung des christlich-katholischen Glaubens sein. Sein Titel verschleiert die mögliche Vorbereitung von Diktatur und Christenverfolgung.

Die neu vorgesehene Gesetzesbestimmung, auf die es besonders ankommt, hat folgenden Wortlaut:

§ 283 (1) Wer öffentlich auf eine Weise, die geeignet ist, die öffentliche Ordnung zu gefährden, oder wer für eine breite Öffentlichkeit wahrnehmbar zu Gewalt oder zu einer sonstigen feindseligen Handlung gegen eine Kirche oder Religionsgemeinschaft oder eine andere nach den Kriterien der Rasse, der Hautfarbe, der Sprache, der Religion oder der Weltanschauung, der Staatsangehörigkeit, der Abstammung oder nationalen oder ethnischen Herkunft, des Geschlechts, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung definierte Gruppe von Personen oder gegen ein Mitglied einer solchen Gruppe ausdrücklich wegen dessen Zugehörigkeit zu dieser Gruppe auffordert oder aufreizt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen.

(2)Ebenso ist zu bestrafen, wer öffentlich gegen eine der im Abs. 1 bezeichneten Gruppen oder gegen ein Mitglied einer solchen Gruppe ausdrücklich wegen dessen Zugehörigkeit zu dieser Gruppe hetzt oder eine solche Gruppe in einer die Menschenwürde verletzenden Weise beschimpft oder verächtlich zu machen sucht.

Vorauszuschicken ist, dass gegenüber dem Ministerialentwurf Änderungen vorgenommen worden sind, die auf den ersten Blick als Entschärfung erscheinen. Auch soll dieser Verhetzungsparagraph 283 nun nicht mehr in die Liste der terroristischen Straftaten aufgenommen werden. Formal wird (entgegen dem Ministerialentwurf) aus der geltenden Gesetzesbestimmung übernommen, was einen Schutz für „eine im Inland bestehende Kirche oder Religionsgemeinschaft“ bedeuten könnte, wenn das nicht schon bisher totes Recht gewesen wäre und seit langem bei Hetze gegen Christen keine Anwendung mehr findet.

Sollte dieser Text im Nationalrat beschlossen werden und dadurch Gesetzeskraft erhalten, dann bedeutet dies für die Praxis (beispielsweise angeführt) folgendes:

Mit einem gerichtlichen Strafverfahren und mit einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren hat zu rechnen,

a.)   wer zu sozialem Ungehorsam, Streik oder Demonstration auffordert, etwa weil er junge Menschen benachteiligt sieht;

b.)   wer auf eben diese Weise öffentlich gegen die Verschwendung von Steuergeldern etwa durch „Hilfe“ an andere Staaten auftritt (z.B. könnte „Hetze“ gegen die Griechen darunter fallen);

c.)   wer die Wahrheit über Abtreibung oder Homosexualität verbreitet;

d.)   wer gegen die Gender-Ideologie auftritt.

Diese Schlussfolgerungen gründen auf folgenden Überlegungen:

Mit der geplanten Gesetzesbestimmung soll ein EU-Rahmenbeschluss vom 28.11.2008 umgesetzt werden, der die Mitgliedstaaten verpflichtet, die Strafbarkeit bestimmter rassistischer und fremdenfeindlicher Straftaten vorzusehen. Rassismus und Fremdenfeindlichkeit sind die Schlüsselworte. Was darunter verstanden wird, ist unter anderem Entschließungen des Europa-Parlaments von 18. Jänner 2006 und 26. April 2007 entnehmen, wo von „Hasstiraden“ gegen „Lesben, Homosexuelle, Bisexuelle und Transgender“ die Rede ist und als Beispiel ein polnischer Gesetzesentwurf angeführt wird, der „homosexuelle Propaganda in Schulen unter Strafe stellen (soll), dass Lehrer entlassen werden sollen, die sich offen zu ihrer Homosexualität bekennen, dass er (= Initiator dieses Gesetzesentwurfes) vergleichbare Gesetze auf europäischer Ebene fördern wolle.“ Es ist von „Homophobie“ die Rede, die mit Rassismus und Fremdenfeindlichkeit gleichgesetzt wird. Die Förderung von Homosexualität in verschiedenen Ausprägungen ist ein wesentliches Merkmal von Gender-Mainstreaming und diese wiederum soll nach einer im Verfassungsrang stehenden EU-Richtlinie das gesamte gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben prägen. Wichtig ist, dass „Homophobie“ angeblich auch dann vorliegt, wenn tatsächliche Erfahrungen im Umgang mit Homosexuellen einen gesetzlichen Niederschlag finden sollen, wie das Beispiel Polen zeigt. Demgemäß kann nach dem Verhetzungsparagraphen 283 neu auch belangt werden, wer wahre Tatsachen thematisiert.

Das Europa-Parlament spricht also von (an sich nicht erkennbaren) „Hasstiraden“, sodass im gegebenen Zusammenhang der neue Begriff „hate crime“ (Hassverbrechen) zu erläutern ist. Wikipedia definiert dies als Straftat, bei denen das Opfer nach dem Kriterium der Zugehörigkeit zu einer gesellschaftlichen Gruppe gewählt wird. Beispiel: Wenn jemand einen alten Menschen bestiehlt, dann kann nach geltendem Strafrecht besonders brutales Vorgehen ein Erschwerungsgrund sein. Wenn aber jemand einen alten Menschen bestiehlt, weil er alt ist, dann begeht er zusätzlich ein „Hassverbrechen“, welches in manchen Ländern bereits eine doppelte Strafdrohung auslöst. Das so ausgerichtete Motiv des Täters ist Beurteilungsmaßstab, sodass von einem „Abgleiten in ein Gesinnungsstrafrecht“ gesprochen wird. Der totalen Willkür ist somit Tür und Tor geöffnet. Hier ist wichtig zu betonen, dass bereits ein Gedanke, eine Handbewegung, ein Blick oder ein Wort strafbar sein können. Diese Mischung von unbestimmten Gesetzesbegriffen, die vom Gericht ausgelegt werden müssen, und dem immer deutlicher hervortretenden Gesinnungsstrafrecht ist eine Gefahr für jeden Staatsbürger.

In unserem Zusammenhang gilt, dass die Bestimmungen, um die es hier geht, aufgrund von EU-Richtlinien erlassen wurden und daher möglichst richtlinienkonform auszulegen sind. Wichtig ist also und wird von den Gerichten sicher so beurteilt werden, was EU-Organe unter Rassismus und Fremdenfeindlichkeit bzw. Hassverbrechen verstehen. In den Erläuterungen zum Ministerialentwurf ist von Einbeziehung von „Hasspredigern“ in bestehende Straftatbestände die Rede und von der Zielsetzung, einer Radikalisierung durch Aufruf zu Gewalt und Hass entgegenzuwirken. Und immer wieder stoßen wir auf die Wortfolge Rassismus und Fremdenfeindlichkeit. (Als „Hassprediger“ wurde in Medien z.B. der Pfarrer von Windischgarsten Dr. Gerhard M. Wagner bezeichnet, dem nichts anderes „vorzuwerfen“ ist, als dass er die katholische Glaubenslehre unverkürzt verkündet.)

In einem Lehrschreiben der Römischen Glaubenkongregation aus 2003, unterfertigt vom damaligen Präfekten Joseph Kardinal Ratzinger, werden katholische Politiker im Gewissen verpflichtet, alles zu unternehmen, damit homosexuelle Lebensgemeinschaften keinen rechtlichen Status erhalten. (Die ÖVP-Politiker haben sich bekanntlich nicht daran gehalten). Wenn man obige Ausführungen berücksichtigt, ist dieses Dokument zweifellos „homophob“ und nach dem § 283 neu kriminell. Ganz ähnlich wird mit dem Begriff „Islamophobie“ umgegangen. Jede Kritik am Islam ist bereits „islamophob“, auch wenn nur historische Wahrheiten angesprochen werden. Wenn man hier den Zusammenhang zum Europäischen Haftbefehl herstellt (siehe Pro Vita 1/2009, nachzulesen unter www.provita.at), dann wird die Gefahr für Meinungsfreiheit, Demokratie und christlichen Glauben offenkundig. In dem Gesetz, welches den Europäischen Haftbefehl regelt, geht es nämlich darum, dass Inländer an einen EU-Staat ausgeliefert werden können wegen einer Handlung (oder Gesinnung), die in Österreich gar nicht strafbar sein muss. Und bei bestimmten „Delikten“ haben die österreichischen Strafbehörden nicht einmal das Recht und die Möglichkeit, die Berechtigung der Anschuldigung zu überprüfen. Dazu werden in dem Gesetz, welches euphemistisch den Titel „Bundesgesetz über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU-JZG)“ trägt, Straftaten wie Terrorismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit und kriminelle Vereinigung angeführt. Wozu noch kommt, dass diese „Straftaten“ nicht einmal definiert sind, sodass schon deshalb jede Willkür rechtlich gedeckt ist.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass durch den § 283 neu Strafgesetzbuch ein weiterer Schritt in Richtung Diktatur und Verfolgung missliebiger Staatsbürger gesetzt wird. Es ist zu hoffen, dass den Meinungsmachern bald die Augen aufgehen, wozu hier ein Beitrag geleistet werden soll.