Meine Weihnachtsbummelgeschichte

Gestern wagte ich mich in die Stadt. Ich nahm viel Zeit und wenig Geld mit und lenkte mein Auto ostwärts. Einen Kilometer weiter stand ich im Stau, zwei Kilometer und eine halbe Stunde später verließ ich denselben, um verbotenerweise ortskundig Feldwege statt Einfallstraßen zu nutzen. Nach weiteren drei Kilometern, die innerhalb weniger Minuten abgearbeitet waren, befand ich mich wieder in guter Gesellschaft und auf Parkplatzsuche – mit mir eine gefühlte Million weiterer autoimmobiler Individualisten. Ich fand rasch eine Abstellmöglichkeit für mein Gefährt (schließlich bin ich Einheimische), keine Ahnung, ob die anderen noch immer ums Stadtzentrum kreiseln.

Erst ließ ich mich vom Friseur verjüngen und mit den üblichen Ausgeh- und Shoppingtipps versorgen, dann stellte ich mich in den nächsten Stau in der Fußgängerzone. Bei H&M schien es Gratisklamotten zu geben, also orientierte ich mich großräumig um und suchte Gassen statt Massen auf. Nettes Zeug gibt es vor Weihnachten! Und nach Weihnachten für´s halbe Geld… Augen also wieder geradeaus – Richtung Optiker. Dort warten wieder einmal eine handvoll zwei Brillen darauf, mit sündteuren Gläsern bestückt zu werden, um dann mein Gesicht zieren zu dürfen. Meine Nase eignet sich nicht unbedingt als Ziergegenstand, dafür recht gut als Halterung für Gleitsichtbrillen.

Um beim Radsporteln nicht immer damit hantieren (und finanziellen Ruin befürchten zu müssen, wenn im Bikepark mal was zu Boden geht, ich zum Beispiel), plage ich mich mit Kontaktlinsen herum. Das ist aus zwei Gründen nicht einfach: Ich bin stockblind kurz- und weitsichtig plus hornhautverkrümmt und ich vertrage eigentlich keine Linsen, weil meine Augen zu trocken sind. Die teuren, aber genial funktionierenden Multifokallinsen (160 Euro für ein Paar Monatslinsen!) würden mich auf Dauer arm machen, zudem trage ich sie nicht länger als wenige Stunden. Also gehen wir den billigen Weg, den Goethe schon (mangels Alternativen) als gangbar eingeschätzt hat: Das eine Auge wird für die Ferne korrigiert, das andere für die Nähe. Die entspechenden Linsen waren gestern zur Abholung bereit. Das sicher ganz besondere Sehgefühl teste ich jetzt und werde wie immer Bericht erstatten.

Bei H&M herrschte noch immer Ausnahmezustand – nicht, dass ich dorthin wollte, aber die Mädelsmassen verstopften die halbe Fußgängerzone – , also waren wieder Umwege angesagt Richtung Maxximilians, wo ich meinen knurrenden Magen befriedigen wollte. Auch diese Idee hatte nicht nur ich… Ich nahm also an der Bar Platz, bestellte ein Baguette „ToMo, warm“ und ein Wasser, vertiefte mich in die Regionalzeitung und versuchte verzweifelt, „Last Christmas“ von Wham auszublenden. Zwei Minuten später war der Inhalt der Zeitung aufgenommen, was mich wieder in der Entscheidung bestätigt hat, das Abo vor einigen Monaten gekündigt zu haben. Das Baguette war lau, der Mozzarella labbrig, die Tomaten wässrig, der Hunger dennoch gestillt.

Wieder im Freien – acht Grad, Föhn, Schneematsch – schlenderte ich im Laufschritt den Rest der Innenstadt ab, um schließlich erleichtert die Autotür hinter mir zu schließen. Auf Feldwegen ging´s zurück nach Hause, wo Snoopy kein Unverständnis über meine lange Abwesenheit kund tat. Ich schnappte mir mein Singlespeed-Bike, die Leine und den mich umtobenden Hund und tat an diesem Tag das einzig Richtige. Na gut, der Friseur war auch nötig. Aber sonst? Verzichtbar. Geschenke kaufen kann man auch im Juli oder im Internet. Frohe Weihnachten!

 


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