Meine Stillgeschichte

Von Teilzeitmutter

Bild: pixabay.de

Sechs Monate tue ich es nun. Alle zwei Stunden. Tag und Nacht. Manchmal auch öfter. Ich finde es schön, schrecklich, bequem, schmerzhaft, angenehm, lästig, ganz ok und achja - sooo gesund. Ich weiß, für die Langzeit-Stiller unter Euch sind sechs Monate nichts. Aber ich bin verdammt stolz darauf, so lange durchgehalten zu haben. Und nun will ich laaaaaangsam wieder meinen Köper zurück. Mein Baby ist mit diesem Plan leider gar nicht einverstanden. Aber mal ganz von vorn.

Wie alles begann

Meine große Tochter habe ich knapp sechs Monate voll gestillt, dann wurde sie leider nicht mehr satt.  (Warum auch immer. Milch war mehr als genug da.) Jaa, das war tatsächlich so. Mir wollte am Anfang auch niemand glauben ("Wachstumsschub", "Phase", "das denken alle Mütter", "blablabla"). Erst beim dritten Kinderarztbesuch mit einem dauerschreienden Baby ging es auf die Waage und siehe da: Die Maus hatte abgenommen. Ab sofort musste ich also zufüttern. Mit Erfolg: Mein hungriges Mädchen riss mir fast die Flasche aus der Hand und trank mit Begeisterung. Meine Brust war ab da out und damit begannen die gesundheitlichen Probleme (auf die ich hier nicht näher eingehen möchte). Nur so viel: Ich hatte Schmerzen, starke Schmerzen. Um es kurz zu machen: Ich ließ mich auf die im Nachhinein bescheuert Idee meiner Frauenärztin ein und stillte ab. Von einem Tag auf dem anderen. Mit Abstilltabletten. Bitte macht das NIE, NIE, NIE! Die Nebenwirkungen sind heftig. Die körperlichen wie auch die seelischen. Von da an hatte ich also ein Flaschenkind. Und ich merkte schnell: Fläschchen geben ist echt nervig. Ständig schleppt man einen halben Chemiebaukasten mit sich rum, und nachts landet das heiße Wasser oder das Pulver schonmal wahlweise im Bett oder auf den Nachttisch statt im Fläschchen. Nun gut, die Maus war eine gute Esserin und schon bad reduzierten sich die Flaschen, nachts brauchte sie schon mit sieben Monaten keine mehr.

Alles auf Anfang

Bei Baby Nummer 2 sollte dann alles besser werden. Ich wollte unbedingt stillen und betete, dass es klappte und das Kind satt werden würde. Ich las viel, atmete alles on-und offline weg, was zum Thema Stillen geschrieben wurde und war am Ende überzeugt: Ich MUSS stillen. Unbedingt. Denn Flaschenmilch ist böse, nur Muttermilch ein wahres Wundermittel. (Zumindest wird das einem schnell suggeriert, wenn man in Ratgebern und Stillforen stöbert). Mein Baby sollte also nur die Brust bekommen. Mindestens ein Jahr lang. Gleichzeitig schwor ich mir aber auch, es nie wieder soweit kommen und mein Baby hungern zu lassen, mehr auf mein "Gefühl" zu hören.
Die Realität sah dann aber wie so oft ganz anders aus. Das Gute zuerst: Nach den üblichen Anfangsschwierigkeiten (Hilfe, wo ist die Brust, ich kann nicht andocken, wuhääää, da kommt nix), einem heftigen Milcheinschuss (bei der Großen habe ich ihn nich nicht einmal gemerkt) und einem anfänglichem Überangebot an Milch (wuhääää, da kommt zu viel auf einmal, zu schnell, ich verschlucke mich dauernd), lief es eigentlich ganz gut. Wenn man davon absieht, dass mir das Baby quasi 24 Stunden am Tag an der Brust klebte, aber das ist eine andere Geschichte...
Mit zunehmendem Alter jedoch wurde der Babyjunge (wie auch schon seine Schwester zuvor) immer neugieriger und ließ sich von jeder Kleinigkeit vom Trinken ablenken. Kombiniert mit ein paar heftigen Wachstumsschüben ergab das eine riesige Stillkrise. Baby schrie, dockte ab und an, schrie wieder, riss an der Brust, hört auf zu trinken, schrie vor Hunger, dockte wieder an und ab und... ach, es war grausam. Dafür trank das Söhnchen nachts alle 30 Minuten - klar, tagsüber kam ja auch kaum was rein ins aufgedrehte Babylein. Ich schwor mir, mit vier Monaten, also nach dem Minimum der empfohlenen Stilldauer, kommt die erste Flasche ins Spiel, dieses Theater halte ich nicht mehr länger aus. Kaum war die magische Viermonatsgrenze überschritten, sagte ich mir dann, "na, die acht Wochen schaffst du auch", dann sind die sechs Monate voll, ist ja auch viel besser, und damit die "Pflicht" nach WHO-Kriterien erfüllt.
Jetzt nach sechs Monaten denke ich: "Hmmm, gar nicht so übel. Klappt eigentlich ganz gut." Zwar ist mein Kleiner immer noch ein Zappelphilipp und dockt gerne mal ab beim Trinken, was dazu führt, dass ich, wenn wir unterwegs sind, gerne mal unfreiwillig oben ohne dasitze, aber nun gut, man stumpft ja irgendwann ab als Mutter. Von mir aus kann es also noch ein Weilchen so weiter gehen. Mit einer Ausnahme: Ich möchte zwischendurch auch mal ohne Baby rausgehen und ohne dafür tagelang vorher Muttermilch abpumpen zu müssen. Denn leider dauert diese Pumperei bei mir ewig. Ich möchte unbedingt wieder mit dem morgendlichen Schwimmen anfangen und den Mann dann einfach mit ner Packung Pre-Milch unbesorgt mit dem Baby zu Hause lassen können. Tja, nur leider trinkt das Baby die Milch nicht. Für mich ist dies der Horror - die Vorstellung ganz allein, mit meinen eigenen Körper für die Ernährung verantwortlich zu sein. Gut, es gibt zwar schon Brei, aber bei den Mini-Mengen dauert das Abstillen bestimmt noch bis zur Einschulung. Was also tun? Keine Ahnung. Mittlerweile bin ich mittelmäßig verzweifelt. Fest steht: Ich werde weiterstillen. Fest steht aber auch: Ich werde irgendwann abstillen. Und: Ich möchte unabhängiger werden. Ich probiere es also weiter mit dem Fläschchen, vielleicht findeter ja doch irgendwann Geschmack daran.

Fazit

Rückblickend kann ich sagen, dass ich das Stillen deutlich angenehmer finde als das Fläschchengeben, aber auch nicht so allein seeligmachend, wie oft beschrieben. Ich sehe es eher nüchtern: Stillen ist gesund, praktisch und kostenlos. Besonders kuschelig finde ich's bei meinen unruhigen Trinkern jedoch nicht. Da ist Fläschchengeben deutlich romantischer. Schließlich reißt einem da niemanden an empfindlichen Körperstellen rum. Dennoch würde ich mich immer wieder fürs Stillen entscheiden. Allein schon aus Faulheit. Nachts Pulvermilch anzurühren und ständig Flaschen und Sauger zu schrubben und auszukochen ist nämlich echt nervig.

Nachtrag:

Susanne Mierau von Geborgen Wachsen startete jüngst einen Aufruf, Werbung fürs Stilen zu machen und seine Stillgeschichte zu veröffentlichen. Auch wenn ich keine "Stillfanatikerin" bin, möchte ich mich gerne an dieser Aktion beteiligen, da ich Stillen nach wie vor wichtig und richtig finde.