Am Donnerstag hatten mein Mann und ich den letzten Termin im Geburtsvorbereitungskurs und meine Hebamme hat etwas gesagt, was mir hängen geblieben ist:
In unserer Zeit fehlt einfach die gemeinsame Erfahrung.
Früher haben Frauen Geburten bei Schwestern, Tanten, Freundinnen miterlebt - in vielen Kulturen auf der Welt ist es auch heute noch so. Mit "miterlebt" meine ich sie waren meist sogar live dabei. Bei uns jedoch nicht. Woran das wohl liegen mag? Schwangerschaft und Kinderkriegen ist so ein weitentferntes Thema - bis man auf ein Stäbchen pinkelt und zwei Striche vor sich sieht. Dann erst beschäftigt man sich eigentlich so richtig mit diesem Mythos "Schwangerschaft". Was bedeutet "Schwangersein"? Wie viel Realität steckt in den Hollywood-inszenierten Schwangerschaften (und natürlich auch Geburten) der Filmindustrie? (Nur zur Info: Sehr sehr wenig ;)).
Eine Kleinigkeit, die ihr bisher vielleicht nicht von mir wusstet: Ich war (bzw. bin) depressiv. Mit der Depression ist es ja nun mal so eine Sache. Heilung gibt es keine, dafür lernt man mit ihr umzugehen und die Zeichen richtig zu deuten, um frühzeitig ein Umgehungsmanöver einleiten zu können. Warum, wieso, weshalb die Depression sich bei mir entwickelt hat, tut eigentlich nichts zur Sache, nur so viel: Der Verlust eines nahen Menschen kann nicht spurlos an einem vorbei gehen. Ich hatte große Sorgen, dass sich meine Depression während der Schwangerschaft wieder meldet, oder gar verschlimmert und muss zugeben: Nichts da. Ich weiß nicht, ob es daran liegt, dass ich versucht habe mich so gut es geht von zu viel Schwangerschaftslektüre fernzuhalten (wer schon vorher über alle möglichen Krankheiten, Komplikationen etc. liest und dazu noch einen Hang zu Panikattacken hat, kann sich doch dann bei jedem Ziepen nur viel zu viele Gedanken machen), oder ob die Hormone solch einen guten Einfluss hatten, aber die letzten 9 Monate waren die Panikattacken-freisten seit langem (hoffen wir, dass es sich bis zur Geburt weiter so hält).
Druck auf Schwangere & MutterDoch der Ausgangsspruch meiner Hebamme hat mich dann am Donnerstag wieder daran erinnert, warum ich eigentlich diese Angst und Sorge hatte. Denn: Was weiß ich schon, was auf mich zukommt?
Bauchgefühl & Vertrauen in sich selberMeist will man gar nicht alles so ganz genau wissen. Beispiel: Die Figur ändert sich. Dank den Sozialen Medien, Stars und Sternchen und auch der Berichterstattung über so manche royale Geburt erhöht sich der Druck auf werdende Mütter immer mehr immer besser auszusehen und vor allem nach der Geburt flotter wieder auszusehen wie vorher. Druck. Das ist eigentlich das Stichwort, auf welches ich hinaus will: Wir machen uns heutzutage viel zu viel Druck. Viel zu viele Gedanken. Und da muss ich meiner Hebamme tatsächlich Recht geben: Erfahrung würde natürlich Ängste und Vorurteile nehmen und Sicherheit spenden. Wenn wir diese nicht haben, wenden wir uns viel schneller den Schwangerschaftsabteilungen in Bücherläden (oder bei Amazon), den diversen Foren und (schlimmstenfalls) auch noch Dr. Google zu. Schnell stapeln sich so zehn oder mehr Schwangerschaftsratgeber, 6 Smartphoneapps und 4 Forenmitgliedschaften aufeinander, die im Grunde dann doch nur zu noch mehr Verunsicherung und Ängsten führen. Dabei vergessen wir gut und gerne, dass auch im Hinblick auf Schwangerschaften, Geburten und Babys Trends exisitieren, die sich immer mal wieder ändern: Familienbett ja/nein; gemütliches Schlafen mit Nestchen, Kissen und Decken vs. leeres Bettchen und Schlafsack; Essgewohnheiten; Stillen... Überall gibt es Meinungen und Meinungen ändern sich nun einmal im Laufe der Zeit - sei es auf Grund von Erfahrungen oder Studien... Aber das allerwichtigste, was wir vergessen ist: Wir können das. Wir sind dafür gemacht.
Meine Hebamme spricht immer von diesem " Bauchgefühl", auf das wir uns verlassen sollen. Diesen " Mutterinstinkt", die Intuition. Auch mir fällt es unheimlich schwer mich darauf zu verlassen. Und doch: Hätten die Frauen dieser Welt diesen Mutterinstinkt nicht, gäbe es uns doch alle gar nicht. Wäre die Menschheit nicht längst ausgestorben, wenn Fortpflanzung nur mit akademischem Abschluss und dem konstanten, 10 monatigem Aufsaugen von Informationen aus allerlei Quellen möglich wäre?
In diesem Sinne: Ein bisschen mehr Vertrauen in uns selber und unsere innere Stimme. Ein bisschen weniger Sorgen und Ängste. Ein bisschen mehr Entspannung.Ich gestehe: Ich habe gerade einmal ein Schwangerschaftsbuch durchgeblättert. Alles weitere, wenn mal was geziept hat oder auch über die Geburt an sich weiß ich erst durch Nachhaken bei meiner Hebamme und/oder Gynäkologin. Und ich gestehe zudem: Ich bin (bisher noch) recht entspannt. Selbstverständlich habe ich einen gewissen Respekt vor dem was mich unter der Geburt erwartet und ich bin auch ein wenig kribbelig aufgeregt auf die erste Zeit mit Baby und als Familie. Aber ich habe keine Angst. Ich mache mir nicht täglich Gedanken. Wie sagt meine Hebamme so schön: " Angst davor, dass ihr es nicht schafft, braucht ihr nicht. Ihr schafft das. Alle. "
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