Meine "Reise ins Innere der Stadt" und warum ich gern dort geblieben wäre...


Es gibt so Bücher, da muss man nicht bis ans Ende des Jahres warten, um bereits sagen zu können, dass sie ein Highlight sind. Reise ins Innere der Stadt ist genau solch ein Buch: ein durch und durch gelungenes Meisterwerk, was mit Intelligenz, Kreativität, aber eben auch Düsternis besticht. Wer Shaun Tan und seine Werke kennt, wird darüber nicht überrascht sein, und doch hat mich diese Mischung aus Kurzgeschichten, Gedichten und gewaltigen Illustrationen regelrecht umgehauen. 
Tan erzählt in seinen Texten von der Beziehung zwischen Tier und Mensch in einer urbanen Gesellschaft. Sie haben keine Titel, nur die titelgebenden Silhouetten von Tieren, die den Leser*innen verraten, worum es in der Geschichte gehen könnte. Mal sind das unsere geliebten Haustiere, mal jene, die wir essen und dann wieder solche, zu denen wir eigentlich nie direkten Kontakt haben, die uns aber faszinieren, oder andere Gefühle in uns auslösen. Doch egal um welche Erzählung es sich handelt, alle von ihnen stecken voller Metaphern und Poesie, die zum Nachdenken und Interpretieren anregen. Hinter ihren Buchstaben steckt oft mehr als auf den ersten Blick fassbar, und so kam es, dass mir viele der Geschichten noch lange im Kopf herumschwirrten (und dort immer noch sind).
Bei Kurzgeschichtensammlungen nenne ich zum Schluss einer Besprechung gern meine liebsten; in diesem Fall kann ich es jedoch nicht, weil mir restlos alle gefallen haben. Selbst diejenigen, bei denen ich erst skeptisch war, überraschten mich, oder ließen mich staunen. Shaun Tan geht so klug vor; er ist originell und hebt, trotz ernster, ja erschütternd realistischer Themen, niemals den pädagogischen Zeigefinger. Er erzählt Geschichten, die es den Leser*innen überlassen, was sie darin erkennen. Mich persönlich haben sie berührt, manche sogar zum Weinen gebracht. So muss ich zugeben, dass ich eine Altersempfehlung ab 10 Jahren nicht ganz nachvollziehen kann, sind Tans Geschichten doch mit einer gewissen Schwere behaftet und auch sprachlich sehr niveauvoll. Vielleicht aber sehen Kinderaugen die Erzählungen auch auf eine ganz andere Art als ich.

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