meine hassliebe zu festivals.

ich liebe sie. und ich hasse sie – festivals.

jeden sommer finden unzählige davon statt. egal ob techno, hiphop, indie oder rock – für jeden musikwunsch ist etwas dabei. einige sind klein und mit eher unbekannten künstlern, andere dagegen sind riesig und protzen mit weltberühmten acts. genau da beginnt das ganze dilemma auch schon: welches festival will man denn besuchen?
klar, man kann sich nach dem persönlichen musikgeschmack orientieren. aber was, wenn man so wie ich zum beispiel, von verschiedenen richtungen begeistert ist und freunde hat, die alle eine anderes musik-genre präferieren?
ein festival zu finden, das allen wünschen vollkommen entspricht, ist schwierig und auch nicht zu erwarten. ich könnte jetzt behaupten, dass man halt einfach an mehrere gehen kann, aber wer kann sich das bei diesen eintrittspreisen schon leisten?

nachdem die entscheidung dann endlich gefallen ist, alle freunde zusammengetrommelt und die tickets bestellt sind, herrscht erst einmal pure vorfreude. man kann es kaum erwarten. die tage werden gezählt und gehofft, nein, gebetet, dass das wetter auch wirklich mitspielt. es werden sämtliche aftermovies geschaut in denen strahlende gesichter vor sich hin tanzen, als gäbe es kein morgen.

wenn tag X aka tag 1 des festivals vor der für steht, gibt es kein halten mehr. mit rucksäcken voller klamotten, die man sowieso nicht anziehen wird aber “für alle fälle” dabei hat, schlafmatten und zelten geht es an den ort des geschehens. hat man sein mekka erst einmal erreicht, muss man natürlich anstehen und darauf warten, dass die gefühlten zweitausend gäste, die vier stunden vor einem schon eingetroffen sind, hereingelassen werden. meist dröhnt die musik schon von weitem aus den boxen und das wiederum macht die wartezeit ein bisschen erträglicher.

die suche nach dem idealen zeltplatz finde ich immer am interessantesten und mir ist es auch völlig egal, ob mein zelt 10 oder 30 minuten von der main-stage entfernt ist – ich habe ja zeit. ganz, ganz, ganz viel zeit sogar. bei der suche verlasse ich mich immer irgendwie auf mein bauchgefühl: wenn mir die nachbarn unsympathisch sind oder sonst irgendwie schräg rein kommen, stelle ich mein zelt ganz bestimmt nicht dort auf. bisher hatte ich eigentlich immer glück und ziemlich coole leute um mich herum. so habe ich an einem open air im jahre 2007 menschen kennengelernt, von denen ich bis heute immer mal wieder was höre.

sobald das zelt steht, der schlafsack ausgebreitet und das erste bier geöffnet wurde, ist man angekommen. angekommen in einer speziellen kleinen welt, fern vom ganzen rest und dem alltag. an einem festival ist es scheissegal, wie spät es ist, scheissegal, ob du in trainerhosen und mit zusammengebundenen haaren auf einem klappstuhl sitzt und die dritte zigarette innert 10 minuten rauchst und alles ist absolut scheissegal, was normalerweise nicht scheissegal wäre.
falls ich so ein festival in wenige worte fassen müsste, dann würde ich es als eine kleine blase, in der gleichgesinnte für mehrere tage untereinander sind, beschreiben. die blase platzt am schluss natürlich wieder und lässt uns alle ohne vorwarnung zurück auf den harten boden der realität fallen.
(an dieser stelle fällt mir ein zitat ein: alles hat ein ende, nur der rave hat keins. völliger blödsinn, denn auch der beste rave neigt sich mal dem ende (spätestens dann, wenn die polizei auftaucht!))

wenn man sich nach ein paar bierchen und sonstigen substanzen noch dazu aufraffen kann, zur main-stage zu watscheln um einen act zu sehen, (achtung, spoiler: das ist der eigentliche sinn eines festivals!) hat man schon sehr viel erreicht. hut ab! jeder festivalgänger (meine autokorrektur wollte jetzt übrigens aus “gänger” “banger” machen) kennt das: in der vorbereitungsphase schaut man sich das line-up an und denkt sich bei jedem zweiten künstler: OMG DEN MUSS ICH SEHEN! mal ehrlich, wie viele dieser “omgdenmussichsehen”-künstler, schaut man sich wirklich an? oft ist man einfach zu faul um seinen angetrunkenen und bekifften hintern auf das bühnengelände zu schwingen und sitzt lieber weiterhin unter seinem pavillon und lauscht der itunes-playlist seines nachbarn, die aus den mitgebrachten boxen schallt.

viele festivalhasser fragen mich, was ich an einem open air eigentlich die ganze zeit so mache.
ganz ehrlich? ich weiss es doch auch nicht. abgesehen davon, dass ich alkohol trinke, esse, ab und zu mal an einem joint ziehe, esse, alkohol trinke, wieder an einem joint ziehe, tanze, an auftritte von künstlern gehe, tanze und irgendwann einmal schlafe, mache ich eigentlich nichts. ich frage mich im nachhinein meistens auch, womit ich eigentlich die ganze zeit über beschäftigt war, denn die stunden dort vergehen irgendwie wie im flug.

nachdem man die ganze nacht durchgefeiert und nach ewiger suche sein zelt doch noch gefunden hat, murmelt man sich in seinen schlafsack und hofft darauf, wenigstens für ein paar stunden ein kleines nickerchen machen zu können.
HA, VERGISS ES! irgend ein betrunkener idiot wird entweder um sieben uhr morgens an dein zelt pinkeln, dein zelt mit seinem verwechseln oder aus voller kehle und im sekundentakt “HELGA!” brüllen. (mal ehrlich – dieser helga-scheiss nervt und ist total veraltet. hört auf!)
falls du glück hast und nicht von stark alkoholisierten menschen geweckt wirst, dann bestimmt von der hitze oder dem regen. oder abwechslungsweise von beidem.

somit bricht tag zwei an. die euphorie ist zwar noch da, hat sich aber gekonnt hinter einem mordskater versteckt. ist dieser erst einmal nach einer warmen dusche (JA, ICH DUSCHE!) und einem ausgiebigen frühstück besänftigt, wiederholen sich eigentlich all die aktivitäten von tag 1.
am nachmittag holt einem oft eine kleine krise ein. man ist eventuell schon wieder angetrunken, die durchgefeierte nacht macht sich durch unglaubliche müdigkeit bemerkbar und man würde sich eigentlich ziemlich gerne für ein paar stunden in sein eigenes bett legen. an diesem punkt hasse ich festivals. ich hasse sie so lange, bis ich meine müdigkeit und schlappheit überwunden habe und mich voller adrenalin wieder zu den bühnen und auf die tanzflächen begebe.

am dritten tag (insofern es der letzte ist) kommt meist diese typische aufbruchstimmung zum vorschein: die ersten nachbarn reissen noch vor dem aufgehen der sonne ihre pavillon-festungen ab und hinterlassen ihren müll, auf dem weg zu den duschen und toiletten begegnet man alkoholleichen mit leblosen gesichtern und die blase scheint so langsam zu platzen. verkatert, völlig übermüdet und kraftlos ist man gezwungen, seine sachen zu packen. die stimmung erreicht einen neuen tiefpunkt. man denkt an die vergangenen paar stunden zurück und sehnt sich nach seinem weichen, sauberen bett und vier tagen schlaf.

auf dem heimweg hasse ich festivals am meisten. total erschöpft muss ich mich dazu zwingen, im zug nicht einzuschlafen und aus versehen bis nach mailand zu fahren. ich frage mich dann immer, wozu ich mir das eigentlich überhaupt noch antue. wieso gebe ich mehrere hundert euro aus, um mehrere tage auf hartem, schmutzigem boden zu schlafen, in gruppenduschen zu duschen, auf verkotzte toiletten zu gehen, übermässig viel alkohol zu konsumieren und acts, für die ich eigentlich bezahlt habe, nicht zu sehen? wieso? ganz einfach: es macht spass. ja, das macht es wirklich. einmal im jahr ist so ein festival ein absolutes muss.

wenn der schlaf nachgeholt und der letzte schlammrest aus den haaren gewaschen ist, würde man die zeit am liebsten zurückdrehen. ich kann es dann kaum erwarten, bis das line-up für das nächste jahr wieder feststeht und ich mich erneut in eine kleine, spezielle blase die aus gleichgesinnten besteht, begeben kann.

diesen sommer bin ich übrigens vom 21.-23. august am MS dockville in hamburg. see you there! 


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