Hallo liebe Freundinnen und Freunde der Regenbogenkombüse,
wie haltet Ihr/ wie halten Sie es denn mit notwendigen Renovierungsarbeiten?
Ich tue mich damit, ehrlich gesagt, ziemlich schwer. Zwar bin ich jetzt schon seit langen Jahren mit einem “Baumenschen” verheiratet, habe ein Haus am Kaiserstuhl in viel schweißtreibenden Eigenleistungen erbaut, ein zweites in Leipzig minutiös geplant und ein drittes, gebrauchtes im Odenwald vor 16 Jahren einigermaßen in Stand gesetzt. Man kann also nicht gerade behaupten, dass mir Bauen und Renovieren schnuppe sind.
Trotzdem bin ich in der Beziehung eher kopf- als bauchgesteuert. Mein Herz schlägt für andere Dinge im Leben. Dinge, die ich wesentlich schöner, bereichernder und angenehmer empfinde als Farbe auf Wände oder Fenster zu streichen, alte Teppichböden mühsam vom Estrich zu kratzen oder Laminat beziehungweise Bodenfliesen in Reih und Glied zu verlegen.
Und dann ist da noch die Sache mit den Handwerkern. Viele Renovierungsarbeiten können wir selbst erledigen, was Geld und Nerven spart. Bei manchen, wie zum Beispiel der jetzigen Dacherneuerung, müssen wir uns (mehr oder minder) kompetente Hilfe suchen. Jemanden, der mit dazu ausgebildeten Händen zu Werke geht.
Hilfe! Ich bin nicht Handwerker-kompatibel
Wenn man einen solchen Menschen dann endlich findet, müsste eigentlich Grund zur Freude herrschen. Eigentlich. Uneigentlich bekomme ich jedesmal Bauchgrimmen. Denn ich mag es nicht, wenn wildfremde Menschen in meine Privatsphäre dringen. Mir ihre Arbeitszeiten aufdrängen, die leider meist im krassen Gegensatz zu den meinigen stehen. Welcher Handwerker möchte um 22 Uhr noch den Hammer schwingen? Als geborene Nachteule ist diese fortgeschrittene Stunde jedoch oft meine produktivste Denk- und Schaffenszeit. Morgens um halb sieben sehe ich vielleicht so aus, als ob ich halbwegs wach wäre, bin es aber definitiv nicht. Mein Gehirn ist zu dieser Stunde noch auf Tiefschlaf programmiert. Morgenstund hatte für mich noch nie Gold beziehungsweise nennenswerte Hirnleistungen im Mund.
Wie sag ich’s meinem Handwerker?
Und dann ist da noch die Sache mit der Verständigung. Das kann einerseits daran liegen, dass der Handwerker und ich nicht die gleiche Muttersprache sprechen. Momentan überlege ich, bei der VHS einen Sommercrashkurs in “Türkisch für Anfänger” zu belegen. Den Film gleichen Titels habe ich zwar noch nicht gesehen, gehe aber davon aus, dass viele Szenen auch bei uns auf der Baustelle hätten gedreht werden können.
Sollten der Handwerker und ich der gleichen Muttersprache mächtig sein, heißt das jedoch noch lange nicht, dass wir uns wirklich verstehen. Wenn ich morgens verkünde “Die Balken müssen heute noch gestrichen werden!” und “Bitte sammeln Sie doch die vielen Nägel und den Müll vor Feierabend aus unserem Garten auf!”, wird das meist als “Die Balken können bei Gelegenheit gestrichen werden” und “Wo gehobelt wird, da fallen halt Späne” (sprich Nägel und Müll) übersetzt.
Wenn ich dagegen “Der Kaffee ist fertig!” rufe, hat es bis dato noch niemals störende Verständigungschwierigkeiten gegeben. Seltsam.
Auch bei der Zeit an sich gibt es unterschiedliche Wahrnehmungsmodalitäten. Für mich bedeutet morgen am folgenden Tag. In Handwerkerkreisen ist der Begriff “morgen” jedoch äußerst dehnbar. Bekanntlich bricht ein jeder neuer Tag mit einem Morgen an. Bei 365 Tagen im Jahr ist die Feststellung “Das erledigen wir m(M)orgen” mindestens so flexibel wie das Silikon, das hier in alle Fugen gespritzt wird.
Wenn die Zeitspanne von heute bis morgen schon nicht fassbar ist, wie steht es dann mit einer mehrfachen Wiederholung von vielen m(M)orgen? Ich meine so einen Zeitraum von, sagen wir mal, vier Wochen? Innerhalb besagter vier Wochen sollte nämlich unser Dach fix und fertig neu eingedeckt und das Garagendach begrünt sein. Gestern haben wir die siebte Woche auf der Baustelle eingeläutet. Übrigens in trauter Zweisamkeit, weil unsere Handwerker seit 9 Tagen anderweitig beschäftigt sind und, wenn die Baustellengötter uns gnädig gestimmt sind, erst Mitte dieser Woche wieder die Muße finden werden, sich mit unserem Dachschaden zu beschäftigen. Weil mal gerade knapp die Hälfte der Arbeiten erledigt sind und zudem eine Häufung von Kollateralschäden beseitigt werden muss, gehe ich davon aus, dass unsere Handwerker und wir gemeinsam das Weihnachtsfest begehen werden. Ich werde morgen schon einmal fragen, ob sie lieber Truthahn oder Gans essen.
Vielleicht sollte ich mich sogar darauf einstellen, dass wir am Ostersonntag in aller Herrgottsfrühe gemeinsam durch den taunassen Garten huschen und Nägel sowie Ostereier aufsammeln?
Also, auf meine Handwerker lasse ich nichts kommen. Ich muss nur noch lernen, wie ich ihre und meine Welt kompatibel gestalte.
In der Zwischenzeit gehe ich mal wieder Kaffee kochen. Im Kaffeesatz findet sich vielleicht die Lösung, wie es hier weitergehen wird. Außergewöhnliche Umstände verlangen bekanntlich nach außergewöhnlichen Maßnahmen.
Bis bald auf dieser Baustelle.
Heike Kügler-Anger
P.S.: Die Schilderungen aller beteiligten Personen, Ereignisse und Schauplätze sind natürlich frei erfunden. Ich bin schließlich freischaffende und frei denkende Autorin.