Meine Flüchtlingsgeschichte

Von Diorella @DiorellaBlog

Hallo meine Lieben,

ich sehe gerade eine Reportage auf Spiegel TV über die Schiffskatastrofe vor Lampedusa und bin schockiert und es hat mich zum Nachdenken gebracht. Ich bin schon seit fast über 20 Jahren in Österreich und ich bin froh darüber. In Bosnien waren unsere Chance minimal und ich wäre vielleicht auch nicht am Leben. Sicherlich bin ich nicht die einzige, es gibt noch tausende schlimmere Flüchtlingsgeschichten, jedoch möchte ich euch heute meine erzählen. Es kann nicht immer nur um die schönen Sachen im Leben gehen, deshalb möchte ich auf dieses ernsthafte Thema eingehen und eure Meinung darüber hören. 

Wenn ich mir diese Flüchtlingsboote ansehe, mit den fast verhungerten Familien, Jugendlichen, Männern und Frauen, könnte ich einfach nur weinen, weil ich weiß, wie es ist in einem Boot ohne Hoffnung zu stecken. Wir Menschen sind so ein komisches Volk, wir wollen immer nur mehr und mehr. Unsere Gier ist ekelhaft, wir können einfach nicht genug haben, egal um was es geht: Geld, Macht, Land, ... und diese Gier entzweit uns, tötet hilflose Menschen und bringt das schlimmste ans Tageslicht. 


Ich will euch etwas über meine "Flüchtlingsgeschichte" erzählen: Meine Familie stammt aus Foca, eine sehr gemischten Stadt. Vor dem Krieg haben Serben, Bosnier und Mazedonier friedlich dort gelebt. Jedoch als der Krieg ausbrach wurde die nicht-serbische Bevölkerung verjagt oder umgebracht. Viele Moscheen wurde gesprengt und schwer beschädigt, einige Jahre später wurde Foca unbenannt, nämlich auf Srbinje (Ort der Serben). Meine Eltern flüchteten als einer der letzten aus ihrer Heimatstadt, sie wussten natürlich nicht wohin sie flüchten sollten. Doch unsere Tante, die Schwester von meinem Vater, war einige Jahre zuvor, zu ihrem Mann in den Kosovo gezogen. Dort lebten wir eine kurze Zeit, aber auch Kosovo wurde vom Krieg nicht verschont. Und es musste eine Lösung gefunden werden. Ich kenne viele Geschichten, jedoch ist eine schlimmer als die andere. Jedoch raubt mir eine Geschichte immer den Atem wenn ich an diese denke: meine Familie trägt einen sehr bekannten Familiennamen, sagen wir einmal in Österreich wäre es vergleichbar mit Bauer, Gruber, Schmidt etc. und mein Vater einen sehr typischen bosnischen Vornamen wie z.B. in Österreich Peter, Gerhard, Heinz,... also damals gab es einen Reisepass für die ganze Familie, auf diesen fanden sich meine Eltern, wir und meine Oma wieder. Als wir auf der Grenze zu Kroatien waren, wurde der Bus mit den Flüchtlingen angehalten und wir wurden kontrolliert. Geld, Gold und andere Wertsachen wurden uns natürlich weggenommen. Soldaten haben die Koffer aufgerissen auf der Suche nach etwas wertvollem, jedoch waren sie zu spät dran, viele hunderte von Soldaten hatten schon vorher diese Idee gehabt. Also warteten wir wie Lämmer vor dem Schlachthof auf unser Urteil. Mein Vater wurde über eine Sprechanlage aufgerufen, er solle zur einer kleinen Hütte kommen. Ihr könnt euch sicherlich vorstellen, dass meine Mutter und Oma verzweifelt waren, sie wussten was auf ihn wartet....er auch. 

So ging mein Vater zu der Hütte und dort wartete ein Soldat auf ihn, er stellte ihm Fragen über Fragen, er solle ein Verbrecher sein und für eine bestimmte Partei gearbeitet haben. Jedoch war mein Vater keins von beidem, jedoch wie willst du das einem  Soldaten mit einer geladenen Waffe klar machen? So, ich weiß zwar nicht, wie lange das gedauert hat,  jedoch war der Soldat definitiv nicht mit den Antworten meines Vaters zufrieden und meinte mit ganz lockerer Stimme: "Fang an zu beten". Mein Vater wusste, dass das nun das Ende war. Die geladene Waffe war auf meinem Vater gerichtet..als plötzlich eine Art Sekretärin aufgetaucht war und zu dem Soldaten folgendes sagte: Er ist es nicht, das Geburtsdatum stimmt nicht überein, jedoch darfst du bestimmen, ob das für dich wichtig ist. Mein Vater hatte Glück, der Soldat war "gnädig". Wir durften weiter fahren, jedoch blieb meine Oma zurück, sie hatte nämlich die Befürchtung, dass sie eine Last für uns wäre und wir durch sie nicht nach Österreich kommen könnten. Schweren Herzens fuhren wir weiter, ohne Geld, ohne meiner Oma und ohne der Gewissheit überhaupt jemals in Österreich anzukommen. Mein Bruder und ich waren Babys, mein Bruder war ca. 9 Monate alt und ich fast zwei. Meine Mutter verkaufte ihren Ehering für ein Liter Milch, um meinem Bruder durch zubringen. Nach einer fast 2 tägigen Fahrt, kamen wir in Wien an. Wir wurden am Südbahnhof raus gelassen und dort meine der Busfahrer, ihr werdet abgeholt. Zwei Tage danach holte uns ein Mann ab, bis dahin warteten 60 Flüchtlinge im Park auf einen Unbekannten. Meine Mutter war damals 24, ich bin vor ein paar Tagen 23 geworden. Ich kann mir nicht vorstellen, in diesen jungen Jahren so ein Schicksal zu erleben, meine Mutter wog 42 Kilo als sie in Wien ankam, bei einer Größe von 1m 80cm.

Österreich hat uns eine Heimat geboten, als unsere Heimat dies nicht mehr für uns machen konnte. Es hat uns vor dem Tod gerettet, die Einwohner haben Geld gespendet, Hilfe angeboten und uns Unterschlupf gegeben. Das alles wünsche ich den Flüchtlingen aus Afrika. Ich weiß, man kann nicht alle Flüchtlinge aufnehmen, jedoch wir Menschen sollten uns gegenseitig in der Not helfen. Wer weiß, vielleicht werden wir in einmal in so einer Situation stecken. Die EU sollte eine vernünftige Lösung für diese armen Menschen finden. Es kann nicht sein, dass wir einfach unsere Augen schließen und die Menschen in Stich lassen.