Meine ersten Schritte zum eigenen Drehbuch

Meine ersten Schritte zum eigenen Drehbuch
Vier Wochen, 10 Blocktage - solange dauerte mein Seminar "Medienkompetenz - Fiktionales Fernsehen". Was so viel heißt: Sehr viele Filme schauen, auf Details achten wie Figurenkonstellation oder was eine Kameraeinstellung uns sagen will - und es schließlich selbst anzuwenden. Ich habe vier sehr intensive Wochen im März verbracht und ich muss sagen, es waren zwar anstrengende, aber echt tolle vier Wochen, die mir sehr viel Spaß gemacht haben. 
Meine ersten Schritte zum eigenen Drehbuch Im ersten Teil ging es darum, sich eine, wie im Titel schon angedeutet, gewisse Kompetenz anzueignen, eine Sensibilität für den Film zu bekommen. Das heißt: Filme gucken, Filme gucken, Filme gucken. Es gab eine Zeit in den letzten zwei Jahren, da hatte ich mir mal naiv in den Kopf gesetzt ich möchte Filme machen. Da hatte ich als großes Vorbild Christopher Nolan. Er ist ein Auteur, was heißt, dass er seine eigenen Filme schreibt, produziert und für sie Regie führt. Diesen Traum habe ich schon lange verworfen, doch Erzählung im Film ist immer noch etwas, das mich immer noch sehr interessiert.
Plot Twist: Wir würden deutsche Filme schauen! Das musste ich erst einmal runterschlucken, weil für mich gleich bestimmte Assoziationen im Kopf schwirrten wie: Krimi, Tatort, Heimatfilme, Till Schweiger... dementsprechend wenig begeistert war ich von dieser Idee. Doch meine Dozentin hat es tatsächlich geschafft zu zeigen, dass es auch gute deutsche Filme gut. Sie selbst ist Jurymitglied vom Grimme Preis und hat uns Ausschnitte aus nominierten deutschen Filmen und Serien gezeigt. Darunter waren Deutschland 83, was mir sehr gut gefallen hat, und Weinberg, das mich ein wenig zu sehr an The Walking Dead oder Hannibal erinnert hat, aber für eine deutsche Serie etwas anderes war. Ich habe begonnen den deutschen Film mit anderen Augen zu sehen und darin Qualitäten zu entdecken, von denen ich nicht gedacht habe, dass sie im deutschen Fernsehen existieren. Durch die intensive Sichtung habe ich auch meinen ersten Tatort gesehen, war allerdings wenig begeistert über diese Episode, da die Erzählung sehr monoton verlaufen ist und ich schlichtweg kein Fan vom deutschen Krimi bin (jedenfalls hat sich meine Einstellung diesbezüglich nichts geändert).
Die Dozentin hat uns dann alle für dieses Jahr nominierte Filme für den Grimme Preis zugeteilt. Wir sollten sie in der zweiten Woche vorstellen. Nachdem wir ein Gefühl für Filme bekommen haben, sollten wir dann unsere 'sensibilisierte' Sichtweise selbständig anwenden. Eine Kommilitonin und ich mussten uns mit der Komödie Vorsicht vor Leuten! (WDR/Degeto) beschäftigen, ein Film mit Charly Hübner von den Machern von Stromberg. Nicht zu fassen - es gibt Komödien, die nicht von Till Schweiger oder Mathias Schweighöfer gemacht werden (ihr seht schon, ich hab tatsächlich keine Ahnung vom deutschen Film). Mir hat der Film sogar ganz gut gefallen und es hat Spaß gemacht, ihn zu analysieren. Abgeschlossen wurde der Teil mit einer Filmkritik - etwas, was ich zum ersten Mal wirklich geschrieben habe. Bei dem Film war es nur schwierig, bedeutsame Kameraperspektiven herauszusehen, oder irgendwelche charakteristische Leitmotive zu erkennen - es ist eben eine Komödie. 
Da hatten andere mehr Glück. Zu meinen Highlights gehörte Patong Girl von Susanna Salonen (ZDF), der sich mit Transgender beschäftigt - etwas, was mir im deutschen Film noch nie begegnet ist. Was mir auch sehr gefallen hat war Unterm Radar von Elmar Fisher (WDR/Degeto), ein Thriller der sich mit Terroranschlägen in Deutschland beschäftigt. Man kennt eigentlich nur amerikanische Thriller, weshalb ich diesen Film in der Hinsicht interessant fand und ich jetzt genauer hinschaue, wenn mal ein deutscher Film im Fernsehen läuft.
Meine ersten Schritte zum eigenen DrehbuchDas Drebuchschreiben war eigentlich der Grund, warum ich überhaupt dieses Seminar gewählt habe. Da ich in meiner Freizeit an einem Roman arbeite, dachte ich, ich könnte viel mitnehmen. Und es stellte sich schnell heraus: Der Weg zum eigenen Buch und zum eigenen Drehbuch ist eigentlich fast genau derselbe. Schließlich muss man für beides eigene Figuren und Plot entwickeln. Nur das Ergebnis - die letzten Schritte - unterscheiden sich, aber darauf komme ich gleich nochmal zurück.
In diesen Teil wurde mit einer Aufgabe gestartet: Wir sollten bis zur nächsten Woche 45 Zettel anfertigen. 15 Zettel zu "Personen", 15 für "Gegenstände/Tiere", 15 für "Zustände". Das hat sich als ziemlich schwierig herausgestellt. Es sollen nämlich Sachen sein, die wir im Alltag und unterwegs beobachten. Die 15 Personen zusammenzustellen war einfach, da ich auch vieles aus meiner Erinnerung heraus kramen konnte, aber der Rest... ich habe mich bemüht, so viel wie möglich aufzuschreiben was ich gesehen habe, aber am Ende habe ich Dinge einfach nur erfunden (es ist echt anstrengend, sage ich euch).
Diese Zettel sollten wir dann mit einem Partner bearbeiten. Der Partner durfte sich drei Personen für mich aussuchen und ich durfte selbst zwei auswählen, und umgekehrt. Denen sollten wir dann Gegenstände/Tiere und Zustände zuweisen. Somit haben wir dann eine grobe Skizze eines Charakters bekommen. Die Dozentin hat uns noch weiteres Werkzeug im Form eines Steckbriefs zur Hand gelegt, damit wir einen dreidimensionalen Charakter entwickeln konnten: Wie heißt er und wie alt ist er? Wovor hat er Angst? Was sind seine Sehnsüchte? Innerhalb von einer Stunde habe ich fünf Charaktere entwickelt, wie alle anderen im Raum. Ich sollte sie vorstellen und der Rest sollte entscheiden, welche drei Charaktere ich weiter ins Programm nehmen soll. Das war ein wenig schockierend für mich, denn ich habe in der kurzen Zeit wirklich alle fünf Charaktere ins Herz geschlossen. Ich bin sogar so weit gegangen und habe schon Beziehungen zwischen ihnen festgelegt. Dieser Prozess war wohl das, was man "Kill Your Darlings" nennt.
Der nächste Schritt war, die Charaktere aufeinander treffen zu lassen in einer Szene. Da konnte man sich entscheiden, ob man eine Szene schreiben möchte oder ob man einfach nur Stichpunkte macht. Ich habe mich für die Szene entschieden. Die Aufgabe war, sich für eine Hauptfigur zu entscheiden und ihre Angst in dieser Szene zu behandeln. Das war etwas ganz Interessantes, denn ich habe eigentlich gedacht, die Angst meiner Hauptfigur war "Veränderung" - es hat sich schließlich herausgestellt, dass sie Angst hatte zu einer Person zu werden, die Leute einfach verletzt und verlässt - so wie es ihre Mutter getan hat. So habe ich meine Figur besser kennengelernt und auch gewusst, wie ich die Geschichte am besten spinnen konnte. Im großen und ganzen wäre diese Story eine "Coming of Age" Story gewesen, mit einem genre-typischen Roadtrip. Eigentlich etwas was ich nicht schreiben würde, aber es war eine spannende Übung.
Im nächsten Schritt wurden uns vier Bilder gezeigt und wir sollten uns für eins entscheiden und dazu brainstormen: Was löst das Bild in dir aus zum Kernthema deiner Geschichte? Mein Thema zu dem Zeitpunkt war "Gewohnheiten überwinden" und die Dinge die herausgekommen sind, hätte ich sogar in die Geschichte einbauen können. Es ist echt spannend, was zusammenhanglose Bilder anreichern können. Desweiteren wurden uns Erzähltechniken im Film vorgestellt, wie Foreshadowing oder Eigenaffekt/Mitaffekt, die noch einmal eine Bandbreite von Möglichkeiten hergestellt haben. Kennt ihr das, wenn im Kopf einfach Ideen verschaltet werden und zu etwas Neuem werden? So ein Gefühl hatte ich in diesem Moment.
Am nächsten Tag sollten wir eine ganz neue Geschichte entwickeln. Uns wurde eine Collage von zusammenhanglosen Bildern gezeigt. In unserem Konzept sollten alle Bilder irgendwie vorkommen. Darunter waren Fotos vom Time Square, ein Schild vom Sauerland, eine Party, etc. Ich weiß nicht wie ich es geschafft habe, aber aus diesen Bildern wurde eine Science Fiction Geschichte bei mir, mit einer Protagonistin, die sich gegen ihren Arbeitgeber auflehnt, der sie erpresst - dabei habe ich nur zwei Figuren entwickeln müssen. Ich hatte einen losen Plot und zwei mögliche Enden entwickelt. Ich hatte fünf Minuten um diese Geschichte vorzustellen, nachdem wir eine Stunde Zeit hatten die Ideen aufzuschreiben. Ich habe erneut eine Szene geschrieben, dieses Mal eine Exposition und auch auf Kameraeinstellung etc. geachtet. Es hat total Spaß gemacht! Mir ist aufgefallen, dass ich ein ähnliches Thema hatte wie in der Geschichte davor: "Durchbrechen von Grenzen". Ich mochte diese Geschichte aber mehr, weil sie dem mehr ähnelte, was ich auch sonst schreibe.
Am Tag darauf wurden uns Archetypen vorgestellt: Der Held, der Mentor, der Herold, etc. Im Zusammenhang damit haben wir uns auch mit der Heldenreise beschäftigt. Für mich war das zwar nicht neu, aber es nochmal genauer erklärt zu bekommen war wie eine Erleuchtung für mich. Uns wurde beides am Beispiel von Harry Potter vorgestellt, sodass es noch einmal einfacher war sich genauer etwas darunter vorzustellen. Damit wurde mir persönlich ein sehr gutes Werkzeug in die Hand gelegt. Mit Freuden habe ich auch festgestellt, dass die Heldenreise auch in mein jetziges Buchprojekt passt (yay!). 
Im nächsten Schritt zeigte man uns das Gemälde "Die niederländischen Sprichwörter" von Bruegel. Wir sollten es uns genau angucken und uns dann für ein Sprichwort entscheiden. Zuerst hat mich das Sprichwort "Dem Mann einen blauen Mantel umhängen", was so viel bedeutet wie "Jemanden betrügen" angesprochen, aber ich hab mich schließlich für "Verkehrte Welt" ("Nichts ist wie es sein sollte") entschieden. Und damit habe ich... tadaaa... mein Heimatgenre erreicht: Fantasy. Wir sollten etwas zum Sprichwort brainstormen, da kamen solche Dinge bei mir heraus wie: Spiegelungen/Reflektionen, Ich-Findung, Spiegel - Wasser - Fenster - Schatten/Licht, etc. Da fingen auch schon die Storyideen an. Uns wurde auch wieder ein kleiner Steckbrief zur Hand gelegt, Fragen zum Ort und Zeit. Da kamen auch schon die Figuren, einzelne Plotpunkte, usw. Es war eine sehr intensive und anstrengende Stunde. Zum Schluss habe ich mich auch schon für Erzähltechniken entschieden (nachdem uns Beispiele gezeigt worden sind), und dann hatten wir den Rest des Tages Zeit, uns mithilfe der Heldenreise eine komplette Geschichte auszudenken.
In einer Gruppe sollten wir dann die Geschichte vorstellen. Am Ende wurde ausgewählt, wer dann im Plenum seine Geschichte vorstellen soll. Und... ich war dann diejenige aus meiner Gruppe, die dann vorstellen durfte. Die Dozentin war mitgerissen von meiner Idee, was total schmeichelhaft war für mich. Ich bin auch immer sehr nervös wenn ich meine Geschichten und Charaktere vorstelle, weil es doch etwas Persönliches ist und ich so gut wie nie bereit für Kritik bin. Aber die positive Resonanz hat mich umgehauen und weiter darin bestärkt, mich schlussendlich für diese Geschichte zu entscheiden. Das würde die Geschichte werden, für die ich das Drehbuch schreiben würde.
In diesen drei Tagen habe ich drei Geschichten entwickelt. Ich glaube, ich habe noch nie intensivere oder gar produktivere Tage in meinem Leben erlebt.
In der letzten Woche haben wir uns dann mit unserer ausgewählten Geschichte beschäftigt. Uns wurden weitere Werkzeuge in die Hand gelegt, damit wir unsere Charaktere besser kennenlernen (die mich wieder auf neue Ideen gebracht haben, es ist einfach unglaublich!). Wir haben uns genauer mit Exposés, Treatments und den eigentlichen Drehbüchern beschäftigt: Wie sieht so etwas eigentlich aus? Was muss man beachten? Wie wird so etwas formatiert? Ich habe gelernt, eine Synopsis zu schreiben und meine Geschichte in 3 Sätzen zusammenzufassen. Der letzte Punkt war wie man einen Dialog schreibt, was unglaublich anstrengend war, aber sehr viel Spaß gemacht hat! An diesem Punkt habe ich mit dem eigentlichen Drehbuchschreiben begonnen. Ich habe meinen Dialog auch vorlesen dürfen und ich glaube, ich war nie stolzer auf mich als in diesem Moment.
Tja... und damit hat das Seminar auch aufgehört. Ich habe so viel mitnehmen können, noch mehr als ich mir erhofft habe. Die Dozentin hat mir stetig das Gefühl gegeben, verstanden zu werden - sie hat sich für alle Geschichten interessiert, sich gedanklich reingehängt, interessante Fragen gestellt, die mich darin bestärkt haben, weiter in meinen Geschichten zu graben und noch bessere Ideen hervorzubringen. Es war einfach toll mit jemanden darüber zu reden, der auch wirklich Ahnung von so etwas hat - von etwas, was man liebt und man weiter verfolgen möchte. Ich bin auch sehr traurig darüber, dass dieses Seminar vorbei ist. Ich arbeite jetzt an meinem Exposé und die Szene, die ich abschicken muss, muss noch fertig geschrieben werden. Drehbuchschreiben ist etwas, was ich mir in Zukunft vorstellen könnte - es ist eben nochmal eine andere Erfahrung als ein Roman zu schreiben, aber mindestens genauso anstrengend. Ich bin froh, daran teilgenommen zu haben - ich habe sehr viel gelernt und mich und mein Schreiben besser kennenlernen dürfen.

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