Ich war in Indien, als am 22. März 2020 erst die Ausgangssperre verhängt wurde und kurz danach der totale Lockdown verkündet wurde. Niemand durfte das Haus verlassen.
In Goa wurden die Lebensmittel knapp und Bilder von prügelnden Polizisten wurden weltweit in den Medien gezeigt. Wie ich die Zeit verbracht habe erzähle ich hier.
Reisepläne 2020
Mitte Februar wäre es an der Zeit gewesen, meine Flug von Delhi nach Kathmandu zu buchen. Doch irgendwas hielt mich zurück. Ich wurde immer öfter gefragt, ob und wann ich kommen würde, doch ich vertröstete meine Freunde weiter. Meine Intuition sagte mir, buche nicht und fliege April zurück nach Deutschland. Ursprünglich wollte ich erst im Juni zurück. Zu dem Zeitpunkt war der COVID-19 Virus nur in China ausgebrochen. In Nepal gab zu dem Zeitpunkt keinen einzigen Fall.
Am Ende habe ich keinen Flug gebucht und rückblickend zeigt es wieder, wie elementar es ist, auf die innere Stimme zu hören.
Indien Mitte März 2020
Zwei Tage vor dem Janta Curfew fragten wir abends in den Restaurants nach, ob diese dann geschlossen sein würden. Wir konnten uns zu dem Zeitpunkt noch nicht vorstellen, dass man dabei nicht bedacht hatte, das der Großteil der Touristen keinerlei Zugang zu einer Küche oder einem Kühlschrank hatte. Wir wussten, dass die Geschäfte geschlossen sein werden, dachten aber das Essen ja eine Grundversorgung sei und daher doch das ein oder andere Restaurant geöffnet sein würde.
Am Tag vor der Ausgangssperre nahm ich mir Essen für den Folgetag aus einem Restaurant mit. Auf dem Nachhauseweg traf ich meine Zimmernachbarin, eine Pensionierte Israelin, die in England lebt. Sie fragte mich was das morgen sei. Ich sagte ihr, das es eine Ausgangssperre gibt und alles geschlossen sein wird und wedelte mit meinem Carepaket für morgen vor ihrer Nase.
Janata Curfew 22. März 2020
Ich putze das Bad, bezog das Bett frisch, wusch Wäsche und wischte durch. Während des Putzens lies ich einen Haarkur einwirken und widmete mich anschließend meiner Maniküre und Pediküre.
Ich hatte eine Papaya mit einen Spritzer Zitrone zum Frühstück und für Mittags und Abends hatte ich ein halbes Biryani (indisches Reisgericht) und eine kalte Pizza á la Olive zum Essen und als Nachtisch ein Stück Kuchen, den aber die Ameisen schon vor mir verzehrt hatten. Zum Trinken hatte ich mir noch eine 5-Liter Flasche Wasser gekauft.
Nachdem ich die Haarkur ausgewaschen und mich nach vollbrachter Arbeit geduscht hatte, ging ich zum Haare trocknen und Wäsche aufhängen aufs Dach. Das Flachdach ist eine Mischung aus Sammelstelle für Plastikflaschen zum Recycling, Wäscheleinen und den Solarpaneelen für das Warmwasser. Dazwischen ein alter Plastikstuhl, eine ramponierte Hantelbank, Müll und eine Sonnenliege ohne Auflagen.
Von Dach aus beobachtete ich das Treiben auf der Straße. Wirklich jedes Geschäft war geschlossen und es war erheblich weniger los. Ich genoss die Ruhe und lauschte dem Zwitschern der Vögel.
Aber dennoch, für eine Ausgangssperre war eigentlich eine Menge los. Inder fuhren die Straße auf Mopeds rauf und runter. Es war Zeit zu Mittagessen und die meisten fuhren nach Hause um zu Essen und anschließend ein Nickerchen zu machen. Die meistens hatten, wie ich später erfuhr, Freunde besucht.
Ich blieb trotzdem im Haus und hielt mich an die Ausgangssperre. Mit ein Grund, warum die Einheimischen mich hier respektieren.
Ich setzte mich auf die schattige Seite des Daches und hatte das erste mal seit dem ich Indien war wirklich Ruhe und das Gefühl von Urlaub, weil ich mal richtig viel Zeit für mich hatte und keine Verabredungen auf mich warteten oder der Hunger mich raus trieb. Glücklich genoss ich das süße Nichtstun.
Um 17 Uhr sammelten sich langsam kleine Gruppen von Kaschmiris auf den Straßen, die aus ihren Geschäften kamen. Es herrschte ein Versammlungsverbot für mehr als vier Personen. Für die Geschäfte war klar, dass sie mindestens bis Ende März nicht wieder aufmachen durften. Als ich mich fragte, warum die sich nicht an die Ausgangssperre hielten, dachte ich mir, was ist der Unterschied, ob die um 17 Uhr oder erst um 21 Uhr wieder zusammen hocken würden. Die arbeiten, essen und schlafen vermutlich ohnehin täglich in den gleichen Räumen. Ein Einheimischer fuhr an denen vorbei, ermahnte sie und sie zerstreuten sich in alle Richtungen.
In Indien muss man die Wassertanks, die oben auf den Dächern stehen, selbst mit Wasser befüllen. Das Juweliergeschäft unten im Haus schaltet normalerweise unsere Pumpe an, aber ich hatte mir am Vortag zeigen lassen, wie man diese bedient.
Gegen 19 Uhr ging ich runter zur Pumpe. Auf der Straße war reger Betrieb. Es herrschte große Aufregung. Der indische Präsident Modi hatte drei weitere Tage Curfew verkündet. Somit war es einem bereits heute nicht mehr gestattet, ab 21 Uhr vor die Tür zu gehen.
Meine israelische Nachbarin, die sich nicht um etwas Essbares gekümmert hatte und sich auf die indische Familie im Hause verlassen bekam netterweise von denen zu Essen. Die Familie wollte dafür aber kein Geld annehmen. Das ist halt echte indische Gastfreundschaft.
Ich riet ihr, sich bei der englischen Botschaft zu registrieren. Obwohl sie den halben Tag an ihrem iPad saß, wüsste sie nicht wie das geht. Ernsthaft? Sie war früher mal Sozialarbeiterin in England.
Wie sich herausstellte hatten ihre Freunde ihr auch schon diverse Links zur Registrierung gemailt. Sie war wohl nur zu faul es selbst zu tun. Ich diktierte ihr eine Email und nannte ihr die Angaben, die das Auswärtige Amt bei uns abgefragt hatte.
2. Tag der Ausgangssperre 23.03.2020
In unserem Gästehaus gibt es zwar keine Küchen, dafür ein einziges Zimmer, das einen Kühlschrank hatte. Mein Vermieter war in Madgaon, einer Stadt etwa 75 Minuten Autofahrt von uns entfernt. Ich bat ihn, dass wir den Kühlschrank im Zimmer nebenan in dieser Situation benutzen dürften. Nach dem Check-Out gab mir die Reinigungskraft den Schlüssel. Okay, ich hatte also Zugang zu einem dreckigen, stinkenden Kühlschrank im Nebenraum, aber nichts zu essen.
Am Vortag, als die Leute abends panisch wurden, hatte ich meinen besten Freund hier angerufen. Dieser hält in Indien stets seine schützende Hand über mich und wenn mir irgendetwas passieren sollte, wäre er der Erste, den ich anrufen würde. Ich hatte mit ihm besprochen, dass ich zum Essen raus gehen kann aber ihn vorher anrufen soll.
So rief ich ihn gegen 12.30 Uhr an und so begleitete er mich am Telefon den gesamten Weg, bis ich das Restaurant erreicht hatte. Sollte mich die Polizei anhalten, hätte ich denen das Telefon geben und er hätte mit denen gesprochen oder wäre zur Not sofort ins Auto gesprungen und mir zu Hilfe gekommen. Dazu kam es zum Glück nicht. Auf der Straße waren einige Mopeds, hier und da auch mal ein Auto unterwegs, jedoch kein Vergleich zu normalem Verkehr.
Das Restaurant, das gut mit mir befreundet war, hatte einen Seiteneingang, der von der Straße aus nicht gesehen werden konnte. Die Tische im Garten waren mit Stühlen bedeckt, so dass es nicht wirklich geöffnet aussah. Es wurden nur Stammkunden bedient. Im Gepäck hatte ich ein Vier Gewinnt* Spiel und brachte es einigen Kellnern und Küchenhelfer bei und wir vertrieben uns so die Zeit. Ich blieb bis ca. 16 Uhr und ging zurück zum Zimmer.
Als ich abends wieder den Wassertank auffüllte traf ich einen Einheimischen, der mit seinem Moped unterwegs war. Ich scherzte, ob er mir was zu Essen mitgebracht hätte. Sofort fragte er nach, ob er mir etwas zu Essen bringen kann. Ich verneinte, da ich gerade schon gegessen hatte. Er sagte mir in, dass ich ihn jederzeit anrufen oder zu seinem Haus kommen könnte und dort Essen bekäme.
Danke, mein Dorf sorgt gut für mich.
3. Tag der Ausgangssperre 24.03.2020
Auch heute wieder ging ich mit meinem besten Freund am Ohr Mittags zum Restaurant. Auf der Straße war es nun wirklich ruhig. Mein Essen kam mit kleinen Abstrichen und mein Abendessen lies ich mir wieder zum Mitnehmen einpacken. Als Nervennahrung bestellte ich obendrein einen Schoko-Bananen Pfannkuchen. Anderen Gästen wurde das Essen nur zum Mitnehmen angeboten. Da das Restaurant kaum noch Verpackung zum Mitnehmen hatte, wurden die Kunden gebeten, beim nächsten mal Behälter mitzubringen. Selbst Alufolie wurde nun knapp.
Den Rest des Tages verbrachte ich wieder auf dem Dach, da mein Zimmer zu warm war und dort kein frischer Wind hin kam.
Dann kam der nächste Hammer: Der Lockdown wurde auf 21 weitere Tage verlängert!
Mehr und mehr Menschen kamen zu unserem Gästehaus, in dem es unten einen kleinen Supermarkt gibt. Dieser war geschlossen aber fast jeder im Ort wusste, dass die Familie dort auch wohnt und es eine Hintertür über deren Küche zum Laden gibt. Innerhalb der kommenden vier Stunden kam gefühlt das halbe Dorf in unser Haus. Im Treppenhaus standen die Menschen zwei Türen von meiner Zimmertür dicht an dicht gedrängt und versuchten die letzten Lebensmittel und Dinge für den täglichen Bedarf zu erhaschen. Besonders die Nachfrage nach Reis, Weizen, Milch, Paneer (indischer Käse), Eier, Mungbohnen (für das indische Nationalgericht ), Salz, Zucker und Keksen war groß. Die Ladenbesitzer waren auf solchen Andrang nicht vorbereitet und packten im Akkord aus den 50 Kilo Säcken Getreide und Linsen ab. Die erst vor 3 Jahren in die Familie eingeheiratetet Frau schrie zwischendurch öfter panisch, dass nicht so viele gleichzeitig herunter kommen sollten.
Wenn ich vor die Tür musste roch es muffig nach verbrauchtem Sauerstoff. Ich erinnerte die in der Schlange stehenden daran, dass sie wenn sie schon keinen Abstand hielten, zumindest ihr Gesicht bedecken sollten.
Ab 23.30 Uhr kehrte im Haus Ruhe ein. Der indischen Familie stand die Erschöpfung ins Gesicht geschrieben. Bis auf Kleinigkeiten waren sie ausverkauft. Sie fragten mich, wie lange ich noch bleiben würde. Vermutlich in Hinsicht darauf, dass sie auch mich zur Not mit verpflegen würden. Ich wusste es nicht, da mein Flug durch den Lockdown jetzt gestrichen würde.
An diesem Tag registrierte ich mich für das deutsche Rückholprogramm für gestrandete Touristen. Meinen gebuchten Rückflug konnte ich nun vergessen.
4. Tag der Ausgangssperre 25.03.2020
Ich ging wie jeden Tag zum Restaurant. Ganz bewusst in der Mittagszeit um 13.30 Uhr. Denn auch die Polizei macht Pause und isst. Es war nach Ansicht von mir und meinem lokalen Beschützer der beste Zeitpunkt, um nach draußen zu gehen. Die meisten Polizisten standen nun wohl an Kreuzungen und an Ortseingängen. Auch er hatte Probleme durchgelassen zu werden.
Manche verstehen es einfach nicht. Neben der Polizei zieht man auch das Missfallen der Einheimischen auf sich. In indischen Städten wurden Touristen schon angefeindet, als Corona-Träger gesehen. Im besten Fall wird einem nur „Corona, Corona go home" hinterher gerufen.
Wer Facebook hat kann sich ja mal die Kommentare unter diesem FB-Video durchlesen.
Den Nachmittag verbrachte ich auf dem Dach. Manchmal traf ich dort auf den Ladenbesitzen, mit dem ich schon lange befreundet bin. Ich blödelte mit der 2,5 jährigen Tochter rum, die zwar kein englisch spricht, aber sich immer freut und meinen Namen ruft, wenn sie mich sieht. Da sie schon länger Verstecken vor mir spielt, war es einfach sie auf Abstand zu halten. Wenn sie zu nahe kam, rief ich „Corona" und sie lief weg. Auch sie wusste schon, das Corona etwas ist, wovon man sich fern hält.
Gegen 16 Uhr beobachtete ich vom Dach dem Milchwagen. der vor unserem Haus stoppte, wohl um den Laden zu beliefern. Von dort aus wurde Milch und Joghurt verkauft. Die Ladenbesitzer unten gehörten zu den Ersten, die sich eindeckten. Mehr und mehr Inder und einige Touristen kamen um Milch zu kaufen. Selbst meine Nachbarin, die sich ja sonst nicht vor die Tür bewegt, ging runter. Kein Abstand, kein Mundschutz. Einfach nur schnell zusehen, dass man zumindest Milch bekommt. Ich postete die Infos wo es jetzt Milch gäbe in meinem Netzwerk und fragte im Restaurant nach, ob er Milch bräuchte. Er hatte diese aber schon bestellt. Ich meide Milchprodukte, deshalb beobachtete ich das Treiben weiter vom Dach aus.
Plötzlich kamen zwei Polizisten auf Mopeds vorbei. Ich hatte Angst, was unten wohl passieren würde. Die mit Stöcken bewaffneten Polizisten sahen die große Menschenansammlung und den Milchwagen. Es wurde einmal autoritär in die Menge gerufen, so eine Art „Hey, ihr sollt doch Abstand halten-Ruf" und sie fuhren einfach weiter. Puh! Sie hatten scheinbar Verständnis für ihre Leute. Indien ist eine Milch-Nation! Der Verkauf ging fast eine halbe Stunde weiter. Jetzt näherte sich ein voll besetztes Polizeiauto. Der Milchwagen machte langsam die Wagentüren zu. Auch diese Polizisten fuhren trotz nur noch kleiner Menschenansammlung vorbei. In einem Land, wo die Kühe heilig sind, scheint davon auch noch etwas für deren Milch zu gelten. Kurz darauf düste der Milchwagen davon.
Zurück auf dem Zimmer stellte sich mir die Frage, wie ich eigentlich meinen Müll loswerden könnte. Mein Mülleimer war klein und aufgrund der ganzen Essensverpackungen voll. Der Geruch lockte Ameisen und Kakerlaken an. In der Hitze ist es eine Frage der Zeit, wann es zu stinken anfängt. Mein Vermieter war nicht da und die Reinigungskraft kam wegen dem Lockdown nicht mehr. Ich fand heraus, dass morgens der Müllmann kommt und man es den Abfall dann runter bringen muss. In Zeiten wo Plastik abgeschafft wird, ist es schwierig eine Plastiktüte zu beschaffen. Die indische Familie nebenan gab mir eine kleine Tüte.
Abends sah man im Internet und TV Polizisten, die mit langen Holzstöcken auf Leute eindroschen, die sich nicht an die Ausgangssperre hielten. Und die schlugen richtig kräftig zu. Mopeds stürzten um, währen auf den Fahrer eingedroschen wurde. Entsetzten machte sich in mir breit. Zwick mich mal bitte jemand, in bin in immer noch in einem schrägen SciFi Film gefangen!
5. Tag der Ausgangssperre 26.03.2020
Panik machte sich langsam unter Ausländern, die noch in Goa waren, in den Sozialen Medien breit. Es gab keinen Zugang zu Lebensmitteln. Während die einen sagen, das wird man doch mal für einige Tage aushalten können und gar zu Fasten vorschlugen, ging bei anderen das Trinkwasser zur Neige.
Eine englische Mutter war mit ihrem 6-Jährigen zu einem Laden gefahren um Milch und Brot zu kaufen, wo sie von der Polizei gestoppt wurde. Diese hatte die Mutter dermaßen angebrüllt, dass das Kind Angst bekam und zu weinen begann. Panisch verließ die Mutter, die schon viele Jahre in Goa ist, den Laden - ohne ihre Einkäufe.
Eine Touristin wurde von der Polizei angehalten und hat drei Schläge mit einem Stock bekommen. Sie war mit ihrem Mann auf dem Weg zur Apotheke, wo sie am Vortag ein Medikament bestellt hatten. Später postete diese ein Foto von ihren blau-violetten Blutergüssen von den Stockschlägen. Ihr Fehler war wohl, dass sie zu Zweit unterwegs waren, wo es durchaus ausreichend gewesen wäre, wenn nur einer losgefahren wäre. Im TV sah man immer, dass essentielle Geschäfte zumindest morgens bis 11 Uhr geöffnet sein durften, auf der anderen Seite setzte die Polizei eine totale Ausgangssperre mit Stöcken durch. Die linke Hand (Polizei) wusste nicht was die rechte (Politik) tat oder gesagt hatte.
Während ich all diese Beiträge las, machte sich auch in mir leise Panik breit. Ich hatte keine Option, ich musste raus gehen um an Essen zu kommen. Ich checkte vorher die Lage im Restaurant. Sie sagten mir, dass ich kommen könne. Wie jeden Tag hatte ich Glück und traf auf keine Polizei. Es war auch auf der Straße fast wie ausgestorben und die wenigen Einheimischen, de unterwegs waren, waren extrem vorsichtig. Lediglich drei junge Israelische Frauen gingen unbehelligt die Straße lang, als wäre nichts besonderes.
Auf meinem Rückweg vom Restaurant fühlte ich mich sicherer, da ich gefüllte Essensbehälter bei mir hatte. Auch für die Zimmernachbarin brachte ich etwas mit. Schoko-Pfannekuchen waren die Highlights eines solchen Tages. Da ich nicht wissen konnte, ob ich morgen noch alles zu Essen bekäme, teilte ich mir mein Abendessen oft für zwei Tage ein. Ich hatte ja auch erheblich weniger Bewegung.
Die Ladenbesitzer bei mir im Haus haben auch noch ein Restaurant und Gästehaus im nächsten Ort. Somit ist die Familie nicht nur in der Verantwortung Essen für sich und meine Nachbarin zu haben, sondern es müssen auch noch 40 Mitarbeiter versorgt werden. Viele Saisonarbeiter in Restaurants kommen aus Nordindien und Nepal. Auch diese saßen in Goa fest und durften nicht nach Hause. Der Bruder musste 12 km weit fahren um Gemüse aufzutreiben. Er zeigte mir einen Sack voll seiner knackigen Errungenschaften.
In meinem Netzwerk teilten die Leute Infos, wo derzeit was zu bekommen sei. Obwohl ich keine Grundnahrungsmittel kaufen musste, schickte ich die Infos über WhatsApp und Messenger weiter an meine gestrandeten indischen Freunde. Kellner, Küchenarbeiter. Ein Freund hat seine junge Schwangere Frau bei sich, ein anderer hat ein kleines Kind und sie sind nicht gut informiert, was lokal passiert.
Unter den Infos sind z.B. Gemüsehändler die Telefonbestellungen annehmen würden. Dieses scheint aber aufgrund der hohen Nachfrage nicht zu klappen.
Nach dem Abendessen hörte ich, dass mein Gemüseladen geöffnet sei. Ich wickelte mir meinen Schal ums Gesicht und ging hinaus. Das erste mal seit fünf Tagen. Als ich dort ankam, hing da aber nur ein Zettel, wie man über WhatsApp bestellen könnte. Er hatte wohl gleich wieder geschlossen, da die Leute keinen Abstand hielten. Ich bestellte für mich und meine Nachbarin. Obwohl man mir antwortete, hatte man es sich am nächsten Tag schon wieder anders überlegt.
Im TV berichten die nationalen Nachrichten über die Schläge der Polizei. Offiziell wurde ja gesagt, dass man Zugang zu essentiellen Dingen haben würde. Es wurde eingestanden, dass die Polizei wohl falsch gebrieft wurde und verstanden hatte, das es einen totale Ausgangssperre ohne wenn und aber gäbe. Man mag jetzt denken, dass es nun alle verstanden haben und man wieder Zugang zu Lebensmitteln, Benzin und Medikamenten haben wird.
Heute wurden drei Corona-Fälle in Goa gemeldet. Langsam fangen die Leute hier an, es ernst zu nehmen.
Nach wie vor hatte ich keine Maske, trug immer einen Schal ums Gesicht gewickelt. Je mehr man über Covid-19 und Hygiene las, desto klarer wurde mir, das ich meinen Schal ja im Restaurant ablegte und damit ja auch Gefahr bestand, dass dort Keine wären, die sich auf meinen Schal übertrugen.
Meine Freunde weltweit machen sich Sorgen, denn auch sie haben die Videos von prügelnden indischen Polizisten gesehen. Ich beschwichtige immer wieder und betone, dass es mit gut geht und an nichts fehlt. Mittlerweile bekomme ich mehr Nachrichten, als ich beantworten kann. Genau in solchen Zeiten melden sich dann auch Menschen, von denen man schon eine Ewigkeit nichts mehr gehört hat oder indische Freunde, die auch in Indien festsetzten und sich einfach nur die Zeit in einem Chat vertreiben wollen. Ich habe dafür keine Zeit.
Es melden sich über 15 Leute. Uff. Eventuell bräuchten wir einen kleinen Bus. Doch die Reisebüros haben geschlossen. Aber ein Mitarbeiter ist unter meinen Facebook Freunden und ich schreibe ihn an. Ich bekomme keine Antwort. Nachts frage ich einen gemeinsamen Bekannten über WhatsApp, ob er dessen Telefon-Nr. hat. Wir erstellten eine Liste mit gestrandeten aus unserer Region für die Botschaft. Mir fängt langsam an der Kopf zu rauchen.
6. Tag der Ausgangssperre 27.03.2020
Ich ging am morgen wieder zum Gemüsehändler. Die WhatsApp Bestellung war hinfällig. Er war jetzt geöffnet. Geöffnet in dem Sinne, das sein Geschäft geschlossen war und er über die Hintertür Obst, Gemüse und Milch verkaufte. Leute riefen ihm durch ein Gitter zu, was sie brauchen und er brachte die Dinge zur Tür und Rums, war die Tür wieder zu. Niemand hielt Abstand. Oder besser gesagt, wer versuchte Abstand zu halten, kam halt nicht dran. Ich traf eine Inderin, die ich seit ihrer Kindheit kannte. Sie stand da mit ihrem 1-Jährigen auf dem Arm, ohne jegliche Schutzmaßnahme. Ich begrüßte sie und fragte sie, warum sie keinen Schutz trägt. Sie war im Hauskleid unterwegs, das einen tieferen Ausschnitt hatte, wodurch sie ihr Gesicht nicht bedecken konnte, von ihrer Kleinen ganz zu schweigen.
Es gab nur Papaya, Ananas und Wassermelonen an Obst. Der Gemüsehändler sah mich und erkannte mich unter meinem Schal. Er gab mir eine große Papaya, die schon ein Loch hatte und wollte kein Geld von mir. Ich trug meinen Schatz nach Hause. Leider war diese noch sehr unreif und ich konnte sie nicht wirklich genießen.
Wieder holte ich mir mein Essen zum Mitnehmen.
Mein lokaler Freund fragt mich ob ich Geld bräuchte, er würde mir welches geben. Da ich meinen Vermieter seit einem Monat nicht gesehen hatte, hatte ich die Miete auf dem Zimmer und gab diese im Moment aus.
Mittlerweile hat sich der vom Reisebüro gemeldet. Auch in deren Gästehaus sind vier Deutsche, die mit wollen. Er schreibt mir, dass das Collectors Office oder die Polizei einen Bus für uns arrangieren würden. Hä? Ich verstehe weder, was das für ein Office ist, noch wieso die uns einen Bus schicken würden.
Irgendwie kam die deutsche Botschaft, die mit Indien und den goanischen Behörden in Verhandlungen war nicht weiter. Es stand wohl in den Sternen, wann wir fliegen könnten.
Ich kontaktierte den lokalen Politiker, der mich auch kannte. Er beschwichtigte und Versprach abends mit den Zuständigen zu sprechen. Ich wies ihn insbesondere darauf hin, das internationale Journalisten in unseren Facebook-Gruppen nach Leuten suchten, die negativ über die Situation in Indien berichten wollten und schickte ihm entsprechende Screenshoots. Er hatte einen Spirituosenladen und war somit auch zu, Teil vom Tourismus abhängig.
Als ich Nachmittags auf dem Dach war, konnte ich beobachten, wie ein Polizist auf seinem Moped einen Einheimischen, der mit dem Moped unterwegs war stoppte. Es gab ein kurzes Gespräch, das ich nicht verstand. Dann nahm der Polizist seinen Stock und schlug den Einheimischen mit dem Stock. Auf der anderen Seite vom Dach war die Frau vom Ladenbesitzer. Wir guckten uns schockiert an. Hast du das gesehen? Fragte ich sie entsetzt.
Dinge mit eigenen Augen zu sehen ist immer noch etwas anderes, als es im TV zu sehen. Obwohl ich auch sagen muss, dass die Schläge nicht doll waren. Er hatte nicht weit ausgeholt, der Klang war anders. Es war eine Verwarnung. Denn wenn sich das im Dorf rumspricht, werden das mehr Menschen ernst nehmen. Denn ich kann immer noch Grüppchenbildungen von Dorfbewohnern beobachten. Jeden Tag, wenn die Sonne untergeht und sich die Luft angenehm abkühlt, stehen immer dieselben Leute an kleinen Wegen, die zur Straße führen.
Seit sechs Stunden wollte ich endlich duschen, aber ich hatte keine Zeit. Dazu das drängende Gefühl, dass ich besser Packen sollte, falls die Rückholflüge ab Goa bald losgehen würden.
Als mein Handyakku leer war, gehe ich endlich Duschen.
Abends schaute ich TV. Auf SonyPix wurde Contagion gezeigt. Ein Film mit Gwyneth Paltrow und einen tödlichem Virus, gegen den es kein Heilmittel gab. In Indien weiß man, was die Leute in solchen Zeiten sehen wollen.
7. Tag der Ausgangssperre 28.03.2020
Wieder wurde ich 7.30 geweckt, weil Leute laut nach den Ladenbesitzern riefen.
Da ich abends oft nur halbe Portionen esse, knurrte mir ganz schön der Magen. Ich hatte noch 1/3 Pfannkuchen im Kühlschrank. Freude kam auf. Ich holte ihn rüber und setzte mich auf meinen Balkon. Ich öffnete die Alufolie und bevor ich rein biss kam mir der Gedanke, das ich gerade die nicht desinfizierte Tür nebenan und den Kühlschrank angefasst hatte. Besser nochmal Hände waschen.
Neeeein! schrie ich, als ich meinen Pfannkuchen weg fliegen sah. Ich hatte die diebischen Krähen vergessen, die sich schnell das unbeobachtete silberne Päckchen geschnappt hatten. Meine schnelle Rückkehr hatte diese wohl überrascht, so dass sie das Paket fallen lies. Irgendwie kamen die Krähen nicht wirklich an den Inhalt und dann kam eine Katze vorbei. Dadurch flogen alle Krähen weg, doch die Katze hat wohl nicht geschnallt, das etwas essbares im Paket war. Erst als ein Hund vorbei kam, der freudig mit dem Schwanz wedelte, machte dieser sich genüsslich über mein Leckerli her.
Überall konnte man lesen, das die Lebensmittelvorräte in Goa zur Neige gingen. LKWs mit Lebensmittel wurden an der Grenze von Karnataka festgehalten.
Ich brachte jetzt alle möglichen Behälter zum Restaurant mit. Ich hatte sogar einen passenden Becher für meinen Chai (Gewürztee). Chapatis und Pittabrot wurden in Zeitungspapier gewickelt. Ich fragte den Restaurantbesitzer, ob ich im Laden in meinem Gästehaus nachfragen soll, ob die Alufolie haben. Er bat mich auch gleich nach Maida und Atta (Mehlsorten) zu fragen. Es war dann ein hin- und her zwischen 10 kg Mehl, Öl zum kochen, einigen Hefe-Paketen und den jeweiligen Preisen, aber ich half so gut wie ich konnte.
Auf dem Rückweg, kurz vor meinem Gästehaus, fuhr ein Polizist auf dem Moped vorbei. Mit stockte kurz der Atem. Er nahm keine Notiz von mir und fuhr weiter. Glück gehabt.
Ein Freund in Gokarna erzählte mir, das sein deutscher Sohn zum medizinischen Check musste um die Heimreise antreten zu dürfen. Ich versuchte heraus zu finden, ob wir das auch müssten. Wie soll das funktionieren, wenn man Gefahr läuft draußen Prügel zu kassieren? Nach wie vor wussten wir nicht, wann wir fliegen sollten. Morgen oder nächste Tage? Ich war mit anderen Deutschen in Goa über eine WhatsApp-Gruppe verbunden. Keiner hatte Infos.
Ich fing schon mal an zu Packen, was ich nicht mehr brauchte. Den Strand hatte ich nun seit acht Tagen nicht mehr gesehen. Plötzlich machten die hunderte Fotos von Sonnenuntergängen am Strand endlich Sinn ;-)
Nach wie vor hatte ich keine vernünftige Maske. Ein Kumpel, der zwei Drogeriegeschäfte im nächsten Ort hatte postete in Netzwerken, dass er FFP-Masken hätte, aber seine Läden geschlossen blieben, da die Leute keinen Abstand halten würden. Ich fragte ihn, ob ich von ihm Masken kaufen könnte und schlug vor, den Laden unten zu fragen, ob die nicht auch welche zum Verkauf haben wollten. Glücklicherweise hatte er als Sohn eines Apothekers auch einen Passierschein und er erklärte sich bereit, mir die Masken zu bringen.
Ich fragte meine Freunde in persönlichen Nachrichten, ob sie und ihr Umfeld noch Masken bräuchten. Ich wollte nicht, dass zu viele Leute zu mir ins Haus kommen. Am Ende bestellte ich 22 Masken. Für mich, meine Nachbarin, meine italienische Freundin, die indischen Nachbarn, meinen Taxifahrer, Kellner und Restaurantbesitzer.
Zum Ende des Tages erzeugt unser Vermieter, der ja durch Abwesenheit glänze, mit der nächsten schlechten Nachricht Panik im Haus - ab 08.04. würden wir kein Internet und Kabel-TV mehr haben. Indien ist eine Cash Gesellschaft und das Büro, indem er normalerweise den Monatsbeitrag bar bezahlt ist geschlossen. Ich habe eine indische SIM Karte und wäre somit über die Runden gekommen, aber meine Nachbarin hat keine und braucht Internet, damit die englische Botschaft sie erreichen kann. Mitten in der Nacht fiel mir ein, das man den Vermieter nebenan fragen könnte. Ich fragte ihn erst mal, wie lange sein Internet noch gehen würde. Ich hatte ihn wenige Tage zuvor im Haus getroffen. An jenem Tag hatte er sein Internet über GooglePay aufgeladen.
8. Tag der Ausgangssperre 29.03.2020
Ich schickte ich meinem Vermieter klare Instruktionen, das er das Internet doch online bezahlen könne. Er jammerte rum, das er nicht wüsste wie das ginge und alles nicht sein Fehler sein. Ich gab ihn den Tipp mit dem Vermieter nebenan zu sprechen und legte auf. Ich konnte einfach nicht mehr.
Der Stress fängt an sich auf meine Gesundheit auszuwirken. Ich höre auf einem Ohr nur noch, als wäre ich unter Wasser. Ich kenne solche Warnungen von meinem Körper. Wenn ich nichts ändere kommt der Gehörsturz. Eine Freundin erinnert mich daran, dass es wichtig ist, sich zuerst um sich selbst zu kümmern.
Meine Nachbarin nervt mich zusätzlich, weil sie sich nicht ihrem Kram kümmern will. Da sie kein indisches Geld mehr hat, rate ich ihr sich doch mal darum zu kümmern. Die Familie fragen, ob sie englische Pfund wechseln können. Ein weiterer Tourist bietet ihr an, für sie zum Geldautomaten zu gehen, falls sie ihm die PIN anvertrauen möchte. In Laufe des Tages stellt sich heraus, dass die Botschaft ihr mit weiteren Nachfragen geantwortet hatten und sie diese Email zwar gelesen aber nicht beantwortet hatte. Der Engländer wird richtig sauer, da sie immer um Hilfe bittet und nie das tut, was wirklich notwendig ist. Die Nerven liegen blank.
9. Tag der Ausgangssperre 30.03.2020
Der Tag beginnt hektisch. Einige Leute in der WhatsApp-Gruppe haben Nachrichten bekommen, dass sie heute abreisen werden. Teilweise wurden die Leute nur 1 bis 2 Stunden vor Abreise informiert. Wie bitte?
Ich bekomme die 22 FFP-Masken frei Haus geliefert und kann den Großteil auf meinem Weg zum Restaurant abliefern. Indische Freunde sehen mich und reißen sich darum auch eine Maske zu bekommen. Ich hätte locker 30 Masken bestellen können.
Gleichzeitig erzeugte das Nicht-Wissen, wann sich die Botschaft meldet und wann es losgehen würde immensen Stress. Ich war froh, die meisten Masken losgeworden zu sein. Was ist, wenn ich auch in einer Stunde los muss? Ich hatte nicht damit gerechnet, dass es so kurzfristig losgehen wird. Die wissen doch vorher, dass die einen Flieger herschicken. Vielleicht bin ich als Eventmanagerin da zu organisiert und vorausschauend.
Auf meinem Rückweg zum Gästehaus sah ich diverse Touristen mit ihren Rücksäcken auf der Straße. Auch im Restaurant waren zwei mit ihrem Gepäck und packten sich noch zu Essen ein.
Bei den Rückholungen ab Delhi gab es täglich 2-Minütige Videos vom Botschafter, doch seit Tagen gab es keine Updates auf deren Website. Hatten die mich vergessen?
Zurück im Zimmer gab ich Gas, jetzt weiter zu Packen. Es bleibt auch immer Gepäck in Goa, das muss ich zusätzlich gegen die Luftfeuchtigkeit im Monsun verpacken. Ich kann nur noch die allerwichtigsten Nachrichten beantworten und Kommentare bekommen nur noch Emojis statt Antworten.
Zwischendurch macht sich mein Ohr wieder bemerkbar. Einatmen, Ausatmen. Meditieren ist jetzt wichtiger denn je. Ich beobachte die Straße. Man sieht mehr Kühe als Menschen. Nix da mit Planet der Affen. Kühe übernehmen, nicht die Affen ;-)
Abends gegen 22 Uhr die Erlösung. Ich bin auf dem Flug, der morgen abgeholt wird. Es kommt ein Bus und sammelt uns hier ein. Viele Fragen bleiben offen. Vor allem, warum werden wir morgen eingesammelt, wenn wir erst übermorgen ab Goa fliegen?
10. Tag der Ausgangssperre 31.03.2020
Ich war in heller Aufregung. Mein Gepäck, das in Goa blieb musste ja auch noch irgendwie zu meinem Kumpel kommen. Ich rief ihn an uns informierte ihn, dass ich heute abreisen würde. Alle um mich herum waren in heller Aufregung.
Mittags noch schnell zum Restaurant. Die Botschaft schrieb, das es keine Verpflegung geben wird. Ich hatte mit dem Restaurant abgesprochen, dass ich ausnahmsweise vor Ort Mittag essen könnte und meine Behälter wurden mit Abendessen gefüllt. Mein Telefon klingelte, ich bekam Nachrichten, doch mir rannte die Zeit weg. Ich konnte jetzt keinem mehr helfen und konzentrierte mich auf mich selbst. Ich brauchte auch noch Hilfe, mein Gepäck zum Bus zu bekommen, der uns abholte. Ein voll gepackter Rucksack ist eben doch schwer und klebt in tropischem Klima auf deinem Rücken. Leute hätten geholfen, wenn sie Benzin im Tank gehabt hätten.
Ein Freund fuhr im Taxi vorbei und wollte mich wissen lassen, wo der Bus denn genau sein. Im Schreiben hieß es nur Junktion. Dort wo der Bus letztlich stand, hätte ich diesen zuletzt erwartet. Zu guter Letzt hatte ich mein Gepäck unten stehen, rief noch nach der Person, die den Schlüssel für den Vermieter annehmen sollte und zum Glück hatte ich genau in dem Moment diverse lokale Freunde vor mir, die mir den Minibus heran holten und mein Gepäck hinein luden. Der Minibus brachte uns zum Bus, der an der Junktion stand. Die Fahrer betonten, dass der Bus nur für Deutsche sei. Es wurde aber nichts kontrolliert oder Namen abgehakt. In der WhatsApp Gruppe beantworteten wir noch Fragen, so gut wir konnten. Dort standen wir dann drei bis vier Stunden, luden nochmal unser Gepäck in einen größeren Bus um und ab ging es zum Sammelpunkt und zur Registrierung.
Bye bye Goa, ich hatte für die härte der Lage wirklich eine gute Zeit und es wurde sich dank meiner Inder und Nepalesen bestens um mich gekümmert. Sieben Jahre meines Lebens habe ich insgesamt in Indien verbracht. Ich bin vielerorts sehr behütet und kann mit dem Chaos gut umgehen. Für jemanden, der das erste mal in Indien war, war die Situation sicherlich beängstigend und es fehlten tiefe regionale Kontakte und Freundschaften, wie ich sie dort habe. Ich weiß, dass man auch das letzte Dhal mit mir geteilt hätte und mittlerweile hat sich die Situation etwas entspannt und Lebensmittel sind besser zugängig.
Ich bin in einem Land geboren durch das ich das Privileg habe, das meine Regierung in einem solchen Härtefall Rückholflüge schickt und mit den ausländischen Behörden in Verhandlungen geht. Was die Regierung mir dafür berechnen wird, werde ich bald erfahren. Über die Rückholaktion und warum es drei Tage gedauert hatte, bis ich endlich zu Hause angekommen war, werde ich noch in einen eigenen Artikel berichten.
Der Restaurantbesitzer, mit dem ich seit zig Jahren befreundet bin und wo ich so gut versorgt wurde, wird den Angestellten ihr Gehälter bezahlen, obwohl er diese Saison erheblichen Verlust gemacht hat. Viele Geschäftstreibende sind nicht so anständig. Zudem muss er sein Personal weiterhin verpflegen, denn er ist für sie verantwortlich. Normalerweise wären die Mitte April nach Hause gereist. Der Lockdown in Indien wurde bei Erscheinen meines Artikels bis Ende April verlängert. Es wird gemunkel, das es sogar Ende Juni werden könnte.
Im Herzen bin ich noch immer dort und mit den Menschen verbunden...