>> Aufstehen! <<
Wie ich das hasste. Ich war ein totaler Morgenmuffel und kam in der Früh fast nicht aus dem Bett. Heute war der erste Schultag nach den Sommerferien und somit begann auch mein Abschlussjahr auf der Highschool.
Meine Mum war erbarmungslos und ließ nicht davon ab, mich aufzuwecken.
>> Wie spät ist es denn? <<, fragte ich verschlafen.
>> 6:30 Uhr <<, antwortete sie.
Ich gähnte, streckte mich und schlüpfte aus der warmen Decke ins Kalte.
Schnell machte ich mich für die Schule fertig und lief zum Bus, den ich gerade noch rechtzeitig erreichte.
In ihm saß schon meine beste Freundin und Klassenkameradin Estella.
>> Guten Morgen, Süße! <<, begrüßte sie mich mit einem Strahlen im Gesicht und einer herzlichen Umarmung.
>> Was ist denn mit dir los? <<, fragte ich verwundert. Genau wie ich war Estella nicht die Sorte Mensch, die gerne früh aufstand und hatte deshalb oft schlechte Laune am Morgen – genau wie ich.
>> Er hat mich gefragt <<
>> Was? Wer? <<, fragte ich.
>> Na Caleb. Ob ich mit ihm zum Abschlussball gehen möchte. <<
>> Und was hast du gesagt? <<
>> Natürlich ja. Diese Chance lasse ich mir auf keinen Fall entgehen. Ich weiß nur noch nicht, welches Kleid ich anziehen soll
>>, seufzte Estella.
Mal wieder Stellas´ übliches Gejammer. Ich wusste genau, dass sie einen begehbaren Kleiderschrank mit Unmengen von verschiedenen Kleidern, Hosen, Tops, Accessoires, usw. besaß. Doch ich wusste auch, dass Entscheidungen fällen nicht gerade ihre Stärke war.
>> Zieh das Rote an, welches du dir letzte Woche beim Shoppen gekauft
hast. <<
>> Gute Idee. <<
Unsere Unterhaltung wurde jäh unterbrochen, als wir von einem Mädchen, etwa in unserem Alter angesprochen wurden.
Das Mädchen hatte kastanienbraune Haare und eisblaue Augen. Sie lächelte uns verlegen an und fragte ob sie sich neben mich setzen dürfe.
Eigentlich wollte ich mich ungestört mit Stella unterhalten, doch ich wollte auch nicht unhöflich wirken und antworte:
>> Ja, natürlich. <<
>> Hi!Ich heiße Noemi und bin erst vor kurzem hierhergezogen.
Heute ist mein erster Schultag an der Michigan High <<, plapperte das Mädchen munter drauf los. Alle Schüchternheit war im Nu verfolgen.
>> Schön, dich kennenzulernen. Ich heiße Moira, aber nenn mich
einfach Moi.<<.
Eigentlich nannten mich fast alle Moi - bis auf meine Lehrer. Ich hasste meine vollständigen Namen und war froh, dass ihn nur wenige benutzten.
Ich widmete mich wieder Stella:
>> Wo waren wir stehen geblieben? <<
>> Hmm. Was ich zu meinem Date anziehen soll. <<
Einige Minuten später waren wir schon an der Schule angekommen.
Gemeinsam gingen Stella und ich in unser Klassenzimmer und wurden freudig von unseren Mitschülern begrüßt.
Unsere Gespräche verstummten, als Mr. Miller ins Klassenzimmer eintrat und uns erklärte, dass er uns in diesem Jahr in Mathematik unterrichte. >> Oh Gott <<, flüsterte ich.
Es klopfte leise an der Tür. Ein Mädchen kam ins Klassenzimmer.
Es war Noemi.
Mr. Miller stellte sie der Klasse vor, erzählte, dass sie erst vor einer Woche in die Stadt gezogen sei und schickte sie an den einzigen freien Platz im Klassenzimmer in der letzten Reihe links.
Sonst verlief der Schultag ohne weitere Ereignisse.
Aufgrund des schönen Wetters beschloss ich nach der Schule, zu Fuß nach Hause zu gehen.
Zu Hause angekommen ließ ich mich erschöpft auf mein Bett fallen und nickte ein.
Im Traum erschien mir ein Mädchen – Noemi.
Sie lächelte mich freundlich an und ihre Augen funkelten.
Dann verschwand sie wieder.
Ich schrak aus meinem Schlaf auf und fragte mich, was dieser Traum zu bedeuten hatte. Noemi wirkte sehr real – fast als wäre sie wirklich da gewesen. Und was war das für ein mysteriöses Funkeln in ihren Augen?
>> Quatsch <<, dachte ich. Das war nur ein Traum.
Ich beschloss, meine Hausaufgaben zu machen und danach eine Runde um den Block zu laufen. Gesagt – getan.
Nachdem ich fertig mit den Hausaufgaben war, rief ich Estella an und fragte, ob sie auch mitlaufen wolle.
>> Na klar. Aber danach gehen wir zu Starbucks und trinken eine Latte macchiato. <<
>> ´kay <<, gab ich mich geschlagen.
Kurze Zeit später stand Stella mit ihren pinken Sportklamotten vor meiner Haustür und begrüße mich mit einer Umarmung und einem Kuss auf die Wange.
Ich erzählte ihr von meinem mysteriösen Traum, doch sie tat dies alles nur als Einbildung ab. Damit war das Thema wieder vom Tisch und wir joggten entspannt weiter.
Nach dem Joggen kehrten wir bei Starbucks ein und suchten uns, in ein Gespräch vertieft, einen freien Tisch. Gerade als ich mich hinsetze, fiel mein Blick auf einen anderen Tisch, etwa 10 Meter von uns entfernt, an dem ein Mädchen saß, das mir sehr wohl bekannt war: Es war Noemi. Sie schaute mir direkt in die Augen - wenn dies aus so einer so weiten Distanz überhaupt möglich war.
>> Ich glaube, die verfolgt mich <<, flüsterte ich Stella zu und blickte in Richtung Noemi. >> Ach Blödsinn. <<
>> Nein. Erst die Begegnung im Bus, dann in meinem Traum und jetzt auch noch hier. <<
>> Das bildest du dir nur ein. Sicher nur Zufall. <<
>> Wenn du meinst, Stella <<
Trotzdem grübelte ich weiter nach, doch ich kam zu dem Schluss, dass es sich es sich hierbei A) wirklich um Zufall handelte oder B) ich seit Neuestem an Verfolgungswahn litt. Natürlich tendierte ich zu A), denn wer gibt schon freiwillig zu, dass er an
Verfolgungswahn litt.
Ich trank einen Schluck Latte und zupfte geistesabwesend an einer Haarsträhne.
>> Moooiii! Was ist denn mit dir los? Du bist die ganze Zeit so abwesend. <<
>> Nichts. Ich bin nur müde. << Ich verdeutlichte meine Aussage mit einem herzhaften Gähnen. >> Dann sollten wir aber schleunigst nach Hause gehen, denn die kleine Moi muss in einer halben Stunde ins Bett <<, neckte mich Stella.
Wir verließen kurz darauf das Kaffee und machten und auf den Heimweg.
An meiner Haustür angekommen nahm ich Stella nochmals in den Arm und verabschiedete mich von ihr.
>> Bis morgen. <<
>> Bis morgen. <<