Mein Leben im On/Off-Modus: Arbeiten, um zu reisen – Geht? Geht!

*Gastbeitrag von Susan Rößner*

 

Ich sitze gerade an einem See in den Rocky Mountains, trinke Kaffee und schreibe diesen Post.

Bis vor einem dreiviertel Jahr noch habe ich in einem Büro gesessen. Seeblick hatte ich zwar auch, und Kaffee gab es ebenfalls. Nur mußte ich halt dort sitzen bleiben, bis die Arbeit erledigt war.

Ich habe diesen Job sehr gemocht, und trotzdem habe ich gekündigt. Bei dem vorherigen Job war es genauso. Ich reise gern. Ich reise so gern, dass ich schon zum zweiten Mal zum Chef gegangen bin und sagte: „Ich gehe noch mal weg.“

Es fällt mir jedesmal erstaunlich leicht. Wie mir die großen Entscheidungen meistens leicht fallen. Ich habe ein Problem damit, im Restaurant mein Abendbrot zu wählen. Aber ich habe kein Problem damit, mir ein Reiseziel auszusuchen und meine Sachen zu packen.

Nehmen wir unsere Träume wichtig

Vielleicht habe ich die Arbeit nicht gerade erfunden, mag sich der eine oder andere denken. Doch dem ist nicht so. Ich weiß sie nur ins richtige Verhältnis zu setzen. Ich gehe gern auf Arbeit. In meinen Jobs liefere ich Höchstleistungen ab. Ich fühle mich für meine Projekte verantwortlich. Ich mache mir Sorgen, ob sie auch nach meinem Weggang noch weiterlaufen.

Aber das soll nicht mein Leben bestimmen. Ich weiß, dass ich ersetzbar bin. Die Arbeitswelt dreht sich weiter, ohne dass ich darin vorkomme. Nehmen wir uns selber nicht so wichtig – nehmen wir unsere Träume wichtig.

Vor meiner aktuellen Reise – ich bin für ein Jahr in den USA und in Kanada unterwegs – hat jemand zu mir gesagt: „Du kannst nicht immer vor dem Leben weglaufen.“ Aber Reisen ist mein Leben. Jeder lebt anders.

Arbeit ist nicht das ganze Leben

Manche leben für die Arbeit. Ich arbeite, um zu leben. Um zu reisen. Kein Job der Welt ist es Wert, auf Reisen zu verzichten. Ich möchte mich nicht in zehn, zwanzig, dreißig Jahren umdrehen und mich fragen, wo all die Jahre hin sind. Ich möchte nicht, dass mir dann nur der Job einfällt, den ich damals hatte. Auf meinen Reisen mache ich so viele schöne Erfahrungen, sehe so viele neue Dinge und begegne so vielen interessanten Menschen. Dies gibt mir unheimlich viel Kraft für den Alltag zu Hause. Reiseerlebnisse bleiben, aber erinnerst Du Dich noch an Dein fünfzigstes Projekt?

Manchmal denke ich, beim Reisen fängt mein Leben überhaupt erst an. Aus dem Büro komme ich müde und erschöpft nach Hause. Ich habe meine ganze Energie auf Arbeit gelassen. Ich möchte nach Feierabend noch so viel tun, allein die Kraft fehlt. Wenn ich dagegen reise, kommen mir so viele Ideen, fühle ich mich lebendig. Reisen heißt Zeit haben zu denken, kreativ zu sein, zu genießen. Funktionieren kann ich wieder zu Hause.

Wie ich mir das Reisen leisten kann? Indem ich Geld anspare, zu Hause wenig ausgebe und auf einfache Art reise. Es stimmt, viele können sich eine Weltreise nicht leisten. Als einfacher Angestellter mit Kindern bleibt am Monatsende nicht viel übrig. Doch seien wir mal ehrlich: Vor allem wer studiert hat und schon eine Weile im Berufsleben steht, verdient in Deutschland eigentlich eine ganze Menge Geld. Wir hauen halt nur alles gern zum Fenster raus. Ich kenne Leute, die gehen mit zweitausend Euro nach Hause und immer ist das Geld alle. Und die haben keine Kinder. Ich kenne auch Leute mit dreitausend Euro im Monat und demselben Problem.

Verzicht? Gewinn!

Eine Weltreise zu machen oder sich eine Auszeit zu nehmen bedeutet vielleicht, auf etwas zu verzichten. Aber dadurch kann man sich auch etwas leisten. Etwas, das nicht vergeht: Erlebnisse und Erinnerungen und die schönsten Bilder im Kopf.

Verzicht ist sowieso relativ. In Deutschland lebe ich gut. Ich kann Bio-Lebensmittel kaufen, essen gehen, eine Zeitung abonnieren, habe Geld für ein, zwei, drei kurze und einen langen Urlaub im Jahr.

Aber ich hatte noch nie eine Wohnung mit mehr als anderthalb Zimmern. Meine Kleidungsstücke kosten vielleicht manchmal was, aber ich trage sie bis zu zehn Jahre lang. Mein Auto ist 13 Jahre alt. Ich trinke auch mal gern, doch zum Glück bin ich schon nach zwei Bier voll.

Wir müssen vor nichts Angst haben

Ich habe zuletzt reichlich 2000 Euro netto im Monat verdient. Um die 800 davon konnte ich eigentlich immer zurücklegen. Meine erste, zehnmonatige Reise nach Australien, Neuseeland und in die USA hat mich 11000 Euro gekostet. Wie viel gibst Du eigentlich zu Hause so aus?

Es lohnt immer, seine Standards zu überprüfen. Und Prioritäten zu setzen. Vielleicht investieren wir zu viel in Quatsch, Kurzlebigkeiten, Launen. Vielleicht haben wir ein ums andere Mal zu viel Angst vor dem Statusverlust und denken, dass wir nur mit dem schicken Auto und dem neusten Telefon jemand sind. Sind wir nicht. Ohne all das sind wir eher mehr wir selbst. Und auf Dauer möchtest Du ohnehin nicht als Konsumtier leben. Ist nicht nur teuer, sondern auch unverantwortlich. Sozial und ökologisch.

Wir müssen vor nichts Angst haben. Wir leben in einem der besten Sozialsysteme der Welt. Wenn ich zurückkomme, erhalte ich Arbeitslosengeld. Und zwar mehr, als meine Eltern je im Monat verdient haben. Sozialschmarotzer? Nö. Ich ruhe mich nicht darauf aus, sondern suche mir eine neue Arbeit. Aber ich muss keine Angst haben, zu verhungern. Und notfalls setze ich mich in einen Discounter an die Kasse. Ich muss nicht meiner Qualifikation entsprechend arbeiten. Ich brauch nur was zu essen und ein Dach über dem Kopf.

Not all those who wander are lost

Das letzte Mal habe ich ein dreiviertel Jahr nach einem neuen Job gesucht. Ich gelte als hochqualifiziert, aber die Arbeit wird mir nicht gerade hinterhergeschmissen. Diese Lücken muss man aushalten können. Aber die Reisen sind auch das wert.

Manche Personaler gucken schon komisch bei so einem Lebenslauf. Mir wurden Leute vorgezogen, die – Zitat – „ununterbrochen im Job sind“, also nicht wie ich einen Karieslebenslauf haben. So what. Ich hatte dafür zehn Monate (Bildungs-)Urlaub. Habe Berge bestiegen, glühende Vulkane gesehen und Baumkänguruhs gestreichelt.

Wenn Du jetzt den Kopf schüttelst, dann hast Du vielleicht schon was über Dich gelernt. Nicht jeder muss lange Reisen machen. Schon gar nicht, um glücklich zu sein. Manchen gefällt es da, wo sie herkommen, manche sind glücklich mit dem, was sie tun. Und das ist wunderbar. Aber ankommen kann man auch im Unterwegssein. Not all those who wander are lost.

Wenn Du also gern reisen möchtest und es lediglich an den Kröten oder an den vielen Wenn-und-Abers scheitert, dann krieg Deinen Popo hoch.

Am besten Du machst gleich mal einen Plan. Und übst dann den Satz „Ich kündige“.

 

Hast du auch ein On/Off Leben? Wäre es was für dich?

 

susanSusan Rößner ist gerne unterwegs, aktuell in Kanada. Am meisten streßt sie die Frage, wann sie eigentlich die ganzen anderen schönen Ecken noch angucken soll. Als nächstes würde sie gerne nach Japan fahren, und dann in die Südsee, und dann… hach ja. Nur soziale Medien nutzt sie nicht - sie schreibt Postkarten.

Wenn du ihr schreiben möchtest, dann kannst du das gerne an diese E-Mail-Adresse zu tun: [email protected]

 

Photo Credit: Joriel “Joz” Jimenez via Compfight cc


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