Mein Kommentar zur Doktorarbeit unseres derzeitigen Verteidigungsministers Karl Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob Philipp Franz Joseph Sylvester Freiherr von und zu Guttenberg

Zunächst einmal [um Plagiatsvorwürfen vorzubeugen ;-) ] eine Quellenangabe zu meiner o. a. Angabe der vollständigen Vornamen unseres derzeitigen (noch) Verteidigungsministers: das ist natürlich die Wikipedia.
Mein Eingangssatz klingt bezüglich der Plagiatsvorwürfe etwas schnodderig und könnte den Eindruck erwecken, dass ich die Vorwürfe gegen Karl-Theodor zu Guttenberg, wonach seine Dissertation „Verfassung und Verfassungsvertrag. Konstitutionelle Entwicklungsstufen in den USA und der EU“ - vorsichtig formuliert - nicht den wissenschaftlichen Standards entspricht (weswegen die Universität Bayreuth ihm ja auch den Doktortitel aberkannt hat) für weniger wichtig halte.
Das ist jedoch nicht der Fall; allerdings habe ich mich nicht sehr intensiv mit der Angelegenheit befasst. Indes steht für mich fest, dass Guttenberg bei seiner Arbeit nicht lediglich geschlampt, eine Mengen von Zitaten ganz bewusst - juristisch gesprochen also: vorsätzlich - nicht als solche gekennzeichnet hat.
Die abgekupferten und nicht mit einer Quellenangabe versehenen Textpassagen sind  mittlerweile auf einem (von wem auch immer) eigens dafür eingerichteten Portal, doppelsinnig als "GuttenPlag-Wiki" bezeichnet, akribisch dokumentiert.
Der Baron wird in verschiedenen Medien sogar mit seinem Standesgenossen Baron von Münchhausen verglichen und als "Lügenbaron" bezeichnet.
Große Teile der Deutschen stehen dennoch hinter Guttenberg. Obwohl Experten eindeutig eine vorsätzliche Täuschung sehen. Diese Stimmen sind z. B. in dem Spiegel Online-Artikel "Top-Juristen unterstellen Guttenberg Vorsatz" vom 26.02.11 benannt.
Auf andere Weise kommt, noch weitaus eindrucksvoller, Jürgen Kaub auf FAZ.Net in seinem Kommentar "Vgl. auch Guttenberg 2009" vom 21.02.2011 zu dem Schluss, dass der Freiherr Karl Theodor zu Guttenberg sich hier die Freiheit genommen hat, seinen Doktortitel zu mit vorsätzlicher Täuschung zu erschleichen. (Kaube hatte übrigens schon am 16.02., also unmittelbar bei Bekanntwerden des Plagiatsvorwurfs und noch bevor das ganze Ausmaß der freiherrlichen Abschreiberei bekannt war, u. d. T. "Zu Guttenbergs Doktorarbeit. Summa cum laude?" unter Bezug auf bestimmte Passagen festgestellt, dass es sich dabei (im Gegensatz zu anderen Stellen) nicht um versehentliche Fehler handeln könne:
"Hier wird man nicht Nachlässigkeit ohne Bewusstsein der Zitierpflicht an den betreffenden Stellen annehmen können. Niemand vergisst, ob die ersten Absätze eines eigenen Buches aus eigenen Sätzen bestehen oder aus Zitaten. Ein solcher Missgriff und Regelverstoß machen sprachlos."
Da erschreckt es mich doch einigermaßen, wenn ein Großteil der Deutschen Guttenbergs Verhalten offenbar als unwesentlich für seine Gesamtbewertung als Politiker einstuft. Die Umfrageergebnisse sind zwar widersprüchlich wie noch nie:
  "Bild.de-Leser revoltieren gegen Guttenberg" schreibt SPON v. 24.02.11;
Bild selbst versucht in dem Artikel: "Schummel-Debatte Umfrage-Rätsel Guttenberg“ (25.02.11) u. a. auch, die Internet-Umfrageergebnisse, die gegen Guttenberg ausgegangen sind, abzuwerten (z. B. mit dem - nicht falschen, aber natürlich in beide Richtungen möglichen - Argument, dass man mehrfach klicken könne).
Im Übrigen ist der Begriff "schummeln" eine krasse Beschönigung des Guttenbergschen Dissertationsbetruges, aber die Tendenz der Bild-Zeitung* wurde bereits in der "Post von Wagner" vom 17.02.2011 u. d. T. "Lieber Dr. zu Guttenberg" vorgegeben:
"Immer sah Guttenberg besser aus als alle anderen. Ich glaube, das war der Moment, wo die Jagd auf Guttenberg begann. Hat er als Schüler geklaut? Hat seine Frau ein uneheliches Kind? Hat er die Steuer beschissen? Aaaha, endlich die Doktorarbeit. Die Jäger haben ein Schussfeld. ... Ich habe keine Ahnung von Doktorarbeiten. Ich flog durchs Abitur und habe nie eine Universität von innen gesehen. Also, ich kann von außen sagen: Macht keinen guten Mann kaputt. Scheiß auf den Doktor."
Von einem Journalisten sind derartige Reaktionen erschreckend, aber leider (auch ohne dass die Medien - die in dieser Affaire mehrheitlich gegen Guttenberg plädieren) im Volk weit verbreitet (wovon ich selbst z. B. vor einigen Tagen in der Augsburger Allgemeinen Zeitung - bzw. der Allgäuer Zeitung - überzeugen musste).
Wir haben in gewisser Hinsicht die gleiche Konstellation zwischen Publikum und Medien wie bei Thilo Sarrazin und Axel Weber: dort waren die Medien mehr oder weniger gegen die Personen Personen, das Publikum für sie. Und ebenso ist es bei Guttenberg. In diesem Falle freilich muss ich mich, anders als in Sachen Thilo Sarrazin und Axel Weber, von großen Teilen meiner Landsleute distanzieren: Plagiatsvorwürfe sind, zumal im wissenschaftlichen Bereich, keine Petitesse. Und, wie Jürgen Kaube in seinem o. a. FAZ-Artikel vom 21.02. richtig feststellt, greift das Relativitäts-Argument nicht durch:
"Selbstverständlich gibt es Wichtigeres. Es gibt auch Wichtigeres als Steuerhinterziehung, Fahren im angetrunkenen Zustand, ... . Soll man darum nicht mehr sagen dürfen, worum es sich handelt? Hier um Täuschung großen Stils, um Unehrlichkeit also. Wer die toten Soldaten in Afghanistan oder die Bundeswehrreform aufbietet, um den Verdacht einer Täuschung mit anschließender Lüge als Petitesse darzustellen, sollte sich mit Vorwürfen, das Plagiat werde politisch instrumentalisiert, zurückhalten. Der Bundestagsabgeordnete Lauterbach (SPD) hat es richtig gesagt: Man kann das Prüfen an den Universitäten einstellen, wenn das Argument, es gebe Wichtigeres, Schule macht. Ein solches Argument ist sogar geeignet, dem Rechtsstaat in die Kniekehlen zu treten."Und dass es so viele Landsleute gibt, die eben das tun wollen, macht mir ein wenig Angst. Haben wir uns schon so sehr an Berlusconi-Eskapaden gewöhnt, dass wir nun auch unseren eigenen Politikern gravierende Verfehlungen im privaten Bereich, die zwangsläufig auf das Amt ausstrahlen, einfach so nachsehen?
Die akademische Welt jedenfalls ist entsetzt über die Verharmlosung (die auch Angela Merkel betrieben hat mit der Bemerkung, dass sie Guttenberg ja nicht als "wissenschaftlichen Assistenten" eingestellt habe) berichtet Spiegel Online u. d. T. "Spitzenforscher stellen Guttenberg an den Pranger" (26.02.11).
Unabhängig davon haben wir uns als Deutsche allerdings wieder einmal mit unserem rückständigen Wissenschaftssystem blamiert; vgl. dazu den Kommentar "Fehler im deutschen System. Wider die akademische Vetternwirtschaft" von Dirk Matten auf SPON v. 27.02.11, also von heute.Unabhängig davon, ob Guttenberg zurücktritt (bzw. zurückgetreten wird) oder nicht (ich wage mal die Prognose, dass er letztlich nicht zu halten sein wird): Hier muss sich auf jeden Fall und ganz schnell etwas ändern.
* Allerdings schrieb am gleichen Tag Ernst Elitz ebenfalls auf der Bild-Webseite unter "Verantwortung im Detail":
"Schlamperei, Stress in der Politik, ein ungeordneter Zettelkasten – was immer der Grund für fehlende Fußnoten ist – der Minister kann das nicht locker nehmen. Verantwortung beweist sich auch im Detail. Aufklären kann nur er. Ganz schnell! Erst in seiner Studierstube, dann öffentlich."  Eine Chronologie der Ereignisse bis einschl. 25.02. bietet Bild am 27.02.2011 unter "Ein Rückblick Die dramatische Woche des Karl-Theodor zu Guttenberg".
Textstand vom 27.02.2011. Auf meiner Webseitehttp://www.beltwild.de/drusenreich_eins.htm finden Sie eine Gesamtübersicht meiner Blog-Einträge (Blotts). Zu einem „Permalink“, d. h. zu einem Link nur zum jeweiligen Artikel, gelangen Sie mit einem Klick auf das Erstellungsdatum unterhalb des jeweiligen Eintrages.Soweit die Blotts Bilder enthalten, können diese durch Anklicken vergrößert werden.

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