Nach fast acht Jahren, in denen ich fast meine gesamte Lebenszeit entweder mit meinen Kindern oder Arbeit verbrachte und dabei andere Interessen und Hobbies etwas aus dem Blick verloren hatte, wollte ich nun wieder einmal etwas nur für mich tun. Versteht mich nicht falsch, ich habe meine Kinder gern zu meinem Haupthobby gemacht und mir hat auch nichts gefehlt. Aber jetzt sollte es nun wieder mal etwas eigenes sein, etwas nur für mich. Mein Jodeldiplom, um es mal mit Loriot auszudrücken (nebenbei: das Verständnis für Loriot-Zitate bei meinen englischen Mitmenschen fehlt mir schon).
Die Auswahl fiel nicht zu schwer. Vielleicht endlich mal etwas im Sportbereich? Theoretisch nicht schlecht. Praktisch wusste ich, dass ich nicht mehr als maximal zwei Wochen durchhalten würde. Schon bei dem Gedanken, mich in unangehem riechenden Umkleideräumen umziehen zu müssen und das auch noch im kalten Winter, hatte ich keine Lust mehr. Dann etwas Kreatives oder intellektuell Stimulierendes? Das Angebot an Kursen ist auf dem englischen Land begrenzt. Blieb also noch ein Chor. Singen ist gut für die körperliche und geistige Gesundheit, macht Spaß und man trifft auch mal wieder Leute, die völlig andere Sachen machen.
Die Kinder waren allerdings weniger begeistert.
Am ersten Abend hingen alle drei an meinem Bein und weinten herzerweichend. Man hätte meinen können, ich würde sie mindestens für die nächsten sechs Monate verlassen. "Mama, bitte geh - schluchz - nihicht."
"Ich kommte in zwei Stunden wieder, von denen ihr die meiste Zeit ohnehin schlaft."
"Nein Mama, du darfst nicht gehen."
Mama ging trotzdem. In der nächsten Woche hatte sich der Mittlere schon daran gewöhnt und gemerkt, dass man durchaus auch einige Vergünstigen bekommen kann, wenn nur Papa daheim ist. Es weinten nur noch Ältester und Jüngster.
Jetzt nach fast zwei Monaten mault nur noch der Älteste "Mama, ich will aber nicht, dass du gehst." und drückt sich noch einmal an mich. Wie lange noch wird es ihnen so wichtig sein, dass ihre Mama bei ihnen ist?
Lange sicher nicht mehr. Und auch mit einer Prise Wehmut freue ich mich, dass sowohl die Kinder als auch ich ein bisschen mehr Unabhängigkeit gelernt haben. Meinem Jodeldiplom steht nichts mehr im Weg. Holleri du dödel di.