Mein Herz tanzt #6

Von Doris


Ich hab mir fest vorgenommen: wenn ich groß bin heirate ich einen Rockstar. Ganz sicher keinen Prinzen. Weil laaaaaaangweilig. Aber so einen King of Rock. Eine Diva und Primadonna in Person, viel zu viel Alkohol, wenig Schlaf und möglicherweise noch so das ein oder andere Übel im Gepäck, eh klar. Wobei: ich könnte durchaus verstehen, sollte sich Caleb Followill Donnerstag ein bisschen wie der Prinz auf der Erbse gefühlt haben. Haben doch die Konzertkritiker ganze Arbeit geleistet und das Münchenkonzert der Kings of Leon nach allen Regeln der Kunst verrissen. Hm. Waste a Moment. Ein vertaner Abend? Ich war da. Eine von gar nicht mal so wenigen. Und bin immer noch geflasht. Und hab sehr viel mehr sehr geile Musik gehört als „nur“ Sex on Fire und Use somebody

Ich mag Calebs Stimme. Sehr. Ich bewundere seine kraftvolle Röhre. Die scheinbar ohne Druck von ganz tief kommt und ganz tief geht. Männlich und gefühlvoll, was er vor allem bei The Runner mit Akkustikgitarre während des Umbaus vor dem roten Vorhang hören lässt. Und Walls. Und Notion. Und und und. Was kann der Kerl musikalisch. Irgendwann hatte er Probleme mit seinen In-Ears, zieht sie einfach ab, singt ohne weiter, jeder Ton sitzt – den Ersatz gabs erst zum nächsten Stück. Selten genug im Rock’n’Roll, deshalb erwähne ichs halt.
Katja Krafts Kritik hab ich gern gelesen, die Frage: „Wie viele Kinder wohl auf seine Kappe gehen? Nicht durch physisches Zutun freilich – allein durch die musikalische Inspiration dieses genialen Songs. Denn meine Güte, ist das eine rauschige Kleider-vom-Leib-reiß-Nummer!“ hab ich durchaus schon vielfach aus unterschiedlichsten Blickwinkeln analysiert. 

Generell: das ist Musik, teilweise wahnsinng schnell, laut, irre. Da steht diese Musikerfamilie, 3 Brüder und ein Cousin, also auf der Bühne, recht unspektakulär: kommen, spielen, irre Gitarren, geilen Bass, krasse Drums – und gehen mit ihren Instrumenten ab. Ja, da ist wenig Interaktion mit dem Publikum, zwischendurch etwas Genuschel, wenige Ansagen, Überleitungen oder Konversation. Hi, we are Kings of Leon. Dass die Kritiker nach Showbands wie Aerosmith, Coldplay, Depeche Mode und Guns’n’Roses (um nur ein paar zu nennen, die in den letzten Tagen vor dem Münchner Publikum gespielt haben …) dafür kritisieren? Ich habe nichts vermisst. 

Dass die 9.000 Konzertbesucher fast kritisiert werden für zu wenig Stimmung, wohl im Vergleich zu den 60.000 am Vortag im Olympiastadion? Fragwürdig. Ja, es gab keine Zugabe, das können wir gerne diskutieren. Für mich war es stimmig, die 4 KoLs haben mich mehr als 100 Minuten mit auf ihren musikalischen Trip genommen, ich hatte von Gänsehaut über „Ich-muss-tanzen-und-mich-im-Rhythmus-bewegen“ und „Wenn-ich-groß-bin-heirate-ich-einen-Rockstar“ bis zu „So-viele-Solos-Staunen“ alle Glücksgefühle, die ich mir gar nicht so geballt erhofft hatte, erleben und auskosten dürfen. Und ich war fasziniert, wie viel Plektrons und Drumsticks und Wasserflaschen die ersten Reihen der Arena abbekommen haben. 

Musik ist und bleibt Geschmackssache, mein Herz tanzt noch etwas zum Sound der Kings of Leon … und wenn ich mal groß werden sollte heirate ich ganz bestimmt einen Rockstar. Oder 2. Oder 3. Oder so.

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