Auch wenn ich den Herbst mit seinen vielfältigen Farben, Stimmungen und Temperaturen sehr liebe – ich kanns kaum erwarten, bis es im Garten wieder blüht! Bis es soweit ist, habe ich ein kleines Trostbuch gefunden: “Mein Garten öffnet seine Rosen” ist ein Geschichten- und Gedichtband über Dichterinnen und ihre Gärten.
Gut, es sind nicht immer die eigenen Gärten – Johanna Schopenhauer entdeckt auf ihrer Reise durch Englang und Schottland den englischen Park für sich und schildert detailreich dessen Unterschiede zu deutschen Gärten und Parkanlagen: “Ein englischer Park ist von dem, was man sich in Deutschland unter diesem Namen denkt, merklich verschieden”, ist zu lesen. “Er umfaßt die das Wohnhaus oder Schloß zunächst umgebenden, eigentlich zu demselben gehörigen Ländereien und ist gewöhnlich von ziemlichem Umfange…Überall hat man nach malerischen Effekten gestrebt, und die sanften Anhöhen und Vertiefungen dieses Landes erleichtern dieses Streben…”
Weiter notiert Johanna Schopenhauer, dass es in englischen Parks keine “sich hinschlängelnden Gänge” gibt, keine Kioske oder Tempel, dafür ist immer Wasser zu finden, allerdings nicht als künstlicher Wasserfall oder Springbrunnen, nein – entweder als Fluss oder Bach, zur Not kunstvoll “mit großen Kosten herbei geführt”. Auch heute noch weiden in diesen Park-Landschaften hunderte von halbzahmen Hirschen und Rehen und verblüffen Touristen aus aller Welt. “Die englischen Gärtner sind wahre Landschaftsmaler im Großen”, lobt die Autorin. “Ja wir möchten sie fast für die einzigen eigentlichen Künstler der Nation erklären.”
Etwas weniger verwegen und pathetisch beschreibt Mary Russell Mitford ihr Verhältnis zum Garten: “Mein Garten ist der Stolz meines Herzens und das Vergnügen meiner Augen”, bringt sie ihre Gartenliebe auf den Punkt und schwärmt weiter vom großen Holunderbusch, von fröhlichen Blumenbeeten, von Kirschbäumen, Geißblatt und Hibiskus, vom fröhlichen Tanz der Schmetterlinge und vom seltenen Taubenschwänzchen, dessen Flügelbewegungen einen “so tiefen, so vollen, so einschläfernden, so melodischen Ton” erzeugen.
Für Julia Kospach ist der Garten am Anfang nicht mehr, “als ein Raum voller Ideen und Träume. Eine diffuse Sehnsucht nach Farben, Gerüchen, Blüten und Mustern. Um dieses Traumbild legt sich mit der Zeit der Rahmen des Möglichen. Am ehesten gleicht das Anlegen eines Gartens wahrscheinlich dem Schreiben eines streng formalen Gedichtes, dessetwegen man sich freiwillig Beschränkungen unterwirft”. Am Ende sei es nicht der Gärtner, der der Natur einen Garten abgetrotzt hat, sondern der Garten findet sich einen Gärtner, der an seinem Zustandekommen leidenschaftlich interessiert sei.
Bettina von Arnim, Rosemarie Doms, Ricarda Huch, Marie Luise Weissmann und Ina Seidel beschreiben in Gedicht und Novelle ihre Kindheitserinnerungen in Gärten der Großeltern oder Eltern, sehen Gärten als Orte der Geborgenheit, Lebensfreude und Phantasie, aber auch als Raum für Geheimnisvolles und Melancholisches. Überhaupt blitzt der Vanitas-Gedanke hier und da natürlich mehr oder weniger schmerzlich auf: Werden und Vergehen ist bei duftenden Blüten besonders deutlich hinzunehmen, während Bäume in der Lage sind, die eigene Endlichkeit ins Bewusstsein zu rücken. So schreibt Karoline Rudolph melancholisch “…Wer lebt, wer stirbt eins so vergessen, Als Bäumchen, du und ich?” Und Eva Strittmatter orakelt: “Mein letzter Freund wird der Rosenstrauch sein…”
Insgesamt ist das Buch aber ein üppiger Blütenreigen, ein Lied des Sommers, die klare Stille nach dem Regen, eine Liebeserklärung an Tiere, ein Frucht-Genuss und ein Loblied der Liebe. Sogar ein Kaktus hat es in den Band geschafft: seine bevorstehende Blüte ist der Grund für Sidonie Colette, dass sie eine Einladung nicht annehmen kann bzw. die Reise lieber verschiebt, um zuhause das seltene Ereginis nicht zu verpassen!
Traumhaft schöne historische Abbildungen und Illustrationen komplettieren die sinnlich-poetischen Texte rund um den Garten und trösten farbreich durch die Wintermonate…
“Mein Garten öffnet seine Rosen. Dichterinnen über ihre Gärten”, 168 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag, 19 Euro 99, Jan Thorbecke Verlag