Nach meinem Umzug im vergangenen Herbst, hab ich ja einen Garten übernommen. Ich hatte keine Ahnung, was da außer Lilien und Herbstanemonen so wächst, aber ich wusste immerhin ziemlich genau, was ich gern wachsen sehen möchte. Winterlinge zum Beispiel. Also kaufte ich ein paar Blumenzwiebeln, um wenige Wochen später festzustellen, dass in diesem meinem neuen Garten die größten Winterlinge sprießen, die ich je gesehen habe.
Jetzt konnte ich kaum erwarten, was da noch so alles in die Höhe schießt. Allerdings wars dieses Jahr lange richtig kalt und alles ging im Schneckentempo – um so mehr habe ich mich über ein neues Buch aus dem Thorbecke Verlag gefreut: „Mein Garten – Ein Traum“ hat mich in der Wartezeit mit wunderschönen Texten und Bildern motiviert und vertröstet.
Schon der Untertitel klang für mich äußerst verheißungsvoll: „Inspirationen für naturnahe Gärten“ – das war genau mein Ding! Um so erfreuter war ich zu lesen, dass ich intuitiv vieles richtig gemacht hatte, um meinem geheimnisvollen Traumgarten näher zu kommen…
Wer wünscht sich nicht einen Garten, der wie eine eigene, fast verzauberte Welt wirkt? Der einlädt zum Entdecken, zum Kreativ werden, aber auch zum Genießen und Entspannen. In dem man sich geborgen fühlt und der jeden Tag etwas Neues hervorbringt. „Solch ein Garten ist alles andere als perfekt“, schreibt Autorin Ellen Forsström folgerichtig, denn ein akkurat getrimmter Rasen gehört in solch eine magische Naturwelt sicher nicht.
Statt dessen darf sich im naturnahen Garten erstmal alles zeigen, was an Naturschätzen vorhanden ist – und wenn das Unkraut schön blüht, dann bleibt es vorerst einfach stehen. Hier und da dürfen Blümchen aus dem Beet ausbüxen, auch die Hecke wuchert eher wild-romantisch als dass sie auf den Zentimeter zurecht geschnitten wurde.
Am Rand liegt ein kleiner Laubhaufen. Schmetterlinge tanzen über Blütenteppiche, Vögel trippeln übers Moos und das Eichhörnchen huscht alte Stämme empor. Deko und Accessoires bezaubern mit Patina. Pflanzen werden möglichst selbst gezogen, Tiere und Insekten werden zu hilfreichen Mitarbeitern und selbstverständlich kommen in diesem Garten keine Gifte, dafür jede Menge sorgfältig ausgewählte, gerne lokale Materialien zum Einsatz – Tontöpfe zum Beispiel, geflochtete Körbe, Kies, Kalksteinplatten und Natursteine.
Auch wenn es sich anders anhört: auch der naturnahe Garten wird geplant! Allerdings versteht sich der Gärtner hier als Teil eines großen Ganzen, als Künstler, der der Natur auf die Sprünge hilft…
Es braucht zuerst einen Rahmen, der den Garten von der Umgebung abschirmt und zugleich einbettet. Der Haus und Garten zu einer Einheit macht. Dabei helfen Bäume, Hecken, Mauern und Wege – mit ihnen entstehen verschiedene „Räume“ und das „Dach“, sie „sind das Skelett des Gartens“, wissen die Autorinnen Ellen Forsström und Angélique Ohlin, die für ihr Buch zahlreiche Traumgärten besucht und deren gemeinsame Strukturen und Formensprachen ausfindig gemacht haben.
Imaginärer Ausgangspunkt für einen naturnahen Garten ist die Waldlichtung – ein magischer Ort innerhalb der Natur, der zu einer eigenen kleinen Welt wird. „Diese Gärten sind wie Bühnen, auf denen zeitlose Theaterstücke aufgeführt werden, die das zum Inhalt haben, was wichtig ist: Ehrfurcht und Dankbarkeit.“ Kann ein Gartenbuch schöner anfangen?
Steht das stabile Gartengerüst, darfs innerhalb der „Wände“ ruhig luftiger zugehen – Pflanzen dürfen sich ihren Platz suchen, dürfen kriechen, ranken, klettern. Naturliebende Gartenbesitzer warten ab, beobachten und prüfen. Sie kooperieren, führen keine Kriege, sondern finden die Seele eines Ortes. „Sie legen fest, wie das Bild aussehen soll, gleichzeitig sind sie offen für Verbesserungen, die der Garten selbst vorschlägt…Poesie entsteht, wenn man das Üppige gegen das streng Beschnittene ausspielt“, verraten die Autorinnen.
Im naturnahen Garten „ist nichts statisch. Die Komposition geht immer weiter, hört nie auf…dies sind keine Gärten für eine Ausstellung – hier findet das Leben statt. Ständig werden neue Ideen und Einfälle ausprobiert. Denken sie nicht in geraden Beeten, sondern in einem wogenden Meer aus Pflanzen“.
Höhenunterschiede lassen den Garten spannender wirken – tatsächlich hab ich eine hohe Stufe, dahinter eine leicht ansteigende Erhöhung. Dort wogen bereits die langen schmalen Blätter der orangefarbenen Lilien, die hier seit vielen Jahren zuhause sind und es sieht einfach großartig aus.
„Ein Garten muss ein behaglicher Ort sein, den man zu allen Jahreszeiten genießen kann, und das rund um die Uhr. Dafür braucht es einen Sinn fürs Einfache. Sonst ermüdet man leicht.“ Wie das konkret funktioniert, erklären die Gartenexpertinnen anhand von Inspirations-Skizzen, Pflanzenverzeichnissen und Farbtabellen.
So entstehen Gärten, „in dem jede Jahreszeit etwas zu bieten hat, wo es immer etwas gibt, aus das man sich freuen kann“. Und obwohl sie als natürlich bezeichnet werden, sind diese Refugien kultiviert und manchmal sogar kleine Kunstwerke – eine herrliche Inszenierung oder faszinierendes Stilleben.
Dieses Buch ist eine meiner liebsten Neuerscheinungen und eigentlich ein Muss für alle Gärtner mit Herz und Sinn fürs einfache Schöne!
Ellen Forsström | Angélique Ohlin „Mein Garten – Ein Traum. Inspirationen für naturnahe Gärten“, 144 Seiten, Hardcover, 24 Euro 99, Thorbecke Verlag
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