Mein erster Selbstmord

Von Privatkino

Titel:  Mein erster Selbstmord
Autor: Carola Wolff
Genre: Belletristik
Seiten: 224 Seiten
Verlag: Books on Demand
ISBN-10: 384820164X
ISBN-13: 978-3848201648

Erste Sätze:
Selbstmord ist eine prima Lösung.
Weil: Einmal verrückt, immer verrückt. Das ist die Scheiße. Du wirst es einfach nicht mehr los. Die Woolf hat es gewusst. Hat sich Steine in die Tasche gesteckt und sich selbst ertränkt wie eine räudige Katze. Sylvia Plath? Kopf in den Backofen, Gas aufdrehen, fertig. Van Gogh musste sich erst noch ein Ohr abschneiden und Kurt Cobain hat sich gleich das Gehirn rausgeblasen. Manisch-depressiv, alle miteinander.

Klappentext:
Maxi Winter, Kinderbuchautorin, beschließt ihre Welt anzuhalten. Mittels eines Schweizer Taschenmessers.

Grant Buchanan, Einbrecher, beschließt sie nicht sterben zu lassen.

Beide beschließen einander zu hassen.
Vorerst.

Inhalt:
Maxi Winter ist eine erfolgreiche Kinderbuchautorin, neben dem Erfolg wohnt aber auch eine manische Depression, die alles in ihrem Leben überschattet.
Grant Buchanan, Brite, leidenschaftlicher Koch, aber auch Einbrecher wider Willen.
Zwei Menschen, die auf den ersten Blick nichts gemeinsam habe und doch treffen ihre Leben aufeinander, als Maxi beschließt ihr Leben in den Stillstand zu manövrieren. Ein Schweizer Taschenmesser wird zur Tatwaffe, blöd ist nur, wenn man dann von einem Einbrecher aufgefunden wird, der beschließt, einen einfach nicht sterben zu lassen. Die beiden hassen sich, aber es ist Hass, aus dem ganz viel wachsen kann.

Meine Meinung:
Inhaltlich hat mich das Buch schon lange angesprochen, gelesen habe ich es jetzt doch erst spät, weil sich die Befürchtung einschlich, dass vermutlich Grant als strahlender Held in der Rüstung auftreten wird, Maxi aus ihrem Kerker befreit und beide dann bis an ihr Lebensende glücklich sind. Die Ernsthaftigkeit einer psychischen Erkrankung leidet. Zusammenfassen lässt sich, dass es nicht eingetreten ist, man sich manchmal an ein Buch wagen sollte, obwohl der Kopf vielleicht im ersten Moment sagt, lieber nicht.

Einen Roman über eine manische Depression habe ich noch nie gelesen, bin mir jetzt auch ehrlich gesagt nicht so sicher, ob es auf diesen Sektor viele Bücher gibt, ist es doch die „klassische“ Depression, die viel öfters thematisiert wird., umso gespannter war ich deswegen natürlich auf die Geschichte. Man hat sein Bild im Kopf, wie eine solche Erkrankung aussieht, mag zwar nicht in Schubladen denken, tut es dann aber doch viel zu oft. Die Erzählung ist authentisch, man fühlt die Zerrissenheit in Maxi. Man begleitet sie in ein sexuelles Abenteuer, nur um kurz danach mit ihr auf einem Hochhaus zu stehen und dann möchte man sie einfach nur an den Schultern packen, festhalten, damit sie nicht auseinanderbricht.

Es ist schon skurril, da findet ein Einbrecher, in der Wohnung, die er eigentlich ausräumen möchte, jemanden vor, der versucht hat sich zu töten. Im ersten Moment völlig perplex, entscheidet sich Grant dazu, erst einmal hier zu bleiben. Maxi möchte nicht in die Psychiatrie, weshalb sie mal nicht die Polizei rufen kann, so dass die zwei sich eben aneinander gewöhnen, sich arrangieren. Grant, der ja wieder verschwinden könnte, macht es sich zur Aufgabe, auf Maxi aufzupassen, sie wieder in die richtige Bahn zu lenken, was er keinesfalls aufdringlich oder übertrieben versucht. Er ist halt einfach da, stört das Bild nicht groß. Untereinander beschließen sie, dass er nur im Haus bleibt, um für Maxi den Chauffeur zu spielen, weil Tatsache ist auch, Grant ist eingebrochen, weil er Geld braucht und dieses Geld hat Maxi. Nie würde jemand zugeben, dass sie nur Seite an Seite bleiben, weil es doch eine gewisse Art der Hassliebe ist, die die beiden verbindet. Jetzt klingt es doch ein wenig nach einer Liebesgeschichte und diese gibt es natürlich auch, aber fein eingewebt, nicht übertrieben und der Held in der strahlenden Rüstung, er ist auch eher nur ein Mann, der helfen möchte.

Die Erkrankung infiltriert jede Szene, was sehr gut die Beschaffenheit einer psychischen Erkrankung darstellt: klebrig und zäh, überspannt sie das ganze Leben eines Betroffenen, setzt sich in Ritzen fest und erschwert einen normalen Alltag, macht ihn beinahe unmöglich. Bei Maxi hat man das Gefühl, sie hat sich ergeben, kämpft nicht mehr, sondern lässt sich treiben, viel zu mutlos wirkt sie in manchen Szenen, aber eben weil Grant sich einfach zu ihr setzt, da ist, wird diese beklemmende Traurigkeit doch ein wenig aufgelockert. Man ist im Buch vermutlich niemals wirklich glücklich, aber man bekommt eine Ahnung dafür, dass es die Hoffnung ist, die man niemals aufgeben darf und wenn man selbst nicht in der Lage ist sie zu sehen, es manchmal einfach einen anderen Blickwinkel braucht.

Fazit:
Eine manische Depression ist eine Achterbahnfahrt, die man beim lesen des Buches ebenfalls unternimmt. Fest angeschnallt, sitzt man im Sitz und wird zwischen den Gefühlen hin- und hergerissen, bis man irgendwann atemlos und mit einem Schwindel aus dem Wagen steigt. Das Buch lässt Abgründe bereisen, aber auch Hoffnung in der Dunkelheit keimen. Über diese Erkrankung habe ich noch nie einen Roman gelesen, so dass diese Exkursion für mich neu, aber sehr lohnenswert war.