Mein erster Marathon!

© Stefan Scherer

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Nun bin ich also tatsächlich meinen ersten Marathon gelaufen: den HAJ-Marathon in Hannover am 10.04.2016 in einer Zeit von 4:02:59.

Meine Überlegungen dazu begannen ziemlich genau vor einem Jahr, nach demHalbmarathon in Hannover; irgendwie war ich schon im Ziel davon fasziniert, auch einmal so eine goldene Medaille zu bekommen für die ganzen 42,2km. Aber schaffe ich das? Ich wusste es nicht.

Den ganzen Sommer habe ich immer wieder darüber nachgedacht – und zwischen durch bei NDR 1 Radio Niedersachsen mitgemacht, als diese Startplätze auslobten. Mit einer Berücksichtigung habe ich nicht gerechnet, aber als ich dann von denen zum Marathon eingeladen wurde, da konnte ich ja schlecht Nein sagen.

Also Training…

Meine Zeit aus dem Halbmarathon sagte, dass bei einer vernünftigen Vorbereitung eine Zeit um 4 Stunden machbar sein – allerdings für den ersten Marathon schon ein ambitioniertes Ziel. Und bis Oktober 2015 war ich nur so 100-120km im Monat gelaufen; mir war klar, dass das für die Grundlagenausdauer nicht reichen würde, und so begann ich ab November, meinen Laufumfang deutlich zu erhöhen:

© Stefan Scherer

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Und bei diesen 240km war dann auch der erste längere Lauf dabei: 25km mit Pace 7:06 und einer Herzfrequenz (HF) von 137… Puh, da war das Ziel Marathon plötzlich sehr weit weg für mich, denn mit einer HF von 137 war ich schon im Bereich einer Anstrengung, die so hoch war, dass ich ein Durchnittstempo von 05:35 nie würde erreichen können – aber dieses Tempo brauchte ich nun mal für eine Zeit um die 4 Stunden.

Aber ich hatte ja noch ein wenig Zeit, und im Dezember waren auch meine geschäftlichen Termine nicht so zahlreich, sodass ich viel für die grundlagenausdauer tun konnte: knapp 320km wurden es am Ende – und immer drei lange Läufe.

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Eine der Läufe führte immerhin schon über 30km, ein anderer über 25km – und bei beiden lag ich bei deutlich günstiger, was Pace (6:45) und HF (134 bzw. 128!) betraf; ich bekam  langsam ein bisschen mehr Selbstvertrauen und Hoffnung, mein Ziel doch zu erreichen.

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Im Januar begann dann die eigentliche Vorbereitung auf den Marathon, da bin ich etwas mehr als 260km gelaufen, allerdings sehr viel im etwas höheren Herzfrequenzbereich und dafür etwas kürzer. Die Läufe bewegten sich in der überwiegenden Anzahl zwischen 15 und 25km und ich versuchte, bei einem Puls unter 140 langsam das Tempo zu steigern. Und tatsächlich, so langsam merkte ich, wie die Ausdauer sich verbesserte, ich immer länger einen relativ niedrigen Puls halten konnte und damit meine Fettverbrennung immer optimaler ablief.

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Im Februar standen dann bei insgesamt 256km ein paar lange Läufe an – für mich richtig lange Läufe: 28km, 34km und zum Abschluss am 28.02.2015 mein erster Trainingsmarathon: 42,52km in 4:54:29 bei einer Pace von 06:55 und einer HF von 138…  vernünftiger Puls, aber eben viel zu langsam. Trotzdem, dies musste dann reichen…

© Stefan Scherer

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Tatsächlich waren es März nur 176km, dafür aber auch 10 sehr, sehr schöne Tage Skifahren mit meinem Sohn Max – ein nahezu perfekter Ausgleich und aktive Erholung. Die letzten Trainingsläufe im April waren dann nämlich richtig prima, und so war ich dann doch recht beruhigt: ich wusste, dass ich von der Ausdauer die 42km in jedem Fall schaffen konnte, und um die zeit machte ich mir erst einmal keine Gedanken… ich hatte schliesslich am Ende 146 Stunden, 1356km und knapp 120.000kcal in diese Vorbereitung investiert!

Das klingt ja Alles toll, aber… richtig, Alles hat ein Aber; denn spätestens mit einem Artikel bei Facebook, in dem sich jemand theoretisierend über die Lebensgefahr (…) beim Laufen durch Krankheiten, Viren, Bakterien und sonstige Unpässlichkeiten ausliess (und dafür natürlich facebooktypisch abgefeiert wurde),  begann auch für mich in den letzten zwei Wochen die sorgen und Nöte: denn tatsächlich hatte ich natürlich auch plötzlich Mimimi in Form von Halskratzen, Niesen und Kopfweh… die böse, böse Männergrippe, bei der es sich aber Gott sei Dank nur um den Respekt vor dem Lauf handelte.

Aber ein Gutes hatte Mimimi doch: die Woche vor dem Lauf habe ich jede Nacht 10 Stunden das Bett gehütet und war deswegen prima ausgeschlafen am Sonntag – genau so wie gut versorgt mit Allem, was der Körper so braucht, und dies ohne doofe Nudelparty und albernes “Carboloading”; es gab einfach die ganze Woche gutes Essen und viel zum Trinken, und gut war es.

So wurde es denn also Sonntag und die Nacht war um 05:30 Uhr zuende: Aufstehen und Frühstücken. Bei mir gab es drei Tassen Kaffee, zwei Vollkorntoast mit viel Marmelade, einen Schokoproteinshake (weil der lecker ist) und eine Banane. Danach war Duschen und Anziehen. Im Anschluss kamen noch die Fahrräder für meine Familie aufs Autodach und ein bisschen Muskeln lockern bei einer kleine Runde mit unserem Hündchen (welches zuhause bleiben durfte und von Opa ausgeführt wurde).

Gegen 07:30 Uhr fuhren wir dann los und erreichen rechtzeitig um 08:20 Uhr den Tramplatz zum Photo mit den anderen Startern für NDR 1. Danach schauten wir uns noch die vor uns startenden Handbiker an – und dabei überkam mich etwas, was ich bisher noch nie hatte: ein menschliches Bedürfnis aus lauter Nervosität… also los zu den zu diesem Zeitpunkt sich noch in einem akzeptablen Zustand befinden Dixies und danach zum Start.

Ich hatte ja im Vorfeld meine Wunschzeit angegeben und war deswegen gleich mal in die schlechteste Startgruppe eingeordnet worden. Dort traf ich noch meinen guten Bekannten Frank Preßler und ordnete mich dann an einer freien Stelle ein ins Feld – und zwar weit hinter den Ballons mit der Zielzeit 04:30! Puh, ganz schön weit hinten…

Kurz nach 09:00 Uhr ging es dann los, und tatsächlich erreichte ich 1 Minute nach dem offiziellen Startschuss auch die erste Kontaktmatte. Zu diesem Zeitpunkt lief schon Runtastic auf meinem Handy, sodass die ganze Welt (…) an meinem Lauf teilnehmen konnte – interessiert hat es wahrscheinlich nur meine Familie und meine lieben Freunde Anja und Thomas, aber immerhin.

Am Anfang muss sich so ein riesiges Feld ja erst einmal zurecht rütteln, und so war es hier auch… doch relativ schnell fand ich ein für mich ziemlich gemütliches Plätzchen und konnte nicht nur mein geplantes Tempo aufnehmen, sondern auch die Ballons 04:30 und 04:15 überholen – vor mir in einem akzeptablen Abstand sichtete ich den gelben Ballon mit 04:00 – Alles war prima. Rund um mich herum lief man ein gleichmässiges Tempo, und so ging es ziemlich entspannt und mit niedrigem HF bei guter Pace den Maschsee entlang.

Als ich den ersten Verpflegungspunkt erreichte, versorgte ich mich erst einmal mit zwei Bechern isotonischem Getränk – ich hatte dies mir schon vorher besorgt und in den letzten zwei Wochen reichlich ausprobiert, sodass ich wusste, dass ich magentechnisch damit keine Probleme bekommen würde. Um es in Ruhe trinken zu können, nahm ich mir die Zeit und ging während der Trinkpause – und tatsächlich rate ich jedem, es genau so zu machen! Das kostet zwar ein paar Sekunden, aber tatsächlich gewinnt man durch die angemessene Versorgung hinterher sicherlich Minuten. Apropos Sekunden, die man verliert: bei mir waren es bei allen Verpflegungspausen jeweils nur rund 30-45 Sekunden – also bei 4 Stunden nun wirklich keine grosse Sache.

Die nächsten Kilometer durch die Maschteiche waren schon aufgrund der dort noch herrschenden angenehmen Temperaturen ziemlich problemlos. Ich hatte mich ja nicht besonders dick angezogen und am Anfang schon Sorgen, ein bisschen zu frieren, aber weit gefehlt: die tags zuvor erworbenen kurzen Läufershort und das Laufshirt waren mehr als ausreichend, mir war weder kalt noch warm, das Tempo stimmte und meine HF pendelte sich bei 140 ein (mit Ausnahme eines kleinen Anstiegs, der sie ein bisschen in die Höhe trieb. Langsam gewann ich Zutrauen zu mir und kam für meine Verhältnisse richtig gut voran.

Schon am Maschsee hatte ich meine Familie auf den Fahrrädern gesehen, und auf der langen Gerade die Hildesheimer Strasse entlang begegneten sie mir wieder und feuerten mich mehrfach an. Auch hatte ich zu  diesem Zeitpunkt noch die Musse, mich mit Mitläufern zu unterhalten und das Publikum zu beobachten – wobei ich wohl Daniel Stendel, den derzeitigen Trainer von Hannover 96, gesehen haben will.

Doch die lange Gerade bis zum Aegi zieht sich ziemlich, da war ich schon froh, endlich dort zu sein und dort nicht nur meine Frau Katharina und meinen Sohn Max zu sehen, sondern auch meine Freunde Anja und Thomas. Weiter ging es über den Kröpcke rein ins GPS-Loch unter der Bahngleisen am Hauptbahnhof – und dies immer noch in einem gleichmässigen Tempo und einer gleichmässigen HF.

Durch die Eilenriede ging es dann Richtung List – und kurz vor dem Zoo im Wald musste ich dann mal kurz seitlich in die Büsche – da war wohl ein Becher Isodrink zu viel gewesen, jedenfalls musste ich dann doch kurz ein bisschen die dortige Botanik wässern. Allerdings war ich nicht der Einzige, die Bäume dort übten auf viele Läufer eine durchaus magische Anziehungskraft aus – irgendwie lustig, wie da Einer nach dem Anderen in die Grünanlagen hopste und sein Plätzchen suchte…

Kurz danach dann Halbzeit – 21,2km und eine Uhr, die mir 2:02 Uhr anzeigte – also unter Abzug meiner Minute am Start lag ich genau auf meinem Kurs, zumal ich ja eigentlich einen “negativen Split” laufen wollte, also die erste Hälfte langsamer als die zweite.

Doch wie auf Bestellung ging die HF nach oben, langsam rutschte ich von 140 in Richtung 150 und damit in den wesentlich anstrengenderen Bereich. Hinzu kamen die schnellen Halbmarathonläufer, die plötzlich wieselflink von hinten auftauchten und an mir vorbeirannten… motivierend ist etwas Anderes.

Tatsächlich gibt es drei Sachen bei diesem Marathon, die eher nicht so motivierend sind (auf eine komme ich später noch): tatsächlich gehen einem die Staffelläufer ein bisschen auf die Nerven, denn die können natürlich mit einem ganz anderen Tempo laufen, als diejenigen, die 42km durchhalten müssen. Naja, und auch die Halbmarathonis sind nicht leistungsfördernd, denn zunächst sind sie vergleichsweise viel zu schnell – und hinten heraus sind davon überdurchschnittlich viele im Wege, denn vielen fehlt noch ein wenig die richtige Renneinteilung und Grundlagenausdauer. Schlimm ist das nicht, aber man nimmt es eben wahr – und beim nächsten Mal werde ich mich darauf mental ein bisschen besser vorbereiten.

Dieses Mal war es nicht so – und leider habe ich mich von den schnellen Läufern auch noch anstecken lassen – was postwendend zu dem einzigen etwas gravierenden Problem führte: dadurch, dass ich aus dem Rhythmus kam, zwickte plötzlich die rechte Wade – also, zwicken ist vielleicht ein bisschen untertrieben, sie machte kurzfristig richtig zu. Doch irgendwie bekam ich das wieder unter Kontrolle und konnte recht unbelastet weiterlaufen – es war ja nicht die einzige Stelle, die nicht mehr vollständig schmerzfrei war.

Apropos schmerzfrei: in dem oben erwähnten Facebookeintrag hinsichtlich Krankheit pp. ging es ja auch um Medikamentenmissbrauch (also sozusagen das komplette Programm, was man für die reine Läuferlehre nicht darf). Und so hatte ich am Sonntagmorgen schon ein schlechtes Gewissen, weil ich mir Füsse und Beine mit Ibuprofen-Salbe eingeschmiert und auch noch eine Schmerztablette genommen hatte. Im Nachhinein würde ich das allerdings immer wieder machen, zumal ich ja bei meinen Spreizfüssen immer mit Taubheitsgefühlen zu kämpfen habe – und dies bei einem solchen Wettkampf nun wirklich keine 35km bauche. Also auch in diesem Zusammenhang gilt: nicht immer ist die reine Lehre die einzig wahre…

Zurück zum Lauf: insgesamt wurde der Weg durch Vahrenwald schon recht anstrengend, und dies auch zusätzlich noch deswegen, weil ich dort zum ersten Mal Wind merkte – und vor allen Dingen die Sonne und die damit einhergehende Wärme. Es wurde zäher und ich dachte schon, der Mann mit dem Hammer würde bei km30 doch auftauchen – doch es geschah nichts, km30 ging unspektakulär vorbei und auch nach dem nächsten Verpflegungspunkt ging es mir wirklich gut. Aber dann kam die Kurve in Herrenhausen, auf der man einbiegt auf die lange Gerade entlang des Welfengartens Richtung Rathaus: plötzlich wurde mir bewusst, dass ich nie wie im Halbmarathon einfach über den Königsworther Platz laufen würde, sondern tatsächlich die ganze Strecke bis zu den Herrenhäuser Gärten noch einmal zurück musste –  tatsächlich konnte ich die Läufer auf der anderen Seite schon sehen.

Und dies ist tatsächlich der dritte und bei Weitem heftigste Motivationskiller: die Strecke durch den Welfengarten: an der ersten Kurve zurück auf die Allee durch den Welfengarten blieben nicht wenige Marathonläufer erst einmal stehen, so auch ein Bekannter aus Elze, dem ich dort begegnete. Und auch bei mir kam das erste Mal so richtig die Frage auf, warum ich mir das antue – und warum ich nicht einfach an dieser Stelle aufhöre. Auch meine Frau, die mich ja dank dieser hübschen Streckenführung 3x beobachten konnte, machte sich da wohl schon Sorgen um mich, denn so wirklich fit sah ich nicht mehr aus.

Irgendwann war dann der dortige Verpflegungspunkt erreicht, und nach einem grossen Glas Cola warf ich noch Traubenzucker ein. Ein vorher geschlucktes Gel aus meinem Notvorrat wirkte nur auch, und dazu kam dort ein Stückchen schattige Strecke. Trotzdem waren diese Kilometer bis km40 wirklich die Härtesten.

Der Rest: Gashahn auf und Geschwindigkeit wie auch HF noch einmal nach oben gedrückt – wenn man erst einmal das Rathaus vor Augen hat, dann läuft es sich doch wieder wesentlich einfacher.

Ja, die grosse Uhr zeigte dann 04:04, am Ende wurden es 04:02:59. Und damit bin ich mehr als zufrieden und ausgesprochen glücklich!

Am Ziel wollte ich mich eigentlich gleich mit meiner Familie treffen, aber in dem dortigen Chaos war das nicht einfach. Da war es gut, dass ich mir eine von den Plastikplanen genommen habe, um nicht auszukühlen. Schön war auch der spezielle Bereich für Marathonis, wo mir eine nette, junge Dame meine goldene Medaille umhängte. Hunger hatte ich definitiv nicht, denn ich hatte auf der gesamten Strecke gut getrunken, aber ein Erdinger tat schon gut. Was defintiv nicht so gut tat, war, dass ich nicht ausgelaufen bin – schon nach wenigen Minuten waren die Beine nicht mehr so schön, in diesem Bereich besteht also noch Verbesserungsbedarf.

Mit meiner Familie, Anja und Thomas bin ich dann noch im angenehm stillen Waterloo-Biregatren eingekehrt, und schon auf dem Rückweg war eigentlich ausser dem Zwicken in der rechten Wade nicht mehr viel zu merken.

Und heute: die Knochen sind ein bisschen steif, und laufen würde ich heute auch nicht gerne, aber ansonsten fühle ich mich wirklich wohl und zufrieden; Marathon rennen mit einer guten Vorbereitung ist durchaus eine Sache, die ich wohl noch einmal machen würde.

Den ganzen Lauf findet man hier:

HAJ-Marathon Hannover 2016

© Stefan scherer

© Stefan Scherer

Fazit:

  • Marathon kann ich – und vielleicht auch noch schneller
  • Gute Vorbereitung ist Alles
  • Viele lange Läufe sind viel wichtiger als Tempo- und Intervalltraining
  • Vorher gut schlafen und gut essen
  • Nicht jedes Mimimi verhindert den Start
  • Ein bisschen Wasser in der reinen Lehre tut auch ganz gut
  • Realistisches Tempo vorgeben und halten
  • Verpflegungspunkte nutzen und sich gut versorgen
  • Auf Dinge, die einen demotivieren können, vorbereiten
  • Auslaufen nicht vergessen

Wir sehen uns nächste Jahr beim HAJ-Marathon in Hannover!


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