Nun sind also die erweiterten Empfehlungen, besser Verfügungen, der Bundesregierung zur schrittweisen Lockerung der Kontaktsperren und Öffnungen von Geschäften und Betreuungseinrichtungen herausgekommen.
Demnach
- Bleiben die nächsten zwei Wochen die Schulen noch geschlossen
- Ab 4. Mai gibt es eine schrittweise Öffnung, allerdings nur für Abschlussklassen (Mittlere Reife, Abiturienten, Letztes Jahr der Berufsausbildung), über die 4. Klassen der Grundschulen gibt es keine grundsätzliche Einigung
- Alles mit Schutzausrüstung (also Mundschutz als Empfehlung) und versetzten Pausenzeiten
- Kindergärten bleiben weiterhin geschlossen
Außerdem
- Öffnung von kleineren Geschäften wie Buchhandlungen, Blumen- oder Fahrradläden (exemplarisch, weil für mich wichtig
) ab nächster Woche, Friseure ab 4.5. (wieso eigentlich erst dann?) - bleiben Restaurants und Gaststätten weiter geschlossen
Es bleibt
- Die Abstandsregelung von 1,50 Meter, Bewegung draußen weiterhin nur alleine oder mit der Familie
- Großveranstaltungen sind bis 31.8. untersagt (Fussball, Konzerte, Abi-Feiern)
Damit bleibt die Bundesregierung hinter den Empfehlungen der Leopoldina vom 13.4. zurück, die eine weitere Öffnung, auch der Kindergärten empfahlen. Nach deren Ansicht sollten die Kleinen, auch in den Grundschulen, mit Mundschutz herumlaufen. Da wäre ich doch sehr skeptisch. So bleibt Frau Merkel ihrer Linie treu: Langsam, langsam, langsam, und sie verwahrt sich gegen den neoliberalen Druck, der aus der Wirtschaft kommt. Die sanfte Öffnung der Beschränkung ist nichts anderes als ein Versuchsballon, was sich dann mit den Infektionszahlen tut.
Für Eltern wird es damit nicht einfacher: Es gilt weiterhin Homeschooling und Bespaßung der Kleinen mit dem eigenen Arbeiten zuhause oder fehlender Betreuung zu koordinieren. Es bleibt auch die Sorge um das Mißverhältnis der Betreuung durch die Schulen, denn nächste Woche beginnt trotzdem wieder die Schule für alle, nur eben weiterhin via digitalem Angebot. Alleine, wenn ich mich in meiner Bekanntschaft umhöre oder den Äußerungen auf twitter oder Facebook folge: Es gibt unglaubliche Unterschiede, wie damit in den einzelnen Schulen bundesweit umgegangen wird. Es gibt alles: Von Videoschulstunden tagtäglich mit E-Mail-Kontakten und Zoom-Konferenzen der SchülerInnen mit ihren LehrerInnen. Von LehrerInnen, die sich jeden Tag etwas Neues einfallen lassen, um die Kinder zu beschäftigen, und dies auch kontrollieren. Von SportlehrerInnen, die via Sportarmbändern zu Challenges aufgerufen haben, wer mehr (Lauf-)Schritte macht, und welche Klasse nach einer Woche den Pokal gewinnt. Bis hin zu: Es passiert gar nichts. SchülerInnen bekommen einmal in der Woche eine E-Mail mit Aufgaben, die sie ausdrucken müssen, und die sie dann in den Schulbriefkasten einwerfen sollen. Oder LehrerInnen, die einmal in der Woche für zwei Stunden per Videochat erreichbar sind (wohlgemerkt für alle Klassen, die sie unterrichten).
Ganz zu schweigen von der häuslichen Situation: Wieso gehen wir alle davon aus, dass alle Kinder Zugang zu einem digitalen Gerät (wenigstens PC oder Tablet) haben? Schon mal Hausaufgaben am Handy gemacht? Nicht alle Eltern haben a) die Zeit, b) die Lust, c) den Intellekt, d) die Verantwortung, sich um die Schulaufgabenbetreuung der Kinder zu kümmern. Manche Familien sind da schlicht überfordert. Es gibt rührige Beispiele von LehrerInnen oder FamilienbetreuerInnen, die das kontrollieren, aber gibt es das überall? Die Aufarbeitung danach
Kinder sind wenig betroffen von den COVID-Infektionen, das ist mittlerweile bekannt, und ich habe es hier schon mehrfach erwähnt. Auch wenn sie die Infektion weitergeben. Nach einer Studie aus Island vermutlich aber weniger, als bisher angenommen. Das beruhigt, sollte aber nicht zu vorschnellen Schlussfolgerungen, also kompletter Öffnung der Betreuungen, führen. Island ist ein kleines Land. Ein „Testballon“ in Deutschland wäre viel schwerer überschaubar und damit riskanter. Außerdem gehen die Kleinen nicht alleine in die Kindergärten, sondern da gibt es noch Eltern, die sie hinbringen und Kontakt haben mit anderen Eltern, und da gibt es ErzieherInnen, die sie betreuen, und die eigene Familien mit Großeltern haben. Auch außerhalb der COVID-Zeit erleben wir ja, wie häufig ErzieherInnen in den Betreuungseinrichtungen erkranken. Kinder sind nun mal Virusschleudern, und die Hygienemaßnahmen lassen sich in Großgruppen schwer umsetzen. Imagine: 40 Kinder mit fünf BetreuerInnen, alle mit Mundschutz?
Alle wollen zum Urzustand zurück. Das ist doch klar. Die Osterferien waren eher ein Durchatmen, da gibt es sowieso keine Schule, die Kindergärten sind meist eingeschränkt besetzt, alle wären im Urlaub. Eigentlich. Dieses Jahr nun einmal nicht. Daher war die Hoffnung gross, dass sich nächste Woche alles wieder zur Normalität bewegt. Es war abzusehen, dass es eben nicht so wird, alles andere passte nicht zur Politik der Regierung. Es wird nur Entscheidungen im Etappentempo geben, alle vierzehn Tage, und das ist gut so. Der Virus verhält sich unvorhersehbar, kein Land der Welt scheint das Optimum des Umgangs damit gefunden zu haben, Deutschland mit seinen wenigen Sterbefällen möchte sich seinen Weg nicht verbauen. Wir kommen jetzt wieder in eine neue Phase der Krisenbewältigung, der Exit. Auch dies wird jedes Land anders durchspielen. Wir können auf andere schielen, aber müssen letztendlich für uns entscheiden, in unserer Wirtschaft (die einiges aushält), in unserem Förderalismus (der manchmal bremst, aber auch kleine Versuchsballons erlaubt, siehe Jena), in unserem Medizinsystem.
Achso, copy and paste: Es ist weiterhin keine Lieferung von Schutzausrüstung durch die Kassenärztliche Vereinigung angekommen. Ich warte geduldig.
Für nächste Woche gilt: Kauft Euch Fahrräder und Bücher.
Bleibt gesund!
(c) Bild bei publicdomainpictures.net/Piotr Siedlecki (CC0 Lizenz) – „Corona“
https://kinderdok.blog/2020/04/17/mein-corona-senf-vii/
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