Mein Corona-Senf

Von Kinderdok

Ok, dann schreibt kinderdok eben auch was zu Corona, nein, korrekt, COVID19. Ich dachte mir zunächst, a) alles ist ja schon mal geschrieben worden und b) nicht jeder muss sich dazu äußern, aber dann c) warten vielleicht doch ein paar wenige Leser darauf, dass ich etwas schreibe dazu und d) gibt es tatsächlich ein oder zwei Dinge zu sagen, die bisher noch nicht zu lesen waren.

Zum Beispiel: Ich finde, dass die Leute in meiner Umgebung, also Freunde, Bekannte, aber vor allem auch meine fMFA und die Eltern meiner Patienten recht entspannt mit dem Thema Corona-Virus-Epidemie umgehen. Das mag daran liegen, dass wir alle hier im Süden eher relaxed sind, oder dass die Familien, die ich betreue, sich eher rational und fokussiert verhalten (äh, nein… nicht immer. Sonst würde ich ja nicht bloggen ;-))) — aber ich glaube, der wahre Grund ist: Die Medien hypen das Thema zu sehr.

Draußen, außerhalb der Medienbubble, hier bei uns, on the front, sind die Leute sehr vernünftig. Natürlich rufen sie an und sind besorgt, aber sie lassen sich durch meine fMFA oder auch ich, wenn die Familien in die Praxen kommen, beraten und sind zufrieden. Jeder kennt jemanden, der gehamstert hat und Klopapier gebunkert hat, jeder kennt auch jemanden aus einem Risikogebiet, aber so richtig angekommen ist die Panik nicht. Das Kopfschütteln über andere überwiegt. Möge es mal so bleiben. Was bleibt auch übrig?

Glücklicherweise ist unser Klientel nicht so sehr betroffen: Unsere Patienten könnten sich wie alle anderen auch am COVID19 anstecken, aber der Verlauf scheint in der Altersgruppe der Säuglinge und Kinder eher mild zu sein: Eine stärkere Erkältung mit Fieber und Husten, mitunter einer Lungenentzündung, aber sogar die Dauer sei kürzer als bei der Influenza. Die Infektion erfolgt über Tröpfchen, also Niesen und Husten, oder als Schmierinfektion über Türklinken, Hygienemaßnahmen können viel bewirken. Ein aerogen übertragener Virus wäre fataler (siehe Masern). Also nochmal, bitte: COVID19 ist immer noch „nur“ ein grippaler Infekt. Noch hat er die Zahlen der Influenza-Erkrankten nicht erreicht.

Schulen und Kindergärten tun sich schwer mit den Infektionsprophylaxen, das verstehe ich. Auch bei uns wurden Schüler, nur weil sie einmal gehustet haben, nach Hause geschickt, sie sollen „mal vierzehn Tage zuhause bleiben“. Kein Witz. Ähnliches in ein paar Kindergärten. Jeder Schnupfen wird jetzt zum Corona-Fall ernannt. Leider haben die Einrichtungen ein Hausrecht und können theoretisch den Zugang verweigern. Solange die Patienten aber nur leichteste Infekte haben, können wir schlecht Kinderkrankschreibungen rausgeben. Ich weiß nicht, ob das manchen Schulleitungen so klar ist. Wir hoffen alle, dass sich die Karenztagregelungen ändern wird (siehe Bemühungen des BVKJ). Dann müssten ArbeitnehmerInnen nicht in die Praxis kommen, nur um einen Zettel abzuholen.

Was wirklich schlimm ist: Die Lieferungen von Desinfektionsmitteln oder Atemschutzmasken. Wir haben in der Praxis noch Reserven (teils von der Schweinegrippe, äh… Masken sind abgelaufen, aber… so what…), nur, wenn die Zahlen steigen werden, ist das Material schnell weg. Im nahegelegenen Krankenhaus wurden bereits die Desinfektionsflaschen aus den Spendern in den Fluren gestohlen. Leute, das ist asozial! Es zeigt die Irrationalität, mit der die Menschen bei diesem Thema alleine gelassen werden. Am Ende fehlen aber die Mittel in den medizinischen Einrichtungen. Wenn wir keinen Eigenschutz betreiben können, dann können wir auch keine Patienten mehr versorgen. Hier hätte ich mir mehr Steuerung durch Gesundheitsämter, Ministerium und den Kassenärztlichen Vereinigungen gewünscht. Vielleicht eine Lehre für das nächste Mal, denn: Auch wenn die Corona-Welle noch nicht vorbei ist, der nächste mutierte Virus kommt bestimmt.

Ich hoffe auf den warmen Frühling, dank Klimaerwärmung können wir ja zumindest darauf setzen. Glücklicherweise scheinen die Fälle der Influenza abzunehmen. Irgendwann werden die Medien nicht mehr jeden einzelnen COVID19-Fall mehr berichten können, irgendwann werden – ähnlich wie bei der echten Grippe – die Zahlen nicht mehr berichtenswert sein, weil es schlicht zu viele gibt.


Trotzdem möchte ich – dies ist ein Service-Blog – noch auf folgende Links hinweisen, die alle nötigen Informationen mitbringen, ich muss nicht alles wiederholen:

Robert-Koch-Institut – wichtigste Infoquelle zu allen Infektionen

Aktuelle Risikogebiete – noch immer wichtigstes Kriterium, ob man als Indexpatient gilt

Wichtigste Regeln zur Hygiene

Was unser Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte zum Thema sagt

Was Schwesterfraudoktor sagt – kann ich alles so unterschreiben: Es geht um Hamsterkäufe, der Ruf nach Impfungen, der Verweis auf die vielen Erkrankte und Tote der Influenza und Lungenentzündungen.

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