Wie ihr schon an der Überschrift sehen könnt, und was eigentlich nur wenige Leute wissen, heute wird mein Blog 2 Jahre alt ;-)
Und damit ihr auch etwas davon habt, wird heute gefeiert :-) und ihr habt sogar noch die Chance auf einen kleinen Gewinn! Was ihr dafür tun müsst?
Ganz einfach ... ihr schreibt mir eure Meinungen zu einer oder beiden Leseproben und die beste erhält als Gewinn von mir das eBook meines derzeitigen Fantasy-Mystery-Thriller "Sträflingskarneval"
Beendigung des Gewinnspiels ist am 04. August 2012
Als erstes habe ich hier einen Link zu youtube von meinem derzeitigem Lieblingslieds, welches ich rauf und runter höre und ich es immer noch hören kann *lach*
Linkin Park - Castle of Glass
Und dann gibt es noch zwei Ausschnitte zum Lesen für euch ...
Zweite Leseprobe aus meinem Fantasy-Roman "Ynsanter - Pfade des Feuers"
Überraschungen und andere Verwirrungen
Ein einsamer Raukarii marschierte hungrig und durstig durch eine karge und heiße Landschaft, hunderte Kilometer nordöstlich der Hauptstadt Zyrakar. Die Sonne schien erbarmungslos auf ihn herab. Die Luft war erfüllt von Staub, der ihn immer wieder zum Husten brachte. Er suchte verzweifelt einen geschützten Ort, um dort die Nacht verbringen zu können, um sich wenigstens für einige Stunden von den Strapazen seiner langen Reise zu erholen. Erst gestern hatte er den Schutz des Waldes von Arufed verlassen und dies nur, weil er ein bestimmtes Ziel vor Augen hatte. Gerüchten zufolge sollte in dieser Einöde ein mächtiger Schatz versteckt sein, der seinen Finder zum reichsten Mann von ganz Leven’rauka machen würde. Das war ganz genau nach seinem Geschmack, er wollte reich sein und sich irgendwo an einem ruhigen Flecken Leven’raukas zur Ruhe setzen, weit fort von den verräterischen Raukarii in Caress. Doch Nezzir Rawon hatte ein Problem. Sein Proviant war zur Neige gegangen. Er besaß nur noch einige kümmerliche Streifen Trockenfleisch und sein Wasserschlauch war nicht einmal mehr zur Hälfte gefüllt. Nezzir hätte zurückgehen können, um sich in den kleinen Siedlungen rund um den Fanestsee mit Nahrung und Wasser einzudecken, aber das hieß, er müsste einen Umweg in Kauf nehmen. Trotz allem war seine Gier stärker und er lief stur auf die drei gewaltigen erloschenen Vulkane zu, die am Horizont immer größer wurden. An jenem Ort hoffte er den angeblich Schatz finden. Immer wieder schweifte sein Blick über die ausgedorrte Gegend, doch außer staubigem Boden und schwarzen Vulkanfelsen, die wie drohende Messerspitzen in den Himmel ragten, war er alleine. Von einem Unterschlupf war weit und breit nichts zu sehen. Lediglich die flirrende Luftspiegelung einer Fata Morgana spielte ihm Streiche und gaukelte ihm ständig einen riesigen See vor. „Es muss doch hier eine Höhle geben!“, sagte Nezzir laut und leckte sich über die trockenen Lippen. „Verdammt, denk nach!“ Er dachte nach, aber es kam nichts Vernünftiges dabei heraus. Stattdessen sah er sich bereits als halb verdorrte Leiche am Boden liegen, die Aasgeier fielen über seinen Kadaver her und keinen Raukarii würde es interessieren, dass der ehemals reiche Sklavenhändler hier seinen letzten Atemzug ausgehaucht hatte. Ein schrecklicher Gedanke, den er sofort verdrängte. Er versuchte an die junge Raukarii zu denken und er fragte sich, wie es ihr wohl inzwischen erging. Ob sie noch unter diesem hässlichen Fluch stand? Sicherlich, aber damit musste sie alleine fertig werden. Innerlich regte sich dennoch ein Funke in ihm, der mit ihr mitfühlte. Eine Eigenschaft, die ihm nach wie vor fremd war. In erster Linie musste er an sich selbst denken. Dabei half ihm seine derzeitige Lage nicht unbedingt weiter. Die Sonne brannte grausam auf ihn hernieder und der Schweiß rann ihm von der Stirn. Seine abgetragene Robe hatte er schon vor längerem im Rucksack verstaut, den er auf dem Rücken trug, und sogar seine schwarze Lederrüstung lastete unglaublich schwer auf seiner verschwitzten Haut. Er benötigte dringend eine Pause und einen schattigen Platz. Immerhin war er kein junger Hüpfer mehr und das spürte er recht deutlich an seinem schmerzenden Rücken. Die Füße brannten in den abgenutzten Stiefeln und sein Durst quälte ihn. Nezzir sehnte sich nach einem Bad in frischem Quellwasser, einem Mahl aus gebratenem Ochsenfleisch mit frischem Brot, süßen Früchten und einem kühlen Schluck des guten Kristallweins. Doch davon konnte er zurzeit nur träumen. Selbst wenn es hier ein Gasthaus gegeben hätte, er hätte sich solch eine segensreiche Speise niemals leisten können. Somit musste er sich wohl oder übel mit seinen spärlichen Essensresten und dem warmen Wasser begnügen. Beides wollte er nicht unnötig verschwenden, also lief er weiter. Nach weiteren Kilometern und unzähligen Stoßseufzern blieb er abrupt stehen. Mit den Händen schirmte er seine Augen vor dem grellen Sonnenlicht ab und blinzelte zu einem Geröllhang hinüber. Nicht weit entfernt erkannte er eindeutig einen Höhleneingang. Eine Höhle versprach Schatten und Schutz und so verschwendete er auch keine Gedanken an mögliche Gefahren. Schnell rannte Nezzir seiner Rettung entgegen und wirbelte hinter sich eine große Staubwolke auf. Schnaufend und hustend stand er vor dem Eingang und presste mit schmerzverzerrtem Gesicht seine Hände in die Seiten. Für das nächsten Mal entschied er nicht mehr zu rennen. Als er sich endlich einigermaßen erholt hatte und wieder Luft bekam, kramte er aufgeregt in seinem Rucksack nach einer Fackel, Flint und Feuerstein. Schon bald brannte die Fackel und er schulterte sein Gepäck wieder auf dem Rücken. Schließlich wanderte er mit einem beschwingten Grinsen in die Dunkelheit hinein. Die ersten fünfzig Meter führten ihn über einen breiten Gang immer tiefer ins Innere. Auf seinem Weg musterte er die gerußten und teilweise geschmolzenen Felswände. Er hatte den Eindruck, als hätte irgendwer eine gewaltige Flammenwand gegen den Felsen geschleudert, die zu seinem Glück längst wieder verschwunden war. Sie hätte sicherlich einen Stier auf der Stelle gegrillt. Schließlich blieb er stehen und begutachtete im Feuerschein seltsame Schleifspuren auf dem Boden. Daneben entdeckte Nezzir tiefe Abdrücke, einer riesigen Eidechse ähnlich, aber er konnte sich nicht vorstellen, dass es solche großen Echsen überhaupt gab. Um sich jedoch zu vergewissern, ging er in die Knie und prüfte mit dem Zeigefinger die Tiefe der Spuren. „Verdammt!“, flüsterte er, stand auf und zog seinen Dolch aus der Scheide, die in seinem Stiefel steckte. Ein eiskalter Schauer jagte ihm über den Rücken. Wer auch immer diese Spur hinterlassen hatte, er musste gigantisch gewesen sein. Weil seine Neugier jedoch größer war als seine Angst, schlich er weiter und erreichte nur wenige Augenblicke später eine gewaltige Höhle. Die Fackel erhellte nicht einmal ein Drittel der Kaverne. Das bestätigte seinen Verdacht, dass an diesem Ort etwas absolut Kolossales gelebt haben musste. Dann erwachte ihn ihm der Forschungseifer. Entschlossen ging Nezzir an der linken Höhlenwand entlang und suchte nach weiteren Spuren, doch ohne Erfolg. So beschloss er, sich in Richtung Mitte zu wenden. Aber kaum hatte er sich umgedreht, sah er nicht weit entfernt etwas aufblinken. Vorsichtig machte er ein paar Schritte in diese Richtung und das Blinken wurde deutlicher. Als er nur noch zwei Meter vom Ursprung des Blinkens entfernt war, gab plötzlich sein Unterkiefer der Schwerkraft nach und er schnappte laut nach Luft, denn er stand vor einem voluminösen Haufen voller Edelsteine, Schmuck und allen möglichen Kostbarkeiten, die er sich nicht einmal im Traum hätte vorstellen können. „Ich … ich … ich habe … den Schatz gefunden!“, stammelte er. Sein Herz machte vor Freude einen Hüpfer, seine Augen wurden feucht und dann traf ihn die Erkenntnis wie ein Schlag ins Gesicht. „Ich habe den verdammten Schatz gefunden!“, rief er und zuckte kurz zusammen, als das Echo seiner Stimme laut in den Ohren widerhallte. Doch das trübte in keiner Weise seinen Freudentaumel. Nezzir Rawon ließ die Waffe fallen, schleuderte die Fackel achtlos davon und stürzte sich kopfüber in den Berg seiner Begierde. Auf Händen und Knien wühlte er sich durch das Geschmeide. Hier ein faustgroßer Rubin, dort ein fast doppelt so großer Diamant. Er griff nach Amethysten, Saphiren, Smaragden, Topas, Jadesteinen, Koralle und gigantischen Perlen, goldene Halsketten, Ringe, Armreifen und dabei streiften seine Finger über wunderschöne Schwerter und Dolche. Die Waffen waren am Griff und im Knauf mit weiteren prachtvollen Edelsteinen verziert und Nezzir fühlte sich wie im Paradies auf Erden. Nach etlichen Minuten wilden Herumwühlens durch den Glanz und das Geklimper, begann er sich die ersten Edelsteine in die Hosentaschen zu stopfen. Anschließend stand er auf und wirbelte immer und immer wieder im Kreis herum, während er eines der schmutzigen Lieder sang, welches er aus seiner Kindheit behalten hatte. Laut und jauchzend posaunte er mit schiefen Tönen seinen Erfolg heraus.
Die edle Gattin rief nach mir, zu überreichen mir die Botschaft mit den Worten, dass ich den Müllersohn bringe zu ihr’, zu treffen die Dame in ihrem Schlafgemach. Doch gar grausig der Anblick, die edle Gattin trägt die Schande am schönen Leib, ein Keuschheitsgürtel versperrt den Blick, doch wohlgeformt ihr Busen …
Im düsteren Schein der Fackel zeichnete sich langsam ein gigantischer Schatten an einer der Felswände ab. Das spitze Maul präsentierte scharfe Zähne und auf dem großen Kopf saßen zwei Hörner. Im ersten Moment nahm Nezzir ihn gar nicht wahr, bis er schließlich überrascht innehielt und mit weit aufgerissenen Augen den Schatten anstarrte. Die Angst kroch in seine Glieder und sein ganzer Körper begann zu zittern. Aber bevor er wirklich verstehen konnte, welche Gefahr sich ihm hinterrücks genähert hatte, erlosch die Flamme und die Höhle war in völlige Finsternis getaucht. Es folgte ein tiefes Grollen und dann blitzten vor ihm zwei goldene Augen auf. Ängstlich schreiend ruderte Nezzir Rawon hilflos mit den Armen, warf sich zu Boden und fingerte im Dunkeln nach einer der vielen Waffen, die er eben noch in dem Schatz entdeckt hatte. Doch je mehr er suchte, desto weiter entfernte er sich von der Mitte. Fluchend tastete er nach allem, was er greifen konnte, während er glaubte, die Angst würde sein Herz zerspringen lassen, wenn er nicht bald ein Schwert fand. Dann endlich fühlte er etwas. Es war hart, lang und das konnte nur ein Schwertgriff sein. Aber bevor er seinen Fehler bemerkte, war es bereits zu spät. „Schuppen?“, flüsterte er und fingerte aufgeregt weiter. Plötzlich hallte lautes Gebrüll durch die Höhle. Eine gewaltige orangerote Feuerfontäne erhellte die Finsternis und traf auf eine Felswand, deren Gestein augenblicklich schmolz, wie Eis in der Wüstensonne. Dabei wurde die Luft unerträglich heiß und Nezzir schützte sich, in dem er sich mit den Händen vorm Gesicht auf den Boden warf. Das Nächste was er spürte war ein unerwarteter Ruck. Die Zähne des Monsters hatten ihn am Rucksack in die Höhe gehoben. Daraufhin erhaschte er einen Blick auf die Höhlenwand, die mit einer rasenden Geschwindigkeit an ihm vorbeisauste. Mit einem dumpfen Knall landete der Raukarii auf dem Steinboden, weit entfernt von seinem so geliebten Schatz. Ein unangenehmer Schmerz durchfuhr seinen Körper und ging langsam in ein Taubheitsgefühl über. Das Letzte was er bewusst mitbekam war das unerträglich laute Brüllen des Untiers, danach glitt er in eine gnädige Ohnmacht.
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Und hier kommt eine kleine Premiere ... exklusiv für euch zum Bloggeburtstag!
Leseprobe aus meinem derzeitigen Manuskript "Schwarze Adern" (Dystopie)
Kapitel Eins
Kayden lauschte in die Stille hinein. Jedes noch so kleine Geräusch würde ihn verraten und einer der zahlreichen Patrouillen in die Hände spielen. Er atmete flach und presste sich mit dem Rücken fest gegen die Hauswand. Sie bot ihm Schutz und verbarg ihn gleichzeitig vor neugierigen Augen. Ein kurzer Blick in den Himmel verriet ihm, dass es nicht mehr lange dauern konnte. Die farblose Sonne kämpfte sich für einen winzigen Moment einen Weg durch die dichten grauen Wolkenbänder und blinzelte Kayden an. Die Mittagszeit stand kurz bevor. Das war der perfekte Zeitpunkt dafür, sein Vorhaben durchzuführen, ohne großes Aufsehen zu erregen. Um diese Zeit erfolgte der dreimal täglich stattfindende Wachwechsel, und die ansonsten gnadenlosen und schwer bewaffneten Grenzsoldaten waren für mindestens fünf Minuten abgelenkt. Besonders gut für ihn war auch die Tatsache, dass Sektor Vier der am wenigsten überwachte Grenzübergang von ganz New London darstellte, was auch niemanden verwunderte. Wer hier lebte, war ganz unten angekommen. In dieser Gegend trieben sich nur Typen herum, für die sich ein Besuch in der Äußeren Zone selbst dann nicht lohnen würde, wenn sie genügend Rationskarten in ihren verschlissenen Kleidungsstücken versteckt hätten, um einen ganzen Monat mit ausreichend Lebensmitteln versorgt zu sein. Für sie würde es lediglich bedeuten, dass sie einen Monat länger in ihrem Elend dahinvegetierten, ohne Aussicht auf Verbesserung ihrer Lage. Straßenkämpfe, wilde Messerstechereien und gewalttätige Aufstände standen im Niemandsland – wie die privilegierte Gesellschaftsschicht diese weitläufige Umgebung nannte – auf der Tagesordnung, und mittendrin lebten die Menschen in Armut. Jeder Bewohner des Niemandslandes, der ohne Befugnis auch nur einen Schritt in die Äußere Zone von New London tat, wurde verhaftet. Die Aufrührer wagten es selten, sich auf dieses ausweglose Unterfangen einzulassen, denn bisher war kein einziger Gefangener jemals wieder zurückkehrt. Das wussten auch die Grenzsoldaten und gingen dementsprechend nachlässig bei ihren Kontrollen mit den Grenzgängern vor. Für Kayden und seinen besten Freund Samuel war das der geeignete Ort, um sich mit gefälschten Registrierimplantaten und einer Lüge am Kontrollpunkt in die Äußere Zone einzuschleichen. „Bist du bereit?“, flüsterte Samuel in Kaydens Ohr. Kaum merklich zuckte er zusammen und drehte seinen Kopf nach links. Nervös starrte er in Samuels dunkelbraune Augen und schluckte einen anwachsenden Kloß im Hals herunter, der eben noch nicht da gewesen war. Für den Bruchteil einer Sekunde hatte er geglaubt, einer der Grenzsoldaten hätte ihn entdeckt und wollte ihn nun verhaften. Doch zum Glück stand nur Samuel neben ihm. Dennoch spürte er deutlich seinen immer schneller werdenden Herzschlag. Wild trommelte er gegen seine Brust und schien dabei so laut zu sein, dass Kayden sich wunderte, dass die Soldaten ihn in dreißig Meter Entfernung nicht zu hören vermochten. „Erschrecke mich nicht so, Sam“, war alles, was Kayden dazu sagte, dann wandte er seinen Kopf wieder dem Grenzübergang zu und Samuel folgte wachsam seinem Blick. Gemeinsam spähten sie um die Hausecke und warteten aufgeregt, bis die Wachablösung kurz bevorstand. „Du willst es allen Ernstes tun?“, fragte Samuel leise, obwohl es sich mehr wie eine Feststellung als eine Frage anhörte. Als keine Antwort kam, seufzte er und blies langsam die Luft aus den Lungen. Kayden und Samuel kannten sich inzwischen seit fünfzehn Jahren und bisher hatte keiner jemals an den Motiven und Handlungen des anderen gezweifelt. Doch momentan waren ihre Nerven zum Zerreißen gespannt. „Dir ist hoffentlich bewusst, dass wenn wir das jetzt durchziehen, Rushton davon erfahren wird. So oder so.“ „Ich weiß, und du kannst immer noch aussteigen. Ich mache dir deswegen keine Vorwürfe.“ Kayden sprach, ohne den Kontrollpunkt aus den Augen zu lassen. Er durfte sich einfach keinen Fehler erlauben. „Keine Chance, ich werde mit dir gehen“, erwiderte Samuel schon fast gekränkt. Dann stahl sich ihm ein Schmunzeln ins Gesicht: „Meinst du, ich überlasse dir alleine den ganzen Spaß? Falsch gedacht. Ich will genauso wie du die Wahrheit herausfinden. Rushton kann mir viel erzählen, aber ich glaube ihm schon lange nicht mehr.“ Kayden lächelte und wandte seinen Blick einen Moment vom Grenzübergang ab. „Danke. Das bedeutet mir sehr viel.“ Dabei hob er die Hand und klopfte seinem Freund auf die Schulter. „Dann lass uns nicht länger warten.“ „Hast du die Registrierimplantate?“ „Hier …“ Kayden holte aus seiner Manteltasche zwei durchsichtige Synthetikchips hervor, die kaum größer als der Fingernagel des kleinen Fingers waren, und präsentierte sie auf seiner hohlen Handfläche. Bei genauerem Hinsehen erkannte man winzige schwarze Punkte, die in scheinbar zufälliger Anordnung darauf eingelasert zu sein schienen. Bei diesen Punkten handelte es sich um die jeweiligen Daten des Trägers; die aber weit mehr umfassten als die allgemeinen persönlichen Daten wie Name und Alter. Angefangen vom körperlichen Zustand bis hin zu einem vollständigen Charakterprofil. Normalerweise war es üblich, dass werdende Mütter sich sofort nach Feststellung der Schwangerschaft bei einem der drei großen Gesundheitszentren zu melden hatten. Die zuständigen Ärzte besaßen die Pflicht, das Kind bereits im Mutterleib zu registrieren. Dazu wurde dem Embryo bereits ab der zwölften Woche ein Registrationsimplantat in den linken Unterarm eingepflanzt, der von diesem Moment an alles erfasste und speicherte, was im menschlichen Körper geschah. Nach der Geburt genügte ein einzelner Scan, um die Daten auszuwerten, zu aktualisieren und einem der größten Server der Menschheitsgeschichte abzuspeichern, der sich mitten im Stadtkern befand. Wer es wagte ihn zu entfernen, wurde verhaftet und im schlimmsten Fall sogar getötet. Daher war die Entfernung ein äußerst heikles Verfahren und wurde nur außerhalb der Äußeren Zone durchgeführt. Dorthin verirrte sich kaum ein Bürger innerhalb New Londons, wenn er nicht gerade im Niemandsland geboren wurde. Die Militärpräsenz war zwar auch hier vorhanden, doch die illegalen Machenschaften wurden stillschweigend geduldet. New London bestand aus drei Zonen, die sich kreisförmig nach außen fächerten und jeweils in vier Sektoren aufgeteilt waren. Als Schutz vor äußerlichen Umwelteinflüssen und um die Sicherung der Luftversorgung zu gewährleisten, war die gesamte Stadt von einem gewaltigen, lichtdurchlässigen und strahlungssicheren Schutzschild umgeben. Zone Eins barg den Sitz der Regierung. Sie bestand aus dem Stadtkern, der wiederum den Stadtrat und das Militär beherbergte. Wer dort etwas zu sagen hatte, musste sich um seine Zukunft niemals Sorgen machen. In Zone Eins wohnte die privilegierte Bevölkerung. Dort wurde regiert, gelehrt und geforscht. Das Forschungszentrum wurde besonders streng überwacht. Wer nicht das Glück von Geburt an in die Wiege gelegt bekommen hatte, der nannte Zone Zwei sein zu hause. Zone Zwei wurde umgangssprachlich als Äußere Zone bezeichnet. Hier wohnten die Arbeiter, welche New London schon seit über dreihundert Jahren am Leben hielten. Fabriken, Gewächshäuser, Viehzucht und jede Art von Nahrungsbeschaffung, aber auch die Werkzeugherstellung und der allgemeine Handel fanden in der Äußeren Zone ihren Ausgangspunkt. Daher war es nicht verwunderlich, dass er den größten und bevölkerungsreichsten Bezirk darstellte. Im Niemandsland – Zone Drei – wohnten die ärmsten der Armen, die im Leben kein Glück gehabt oder sich etwas zuschulden hatten kommen lassen. Der Schwarzmarkt und das Geschäft der Liebe florierten und boten den zwielichtigen Gestalten genug Raum für ihre Machenschaften. Verfallene, teilweise eingestürzte und abgebrannte Gebäude prägten das Bild. Dürftig zusammengenagelte Bretterbuden und weitläufige Flächen mit Zelten waren nicht selten. Wer hier lebte, war auf die Gunst der Regierung und des Militärs angewiesen. Einmal pro Woche wurden zusätzliche Essenrationen im Tausch gegen Rationsmarken an bestimmten Sammelstellen verteilt, welche sich die Bewohner des Niemandslandes bei Hilfsarbeiten in der Äußeren Zone verdienten. Hier herrschten auch die Rebellen. Von hier aus planten und handelten sie im Verborgenen und hatten während der letzten zwanzig Jahre so manchen Schlag gegen das Militär für sich verbuchen können. Niemand, der nicht den Rebellen angehörte, kannte ihren Hauptsitz, und nicht einmal der modernsten Aufspürtechnik war es bisher gelungen, eines ihrer Verstecke ausfindig zu machen, was hauptsächlich daran lag, dass die Rebellen ausnahmslos ihre Registrierungsimplantate entfernt hatten. Nach dem Niemandsland kam nur noch die sogenannte Todeszone, deren Aussehen von abgestorbenem, verbranntem und verseuchtem Land geprägt wurde. Das und die Tatsache, dass nur noch 10% Sauerstoff in der Luft existierte, war jegliches Leben dort so gut wie unmöglich. „Hoffentlich hat niemand etwas gemerkt“, meinte Samuel, als er die synthetischen Implantate in Kaydens Hand musterte, und machte eine beunruhigte Miene. „Sei ehrlich …“, antwortete Kayden, „… spielt das jetzt noch eine Rolle? Wenn wir das durchziehen, gibt es für uns kein Zurück mehr. Rushton würde uns auf der Stelle erschießen lassen und –“ „Und das Militär ebenfalls, wenn sie feststellen, dass es nicht unsere Chips sind. Ich weiß, ich habe deinem Plan zugestimmt und ich will mindestens genauso sehr wie du endlich wissen, ob die Gerüchte stimmen. Aber du musst zugeben: Der Preis ist hoch.“ „Der Preis ist unser Leben“, stimmte Kayden ihm zu und die wachsende Unruhe fuhr ihm durch Mark und Bein. Die Angst rauschte durch seine Adern und doch war sie ihm willkommen. Sein Körper schüttete so viel Adrenalin aus, dass seine Sinne und Entschlossenheit dadurch gestärkt wurden. Trotzdem konnte er Samuels Einwand nicht einfach als kleine Unannehmlichkeit abtun. Sam hatte Recht. Sam hatte immer Recht. Sein bester Freund war ebenso sehr sein Gewissen wie auch sein Rückhalt, und ohne ihn fühlte er sich nur halb so mutig. Ohne ihn würde er vielleicht schon lange nicht mehr leben. Samuel hatte ihn aus den Slums im Niemandsland zu den Rebellen geführt. Dort hatte er den Anführer Rushton kennen und schätzen gelernt. Rushton verdankte er alles, was er heute war. Er und seine Männer hatten ihm Lesen und Schreiben beigebracht, sie hatten ihm ein richtiges Dach über dem Kopf gegeben, und sie gaben ihm jeden Tag eine anständige Mahlzeit, sauberes Trinkwasser und halbwegs annehmbare Kleidung. Doch Rushtons Güte war keinesfalls ein uneigennütziges Geschenk. Bereits mit acht Jahren konnte Kayden jeden Waffentyp auf den ersten Blick identifizieren. Mit neun zielte er schon so sicher, dass er seine Ziele niemals verfehlte. Zwei Jahre später gehörten er und Samuel Rushtons tief verwurzeltem Schmugglerring an, der wöchentlich und unter der ständigen Gefahr entdeckt zu werden, Nahrungsmittel, Waffen, Medikamente und Sauerstoffrationen, vom Niemandsland zum Rebellenhauptsitz transportierte. Sauerstoff gehörte zusammen mit der künstlichen Droge Black Silence zum begehrten Gut der Bewohner von New London. Heute war Kayden 23 Jahre alt und versuchte den Gedanken auszublenden, dass er im Begriff war, seinen Gönner und einzigen Mann, den er als eine Art Vaterfigur ansah, zu hintergehen. „Mein Vater wird uns häuten“, riss Samuels Flüstern Kayden zurück in die Gegenwart. „Aber vorher wird er uns foltern und uns die Zungen herausschneiden. Wenn er gnädig ist, dann –“ „Verdammt Sam!“, stoppte Kayden ihn lauter als beabsichtigt. Er wusste ganz genau, welches Schicksal ihnen bevorstand, wenn sie in Rushtons Fänge geraten sollten. „Du hast eben gesagt, dass du deinem Vater kein Wort glaubst. Dann höre gefälligst damit auf, unsere Mission schon als gescheitert zu betrachten, bevor wir überhaupt angefangen haben. Wir zwei werden uns jetzt die gestohlenen Chips implantieren und so tun, als wären wir angeforderte Hilfsarbeiter auf dem Weg zur Arbeit. Verzweifeln kannst du immer noch, wenn wir entdeckt werden. Aber so einfach gebe ich nicht auf. Wir zwei haben uns geschworen Brüder für immer zu sein, und heute zähle ich auf dich. Ohne dich würde es zwar schwierig werden, aber noch kannst du zurück.“ Erwartungsvoll starrte er Samuel an. Dieser seufzte. „Ich halte was ich verspreche. Ich werde uns beide zu Noah bringen.“ Das war für Kayden Antwort genug und er nickte. „Vergiss nicht, wenn es stimmt, dann tun wir genau das Richtige.“ „Rushton ist zwar mein leiblicher Vater, aber deswegen muss ich nicht automatisch auch seine Ansichten teilen. Außerdem muss ich doch auf meinen kleinen Bruder aufpassen, bevor er sich in Schwierigkeiten bringt. Zufällig weiß ich, dass du Probleme magisch anziehst.“ Er lachte und die Zweifel in seinem Gesicht verblassten zusehends. „Ich wusste doch, dass ich auf dich zählen kann, großer Bruder“, antwortete Kayden und ließ sich vom Lachen anstecken. Es beruhigte ihn und nahm seiner Angst die Nahrung. Daraufhin reichten sie sich die Hände. Samuel, der zwei Jahre älter war, nickte nun ebenfalls und schob den Ärmel seines leicht zerschlissenen Pullovers nach oben. Das war Aufforderung genug. Ohne weitere Worte zog Kayden ein kleines Klappmesser aus der Hosentasche und reichte Samuel die beiden Registrierimplantate. Für das war er vorhatte benötigte er freie Hände. Er ließ das Messer mit einem Schnappen aufspringen und machte sich augenblicklich ans Werk. Entschieden fuhr er mit der scharfen Klinge über Samuels Unterarm und hinterließ einen zirka ein Zentimeter langen waagerechten Schnitt. Dann nahm er so vorsichtig wie möglich einen der beiden Chips und schob ihn ganz langsam unter die Haut. Danach griff er erneut in seine Hosentasche und holte etwas zum Vorschein, was Samuel in Staunen versetzte. „Woher hast du die künstliche Haut?“ „Du würdest dich wundern, was Latham alles in seinem Labor hortet.“ Kayden lächelte siegreich. „Er bewahrt dort nicht nur seine krankhaften Laborversuche und die Medikamente auf. Aber ich glaube, das erzähle ich dir besser nicht.“ „Ich will es auch gar nicht wissen.“ Angeekelt rümpfte Samuel die Nase. „Beeile dich lieber mal, sonst verpassen wir noch den Wachwechsel.“ Behutsam löste Kayden die künstliche Haut von einer Art feinmaschigem Gitter auf dem sie festklebte, und legte ein Stück davon auf die offene Wunde. Sofort verschwand der Schnitt darunter und nur ein paar Blutstopfen zeugten davon, dass hier etwas verdeckt wurde. Samuel wischte sie mit dem Ärmel weg und drückte mit den Fingern seine zweite Haut fest. Lange würde diese schlichte Tarnung nicht halten. Aber sie mussten nur heil über den Grenzübergang gelangen – alles andere zählte danach nicht mehr. Schließlich wiederholte Samuel die Prozedur bei Kayden. Ein letzter prüfender Blick und dann musste sich Kayden von seinem geliebten Klappmesser trennen. Die Soldaten würden ihn bis auf die Haut scannen und die kleine Waffe war dabei nur hinderlich, um unaufmerksam den Kontrollpunkt zu passieren. Aber er wollte das Messer nicht einfach auf die schlammige Straße werfen, daher entschied er es zu verstecken. Ein kleiner Spalt in der Hauswand hinter ihm schien ihm ideal zu sein.