Den gemeinsamen europäischen Währungsraum wollte die Frau aus Bremen, die als erste Westdeutsche Kanzlerin aus dem Osten wurde, ebenso lässig retten. In vier medial begeistert beklatschten Versuchen gab sie vor, Spähpanzer mit Hilfe von aufgespannten Regenschirmen sanft luftlanden zu können. Vor anderthalb Monaten gelang es zeitweise sogar, den Euro durch die Neuerfindung von 750 Milliarden Euro in eilig gedrucktem Papiergeld für einige Stunden um zwei Cent nach oben zu katapultieren und den von Griechenland zu zahlenden Preis für neue Schulden zu drücken.
Ende Mai war Europa gerettet, Ende Juni ist Europa beendet. Sechs Wochen nach dem allumfassendsten Rettungspaket, das Regierung und Bundestag mit verbundenen Augen durchwinkten, hält die Finanzwelt Griechenland schon wieder für genauso bankrott wie zuvor. Ausfallversicherungen für Griechen-Bonds sind sogar teuer als damals, als sie anzeigten, dass Angela Merkel dringend eingreifen musste.
"Investoren verlieren den Glauben an eine Rettung Griechenlands", folgert die Financial Times. Höhere Prämien als auf griechische Staatsanleihen würden nur noch für die Versicherung venezolanischer fällig. "Der Kapitalmarkt schätzt die Ausfallwahrscheinlichkeit Griechenlands auf 69 Prozent - und damit höher als für jedes andere Land auf der Welt."
Nur eins ist diesmal anders: Außerhalb der Finanzboards und Börsenforen ist die Aufregung um das griechische Desaster kaum noch wahrnehmbar. Angela Merkel diskutiert mit Barack Obama, ob es besser sei, selbst mehr Schulden zu machen oder günstiger, wenn es andere tun und man selbst mehr exportiert, Obama bekämpft die Ölpest mit Arschtritten, die ehemals mit dem Ziel der Deregulierung angetretene Opposition kniet vor einem möglichen künftigen Bundesbürgerpräsidenten der Herzen und die an einem grundlegenden Systemwechsel arbeitende ehemalige Systempartei fordert Reichtum für alle, damit jeder die nächste Krise mitverschulden kann.
Klar ist aber, dass die nächste Rettung kommen muss, wenn Europa nicht enden soll. Alle Hoffnungen richten sich auf den G8-Gipfel, der den G20-Gipfel vorbereitet, auf den sich alle Hoffnungen richten. Kanada lässt sich den G8- und den anschließenden G20-Gipfel in Toronto etwa 1,1 Milliarden kanadische Dollar kosten - beim derzeitigen Kurs von 0,78 Euro für einen kanadischen Dollar sind das gut 860 Millionen Euro. Gelänge es der Weltgemeinschaft, den Kurs des Euro wieder so zu stärken, dass ein kanadischer Dollar wie vor einem Jahr nur 0,60 Euro wert sei, werde die Ausrichtung des Gipfels umgerechnet in Euro nur noch 660 Millionen kosten. Die Ersparnis von 200 Millionen könnten, so heißt es in Berlin, dann für sinnvolle Dinge wie Bildung, demographische Entwicklung oder die massive Nichtdurchführung von Walfang weltweit ausgegeben werdenWir sprechen zwar verschiedene Sprachen. Meinen aber etwas völlig anderes.