mehr fotografieren, weniger knipsen

Wenn demnächst bunte Blumen schlüpfen und die Bäume blühen und grünen, ziehts viele Fotografen magisch ins Freie! Schnell ist dann in digitalen Zeiten eine Speicherkarte voll, doch sind die vielen schnell geknipsten Bilder auch wirklich gut?

Ich behaupte ja immer: der Blick fürs Motiv ist beim Fotografieren das Wichtigste. Außerdem lässt sich heutzutage mit guter Bildbearbeitung aus manchem durchschnittlichen Treffer tatsächlich noch ein kleines Kunstwerk zaubern – damit tröste ich mich die meiste Zeit über mangelnde Kenntnisse in Sachen Brennweite & Co. hinweg und dank passabler Vollautomatik, die ich fast immer auch beruflich nutze, bekomme ich meistens ganz passable Bilder und oft auch echte Hingucker hin.

Trotzdem nagt es manchmal ein bisschen und ich denke: mit etwas mehr Handwerkszeug eröffnen sich so viele weitere spannende Möglicheiten, um faszinierende Momente und Perspektiven auf Speicherkarte zu bannen. Trotzdem werde ich deshalb sicher keine mehrjährige Ausbildung zum Fotografen anfangen und wems genau so geht, dem kommt die Buchreihe “Wie sie mehr Fotografieren und weniger knipsen” von Thomas Stephan bestimmt so recht wie mir.

fotografieren

“Meist sind es ganz einfache Dinge, die ein Foto wirken lassen”, macht der Autor bereits auf dem Klappentext Mut, sich näher mit Foto-Standards und der eigenen Kamera zu beschäftigen. Und ich muss sagen: wenige Praxisführer verdienen ihre Bezeichnung so wie die “Weniger knipsen mehr fotografieren”-Reihe: dicht an dich reihen sich im ersten Band Erklärungen zur Technik, Tipps für spannende Motive und wie man sie am besten in Szene setzt.

Ob Vollautomatik oder Einstellung von Hand: Humorvoll und herrlich undogmatisch verrät Thomas Stephan Basics von Auslöser bis Zoom, mit denen man aus gängigen Kameras das Beste raus holt, gibt Tipps zur Pflege und last but not least Empfehlungen für tolle Locations. An passender Stelle vernetzt er das Buch mit den Internet-Adressen seiner Online-Tutorien.

Nach wenigen Seiten ist klar: hier schreibt jemand, der viel ausprobiert hat und tatsächlich zieht Thomas Stephan seit 1978 mit wechselnden Kameras los: er kennt die analogen Kompakten genau so wie teure Spiegelreflex-Kameras oder die neuesten Bridge-Modelle. Und er hat trotz konzentriertem Focus beim Schreiben einen wunderbar vielseitigen Ansatz fürs große Ganze: “Ein faszinierender Aspekt der Fotografie ist, dass man sich ein beliebiges Thema herausgreifen, vertiefen und sich hochgradig spezialisieren kann. So habe ich zum Beispiel Fotografinnen kennengelernt, die ausschließlich mit Portraits von Reitpferden ihren Lebensunterhalt bestreiten. Andere fotografieren nur Hochzeiten, wieder andere machen allein Makros und so weiter.

Allein das Thema Licht bietet Hunderte von Facetten, in die man abtauchen kann, wenn man will. Will man nicht, kann man aber auch ganz an der Oberfläche bleiben. Das finde ich bei der Fotografie so einzigartig – diese Spezialisierung hat bei mir aber noch nicht eingesetzt, ich bin weiter als Generalist unterwegs, was mir beim Schreiben von Büchern für Anfänger und Fortgeschrittene durchaus zugute kommt”, so der Autor.

Wie das Buch entstanden ist? Thomas Stephan erklärts am besten selbst: “Ein Freund und ich sind immer mal wieder von Bekannten und Freunden angesprochen worden, weil diese mit ihren Kameras nicht klar gekommen sind bzw. ihnen die Bilder nicht gefielen, die sie damit machten. Wir haben die Leute dann unter’n Arm genommen und sind mit samt ihrer Ausrüstung losgezogen und haben vorher/nachher Foto-Aufgaben durchgespielt.

Zuerst entstand eine Checkliste mit Foto-Aufgaben – zum Beispiel Hintergrund freistellen, nah ran gehen, Kamera richtig halten, Drittelregel, Blende aufmachen bei zu wenig Licht, Effekte hoher ISO-Werte oder raus aus der Automatik – die wir auf diese Exkursionen mitgenommen haben. Wir merkten schnell, wie wenig die meisten über die fotografischen Grundlagen wussten, also habe ich diese in der Checkliste ergänzt.

Nach und nach nahm der Umfang dieser Liste zu, so dass sie eher zu einem `Schnellhefter´ wurde, was das Handling erschwerte. Also suchte ich nach einem Nachschlagewerk, das wir stattdessen jemandem an die Hand geben konnten. Allerdings fand sich nichts in einer Preislage unter 20 Euro. Die meisten Bücher liegen sogar deutlich darüber und sind vollkommen überfrachtet mit Schnickschnack. Mir fehlte einfach ein kompakter und herstellerneutraler Praxisratgeber.

Also hab ich angefangen, aus unserer Checkkliste ein DIN A5-Buch zu machen. Aus 20 Jahren Erfahrung in Sachen Amateurfotografie wurden schnell 130 bis 140 Seiten und ich ließ es ein paarmal als Taschenbuch-Probedruck bei epubli.de drucken. Schließlich hab ich es bei amazon für den kindle-eBook-Reader hochgeladen. Der unerwartete Erfolg forderte dann meinen Ehrgeiz heraus. Als nächstes wurde eine ISBN-Nummer beantragt, die Homepage wenigerknipsen.de eingerichtet und zusätzlich zum eBook auch das Taschenbuch veröffentlicht.”

Im August 2013 wurde das Buch – meiner Meinung nach zu Recht – von Qindi ausgezeichnet. Das “Autorenkorrektiv” würdigt mit dieser Auszeichnung, gute und professionell erstellte Bücher von Selbstverlegern.

“Nur vom Lesen entstehen keine guten Bilder”, weiß Thomas Stephan und gibt seinen Lesern mit zwei Folgebänden weitere ungewöhnliche Tipps mit auf den Weg: in “Weniger Knipsen – 25 Anleitungen für coole Fotoprojekte” vertieft der Autor das Thema Effekte und zeigt, wie mit teilweise verblüffend einfachen Tricks faszinierende Bilder enstehen. Ob “Regenbogen-CD”, Tierportraits, Physiogramme, Gegenlichtaufnahmen, Schattenrisse, U-Bahn oder Autobahn-Rücklichter: um frustrierende Experimente möglichst zu vermeiden, sind alle Projekte sind je nach Schwierigkeitsgrad mit Sternen gekennnzeichnet – je mehr Sterne, um so anspruchsvoller die Anforderungen an den Fotograf.

Der Titel von Thomas Stephan neuestem Buch “Weniger Knipsen: weitere 25 Anleitungen für coole Fotoprojekte” deutet’s an: beim Experimentieren mit der Kamera sind der Fantasie so gut wie keine Grenzen gesetzt. Trotzdem werden gerade Anfänger und Lernende über ein bisschen Inspiration froh sein, mit der sie sich außergewöhnlichen Aufnahmen annähern können. Mit den vorgestellten Techniken für den Monitor-Style, für Panorama und Street Photography, fürs Alien-Portrait oder Little Men Syndrom oder tollen vom Autor entwickelten Projekten, lassen sich viele Motive modern und effektvoll aufpeppen.

Thomas Stephan hat mir netterweise ein paar Exemplare des ersten Bandes geschickt, die ich gerne verlose. Warum fotografiert Ihr gerne und habt Ihr bestimmte Lieblingsmotive? Wer kommentiert, kann gewinnen. Bei mehr als drei Teilnehmern entscheidet am 26. Februar 2014 das Los.



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