Mehr Farbe geht nicht

Mehr Farbe geht nicht Mehr Farbe hat das Publikum auf den Bühnen von Impulstanz wohl selten gesehen. Denn Jean-Louis Badet, verantwortlich für Kostüme und Bühnenbild, griff bei seiner Zusammenarbeit mit Mark Tompkins in die Vollen. Die Stoffe, welche die Bühne bestimmten, waren allesamt von ausgesuchter Farben- und Musterpracht. Rot, Orange, Gelb, Grün, Blau, Schwarz, und alle Schattierungen dazwischen prangten auf einem Berg von T-Shirts, Leggings, Hosen, Röcken, Schals, Tüchern und einem Vorhang, der ungefähr zur Halbzeit quer über die Bühne gespannt wurde.

Drei Tänzerinnen und eine Musikerin

Auch die drei Tänzerinnen Silvia Di Rienzo, Anna Gaïotti und Ananda Montagne trugen, bis auf einen kurzen Einstiegsauftritt, Outfits in dieser Farben- und Mustervielfalt. Lediglich die Sängerin und Oud-Spielerin Kamilya Jubran wirkte in ihrer schwarzen Hose und Bluse wie ein beruhigender Gegenpol. Ihre warme, weiche und zugleich kräftige Stimme und die kreative Beherrschung ihres Instrumentes trugen das Geschehen über die einstündige Dauer und gaben ihm einen verlässlichen Rahmen. Die einzelnen Szenen, die dabei gezeigt wurden, waren weniger von Verlässlichkeit als von unerwarteten Wendungen geprägt. Da wurde zuallererst gleich einmal der Ruf nach Bewaffnung laut, da tauchten zwei vollverschleierte Frauen in Schwarz auf der Bühne auf, um sich in einem höchst vergnüglichen Pas de deux zu begegnen und in Slapstickmanier gegenseitig zu rempeln und miteinander zu tanzen. Da entledigte sich eine zuvor gefangene, junge Frau all ihrer übereinander getürmten Röcke, um anschließend nackt ihre Befreiung zu tanzen. In einer Szene räkelten sich alle drei Tänzerinnen halbnackt wie an einem heißen Sommertag in der Mittagshitze auf einem großen Teppich, während Jubran ein zartes Liebeslied intonierte. Das Rasen innerhalb eines geschlossenen Raumes – so als sei sie dort von der Gesellschaft eingeschlossen - beendete eine von ihnen erst, als ihre beiden anderen Partnerinnen wie Traumgestalten zu ihr traten und in bunter Vollverschleierung wie siamesische Zwillinge ganz im Japan-Style die Szene belebten. [caption id="attachment_25170" align="alignleft" width="640"]Mehr Farbe geht nicht Mark Tompkins Le Printemps (c) Gilles Toutenvoix[/caption]

Eine breite Palette an Musik und Bildern

So bunt und unterschiedlich die unterschiedlichen Auftritte auch gestaltet waren, so verschieden intonierte auch Jubran ihre Lieder. Die blumigen, arabische Metaphern, die darin verwendet wurden, reichten von der Aufarbeitung von Kriegsgräueln bis hin zur schon erwähnten Liebeserklärung. „Le Printemps“ –der Frühling, kann in Zusammenhang mit einigen Figuren der Szenerie, die durch ihre Kleidung dem arabischen Raum zugeordnet werden können, als Hinweis nicht nur für den politisch besetzten arabischen Frühling gedeutet werden. „Le Printemps“ gibt in dieser Performance auch den Hinweis auf ganz individuelle Befreiungsmechanismen, egal ob von gesellschaftlichen, familiären oder ganz persönlichen Zwängen. Dass sich die drei Tänzerinnen am Ende der Show in muskelbepackte Männer verwandelten und während ihrer Verwandlung das wunderbare Chaos auf der Bühne verschwand, mag man deuten wie man möchte. „Le Printemps“ ist ein viriles Lebenszeichen einer tänzerischen und musikalischen Arbeit, in der sich Anarchie, Poesie und Dadaismus wie zu einem Triumvirat treffen. Schön, dass es so etwas heute noch – oder wieder – gibt.

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