Das Berlaymont-Gebäude der europäischen Union in Brüssel mit Banner ” “Connecting the European Energy Market”, Foto: ec.europa.eu
Der Gegenwind für eine Energie- und Klimapolitik hin zu erneuerbaren Energien aus der EU ist immer wieder zu spüren. Doch jetzt scheint er noch größer zu werden, zu Gunsten der bestehenden alten und bezahlten Kraftwerke. Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, übt die Industrie wohl massiven Druck auf die europäischen Staats- und Regierungschefs aus und fordert eine stärkere Kostenorientierung und Befreiung von Abgaben.
Diese Forderungen finden sich scheinbar schon wieder in dem, bereits abgestimmten, Entwurf für die Beschlüsse des geplanten Gipfels der Staats- und Regierungschefs am Mittwoch in Brüssel. Die Förderung für erneuerbare Energien soll “kostenorientiert umgebaut werden”, andere Energie-Technologien (Fracking?) unterstützt und die Klimapolitik neu ausgerichtet werden.
Hintergrund ist, dass die Industrie sich um ihre Wettbewerbsfähigkeit Sorgen macht. Die hohen Energiepreise in Europa würden alle ihre Anstrengungen wettbewerbsfähiger zu werden und für Arbeitsplätze und Wachstum zu sorgen, zunichte machen.
Energiekosten setzen sich immer aus mindestens zwei Faktor zusammen
Interessant ist bei der Betrachtung der Kosten die alleinige Sicht auf den Einzelpreis. Kosten setzen sich ja immer zusammen aus Einzelpreis und Stückzahl oder Menge. Also müssten die Preise für die Kilowattstunde (kWh) Energie und die Energiemenge betrachtet werden. In der gesamten Diskussion um Energiekosten wird jedoch nur selten die Blick auf die Energiemenge gelenkt, dabei muss diese genauso betrachtet werden wie der einzelne Preis pro Energieeinheit.
Um die Energiekosten zu reduzieren sind Investitionen in Energieeffizienz der stärkste und schnellste Weg für die Industrie. Der europäische Rat für eine energieeffiziente Wirtschaft (eceee) hat dazu ein Positionspapier veröffentlicht und aufgezeigt, dass die Politik in der Kostendiskussion den falschen Fokus hat. Das Papier hat den Titel “Europäische Wettbewerbsfähigkeit und Energieeffizienz: Fokus auf das richtige Thema”.
Es geht dabei, wie bereits erwähnt, darum, dass hohe Energiepreise nicht zwangsläufig die Ursache sind für hohe Energiekosten. Mehr Energieeffizienz reduziert den Energieverbrauch und gleicht damit den Nachteil höherer Energiepreise wieder aus.
Der Exekutivdirektor des eceee, Nils Borg, weist darauf hin, dass sowohl in europäischen Studien als auch in Studien von der internationalen Energieagentur (IEA) eine hohes, kurzfristiges Potential für eine kosteneffiziente Reduzierung des Energieverbrauchs nachgewiesen ist. Dazu braucht es auch keine neue Technologie. Daher sollte die erste Antwort auf hohe Kosten (ausgelöst durch hohe Preise) die Steigerung der Energieeffizienz sein.
Zudem ist der Energiepreis nur eine Komponente, wenn man die internationale Wettbewerbsfähigkeit betrachtet, bei einem internationalen Vergleich müssen Unternehmen im Energiebereich auch die Versorgungssicherheit und das Ausfallrisiko betrachten.
Mehr Energieeffizienz für mehr Wettbewerbsfähigkeit in Europa
Energieeffizienz kann auf verschiedenen Wegen die Wettbewerbsfähigkeit unterstützen. Die Lösung der Kostenfrage ist nur die kurzfristige Folge. Auf längere Sicht legt Energieeffizienz den Grundstein für eine innovative und anpassungsfähige Wirtschaft, die den Anforderungen sich schnell ändernder globaler Märkte gewachsen ist.
Das Positionspapier der eceee zeigt einen strategischen Rahmen für die Erhöhung der europäischen Wettbewerbsfähigkeit durch mehr Energieeffizienz in fünf Punkten:
- Ermittlung und Erschliessung der kosteneffektiven Potentiale für Energieeffizienz, basierend auf einer Lebenszykluskosten-Analyse. Dadurch verringern sich die Energiekosten für Unternehmen und einzelne Verbraucher und verringern damit die Abhängigkeit von Energie-Importen, wie auch die Unsicherheit über künftige Preissteigerungen.
- Entwicklung von Methoden für die Umsetzung von Energieeffizienz-Programmen, die neue Geschäftsmodelle und intelligente Systeme fördern, sowie zu einem ganzheitlichen Ansatz im Umgang mit dem Markt und dem Kunden bewegen. Verhaltens-Ökonomie ist hierbei ein zentrales Element.
- Sicherstellung, dass Technologien und Anwendungen für Geräte, Konstruktionen und Entwicklungen der Systeme fit gemacht werden für die globalen Märkte, und gleichzeitig die Anforderungen der lokalen Märkte erfüllt werden. Die europäische Industrie stärkt ihre Führungsrolle, sowohl in Bezug auf Innovationen und Verständnis für die Bedürfnisse der Nutzer der Dienstleistungen, die Energie-und energiebezogene Produkte zur Verfügung gestellt.
- Feinabstimmung dieser Aktivitäten für einen Roll-out der dezentralen Erzeugung mit erneuerbaren Energien in Smart Grids, sowie uneingeschränkter Beachtung passiver Technologien und
- Positionierung Europas als einer der Marktführer im Bereich der nachhaltigen Energie-und Ressourceneffizienz auf lange Sicht.
Originalmeldung der eceee und Download des Strategiepapiers
Klimaretter.info: EU plant Energierolle rückwärts