mehr als töpfern

Sybille Lochmanns Werkstatt in Sillenbuch ist ein kleines Paradies für Hobby-Töpfer: in den Regalen tummeln sich unzählige Eimer und Dosen mit verschieden farbigen Glasuren, in der Ecke stehen Bücher und Ordner mit Sammlungen von Abbildungen. Gegenüber: das Tonlager mit braunen, weißen und rötlichen Ton-Blöcken. Im Werkzeugschrank hängen Wellhölzer, es gibt eine große Auswahl an Pinseln, Metall-Schlingen und Modellierhölzer. Daneben steht einer von vier Brennöfen.

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Bei soviel Equipment müssen die Teilnehmerinnen der beiden Töpfergruppen, die sich hier jeweils einmal wöchentlich treffen, kein Werkzeug oder Material mitbringen. „Wir bringen eben reihum das Frühstück mit“, sagt Anita Mezger und lacht. Seit rund 20 Jahren ist die ehemalige Grundschullehrerin jede Woche dabei und möchte die kreative Gemeinschaft nicht mehr missen. „Die Töpfergruppe ist besser als Kaffeeklatsch. Natürlich quatschen wir auch, aber gleichzeitig sind wir produktiv. Die kreative Arbeit mit dem Ton ist einfach belebend.“

Wie produktiv die Hobby-Töpfer sind, zeigt ein Blick ins „Trocknen“-Regal: da sitzt eine Eule neben verschieden großen Engeln, eine Sternen-Stehle steht unter einem Harlekin, bunte Spatzen, Gänse und andere Skulpturen zeugen vom Einfallsreichtum der Teilnehmer. Neben dem Regal stehen zwei lebensgroße Hähne und warten darauf, in den Brennofen zu kommen.

Besondere Voraussetzungen braucht es fürs Töpfern erstmal nicht: „Grundsätzlich kann jeder Töpfern, ich gebe auch keine Themen vor. Deshalb muss sich jeder überlegen, was er gerne machen möchte. Viele fangen zum Beispiel mit einer Vase an. Mit der Zeit entwickelt dann jeder seinen eigenen Stil. Ich kann ziemlich genau sagen, welche Figur von wem gemacht wurde“, so Sybille Lochmann.

Manchmal ist es hilfreich, sich an einer Abbildung zu orientieren: „Um eine Figur zu gestalten, ist es wichtig, die Anatomie eines Körpers zu kennen. Wie verlaufen die Muskeln, wo wird beispielsweise der Arm angesetzt? Nur dann kann man eine Figur auch glaubwürdig modifizieren“, sagt Anita Mezger. „Ich forme am liebsten Tiere, mein ganzer Garten ist schon voll. Kürzlich ist mir ein Reiher kaputt gegangen, da werde ich demnächst einen neuen machen. Das ist gar nicht so einfach, weil er auf so langen Beinen steht. Ich träume davon, dass die ein Schlosser aus Metallstäben fertigt.“

Auf Anregung des Obst- und Gartenbauvereins, töpferte eine der beiden Gruppen vor zwei Jahren die Tuttlinger Straße im Maßstab 1:60 originalgetreu nach. „Mein Mann Karsten fotografierte die Häuser und machte die Baupläne für jedes einzelne Gebäude und wir haben dann etwa 50 Häuser getöpfert. Insgesamt haben wir eineinhalb Jahre an diesem Projekt gearbeitet“, so Sybille Lochmann.

An Ideen mangelt es also nicht und obwohl die Töpferdamen frei arbeiten, profitieren sie von Sybille Lochmanns Erfahrung: „Wichtig ist zum Beispiel, dass der Ton nicht zu nass und nicht zu trocken ist, sonst kann man nichts aufbauen. Er darf außerdem keine Luftblasen haben, sonst springt der Ton im Ofen. Und man muss wissen, was bei welcher Temperatur gebrannt wird“, erklärt Sybille Lochmann. So entscheidet beispielsweise der Verwendungszweck über die Höhe Brenntemperatur: „Vieles brennen wir im Niederbrand bei 1060 Grad. Oft gehen wir aber hoch auf 1200 Grad, dann wird der Ton dicht wie Klinker.“ Das ist dann sinnvoll, wenn eine Skulptur im Freien stehen soll: Ein Klinkerstein saugt im Winter keine Feuchtigkeit auf, da platzt nichts ab und das Objekt hält länger. Auch das Mischen und Verwenden der Glasuren ist eine „Wissenschaft“ für sich: so manches gebrannte Rot sieht in flüssigem Zustand weiß aus und werden Farben falsch gemixt, kann es sein, dass die Glasur im Ofen Blasen wirft – gut, wenn sich da jemand auskennt.

Als Werklehrerin entdeckte Sybille Lochmann ihre Liebe zum Töpfern. Zur Geburt ihres ersten Kindes bekam sie von Ehemann Karsten den ersten Brennofen geschenkt. Über die Volkshochschule bot sie Töpferkurse an, die sich im Lauf der Jahre verselbständigten. Die meisten Gruppenteilnehmer sind mittlerweile seit Jahrzehnten dabei.

Trotz aller Erfahrung lernt Sybille Lochmann immer noch dazu. Sie ist Mitglied im Verein Kalkspatz und geht hin und wieder auf Fortbildungen. Ihr nächstes Ziel: Raku. „Raku ist eine japanische Oberflächengestaltung, eine Brenntechnik, bei der man das Objekt mit Zange und Handschuhen in glühendem Zustand aus dem Ofen holt. Dann wird die Skulptur oder das Gefäß in einem speziellen Verfahren abgeschreckt, dabei entsteht das charakteristische Kraklé-Muster, ein maschenartiges Netz von Rissen und Sprüngen – überall da, wo keine Glasur ist, wird’s rabenschwarz. Der Nachteil an Raku? Da geht noch mehr kaputt geht als beim normalen Töpfern“, sagt Sybille Lochmann mit einem Schmunzeln.



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