“Mehr als das” von Patrick Ness

Titel: Mehr Als Das
Autor: Patrick Ness
Originaltitel: More Than This
Übersetzer: Bettina Abarbanell
Erscheinungsdatum: März 2014
ISBN: 978-3570162736
Seitenanzahl: 512
Verlag: cbt

“Mehr als das” von Patrick Ness

Eine Gastrezension von Stefanie Mühlsteph

“Das ist die Hölle.
Eine Hölle nur für ihn.
Eine Hölle, in der er allein ist.
Für immer.
Er ist gestorben und in seiner eigenen, persönlichen Hölle wieder aufgewacht.”
(S. 28)

Inhalt:
Seth ist nicht tot, obwohl er ihn sehr genau mitbekommen hat. Er beging Selbstmord. Er wurde von der wilden See gegen einen Felsen geschmettert, ertrank und erwachte nackt und einsam an einem Ort, wie er unwirklicher nicht sein kann.
Was treibt einen Menschen dazu Selbstmord zu begehen und wo ist Seth gelandet?

Fazit:
Im ersten Teil befindet sich Seth alleine in dieser einsamen, heruntergekommen Welt. Durch Flashbacks erfährt der Leser von Seths kleinem Bruder Owen, der an einem neurologischen Defekt leidet – für den sich Seth die Schuld gibt.
Die Eltern sind offensichtlich nicht imstande ihre beiden Kinder gleichwertig zu lieben und ziehen von der USA nach UK. Dort lernt Seth Gudmund kennen, zu dem er bald tiefere Gefühle als Freundschaft entwickelt. Sie haben eine geheime Beziehung, die auseinandergerissen wird, als Gudmund deswegen ins Internat geschickt wird. Seth ist wieder alleine und sieht keine Möglichkeit als Selbstmord, um sich aus all seinem Schmerz zu befreien.
Er erwacht jedoch wieder – in seinem alten Haus, in England, völlig verlassen und heruntergekommen. Orientierungslos begibt sich Seth auf die Such nach de Grund für sein Dasein an diesem Ort und trifft auf Regine und Tomasz. Dank ihnen begreift Seth nach und nach, wo er sich befindet.
Es ist mein erstes Buch von Patrick Ness und ich war zeitweise schockiert, am weinen, doch die meiste Zeit emotional zerrüttet. Ness hat einen wundervoll spannenden, einfachen Schreibstil. Er bringt Dinge auf den Punkt und der Spannungsaufbau lässt nicht zu wünschen übrig. Action findet nicht nur statt, wenn Seth flüchten muss, sondern auch wenn er von Regine eine Backpfeife bekommt, während sie miteinander sprechen. Viel wird zwischen den Zeilen gesagt – ein intelligentes Lesen wird hier gefördert.
Schon als ich die erste Seite las, musste ich sofort an Matrix denken. Mit einer Mischung aus Inception und einer große Prise .hack//Sign kann man diesen Roman zusammenfassen. Ein SF-Roman ohne große technische Beschreibung. Eine Dystopie ohne großen, greifbaren Gegner. Philosophie ohne Worthülsen und ausschweifende Worte. Nur Seths Bemühung sich mit sich selbst und dem Geschehenen zu versöhnen passt nicht in den Kontext – die Situation ist zu skurril und gefährlich, als dass man einen Selbstfindungstrip machen könnte.
Außerdem hätte dieser Ansatz von „zukünftiger Social Media“ noch etwas besser ausgearbeitet werden können – da bleiben sehr viele Fragen offen. Und das Ende ist durchaus unbefriedigend. Ein paar Seiten, was „danach“ passierte, hätten dem Buch gut getan – und der Leserseele.
Logiklöcher gibt es auch (SPOILER! Was ist, wenn „ES“ mal defekt ist? Und wie ist das mit der Humanbiologie, was ein Mensch braucht?), die dem Leser nach der Lektüre sofort ins Auge springen. Trotzdem fühlt man sich zu jeder Zeit bestens unterhalten.
Kein Meisterwerk, aber ein actionreiches, gut lesbares Buch für SF-Fans, die eine etwas anderes Dystopie lesen wollen.

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