Medikamente: Wurden Informationen zu „Reboxetin“ zurückgehalten?

Medikamente: Wurden Informationen zu „Reboxetin“ zurückgehalten?

© Andreas Morlok / pixelio.de

Reboxetin ist ein Antidepressivum des Unternehmens Pfizer. Das Medikament wurde 1997 in Deutschland zugelassen und dessen Kosten zunächst von den Krankenkassen erstattet. In den USA wurde die Zulassung wegen negativer Ergebnisse allerdings von Anfang an verweigert.

Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) sollte im Jahr 2009 den Nutzen von Reboxetin bewerten. Diese Recherchen ergaben, dass mindestens 16 Studien mit insgesamt 4600 Patienten für Reboxetin existierten. Der Hersteller Pfizer aber hatte nur sechs Untersuchungen vollständig zur Verfügung gestellt. Die Übernahme von weiteren Kosten für das Medikament wurden dann seitens der Krankenkassen ab dem Jahre 2009 abgelehnt.

Inzwischen haben deutschen Ärzte und Studienexperten die gesamten Daten analysiert: Im Vergleich zu anderen Antidepressiva wie auch zu Placebos hat sich gezeigt, dass der Wirkstoff Reboxetin, der unter den Namen Edronax und Solvex im Handel ist, nicht besser gegen Depressionen hilft als Scheinmedikamente. Allerdings klagen Patienten über erheblich mehr Nebenwirkungen.

Die Untersuchungen wurden jetzt mit einem eindeutigen Ergebnis veröffentlicht: „Reboxetin ist insgesamt ein ineffektives und potentiell schädliches Antidepressivum“, schreiben die Autoren um Dirk Eyding und Beate Wieseler im angesehenen British Medical Journal von heute (Bd. 341, S.c4737, 2010).

Brisant: Grosse Teile dieser Eregbnisse stammen gerade aus den Studien, die vom Hersteller zunächst nicht veröffentlicht wurden. Und deswegen sei auch erst jetzt eine sinnvolle Analyse des Arzneimittels möglich, vorher seien seitens des Herstellers Pfizer nur einen Bruchteil der vorhandenen Daten zur Verfügung gestellt worden.

Das IQWiG gab an, von mindestens 16 Studien mit insgesamt 4600 Patienten habe Pfizer nur sechs Untersuchungen vollständig herausgegeben.

Nach Angaben von www.sueddeutsche.de handelt es sich dabei wohl um keinen Einzelfall, aber insgesamt einen sehr gravierenden: Selektiv nur die Studien zu veröffentlichen, die positive Ergebnisse liefern, sei eine der häufigsten und tückischsten Fehlerquellen in der Medizin. Die Wirkung von Therapien und Diagnostik werde dadurch überschätzt – im Fall Reboxetin massiv. Experten vermuten, dass die Hälfte aller begonnenen klinischen Studien nicht in die Öffentlichkeit gelangt. Nicht nur die Industrie, sondern auch unabhängige Forscher neigen dazu, nicht zu publizieren, was ihnen nicht gefällt – zum Schaden der Patienten und Beitragszahler.


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