Media-Analysen ab sofort auf Basis der aktuellen Bevölkerungsstatistik: Reichweitenvergleiche nur sehr eingeschränkt möglich

Die Arbeitsgemeinschaft MediaAnalyse (agma) veröffentlicht am 22. Juli erstmalig parallel die Ergebnisse dreier großer Mediengattungen: die ma 2015 Radio II mit den Reichweiten der Radiosender und ihrer Vermarktungskombinationen, die ma 2015 Pressemedien II mit den Reichweiten der Publikumszeitschriften und die ma 2015 Tageszeitungen. Zwei wichtige methodische Neuerungen sorgen dafür, dass die Reichweiten der aktuellen Media-Analyse nicht direkt mit denen vergangener Media-Analysen vergleichbar sind. Tatsächliche Marktveränderungen sind dadurch nur eingeschränkt sichtbar.

Ab sofort ist die neue amtliche Bevölkerungsstatistik die Hochrechnungsbasis aller ma-Erhebungen. „Der neue Mikrozensus wird sich spürbar auf die absoluten Reichweitenzahlen auswirken,“ so agma-Geschäftsführer Olaf Lassalle: „Es ist unabdingbar, dass alle Marktpartner sorgfältig zwischen dem methodisch bedingten Zensus-Effekt und den tatsächlichen Veränderungen der Mediennutzung zu unterscheiden wissen.“ Denn in Deutschland leben nach Angaben des Statistischen Bundesamtes rund 1,3 Millionen (-1,8 Prozent) weniger Menschen als bisher angenommen (Basis: deutschsprachige Bevölkerung ab 10 Jahre). Dieser Rückgang variiert stark nach Bundesländern, Gebieten, Altersgruppen und Bildung. Dementsprechend würden die absoluten Reichweiten selbst dann sinken, wenn sich das Leseverhalten und die Radionutzung in Deutschland seit der letzten ma überhaupt nicht verändert hätten. „Nur weil weniger Menschen in Deutschland leben, gibt es nicht plötzlich weniger Leser und Radiohörer als im Vorjahr,“ so Olaf Lassalle weiter. Aufschluss über die tatsächlichen Veränderungen der Mediennutzung in Deutschland lässt sich tendenziell aus der Entwicklung der prozentualen Reichweiten ableiten! Ein Beispiel: Eine erfolgreiche Zeitschrift, die ihre „echte“, prozentuale Reichweite im Vergleich zur letzten ma um 1,5 Prozentpunkte steigern kann, würde in absoluten Zahlen sogar Leser verlieren – einzig, weil die Gesamtbevölkerung um 1,8 Prozent geschrumpft ist. Überdies können die Abweichungen zwischen dem „alten“ und dem „neuen“ Mikrozensus je nach Region und Zielgruppe sehr unterschiedlich ausfallen. Der Zensus-Effekt lässt sich also nicht pauschal „verrechnen“. Einige Beispiele: Deutschland ist gebildeter und „weiblicher“ als bisher angenommen – während in der aktuellen Statistik eine Million weniger Menschen mit Hauptschulabschluss auftauchen, ist die Zielgruppe mit Fach-/Hochschulreife um 115.000 Menschen größer als bisher angenommen. Der Frauenanteil in der deutschsprachigen Bevölkerung hat die 51-Prozentmarke überschritten. In der Zielgruppe zwischen 40 und 49 Jahren zählt der neue Zensus 5,7 Prozent weniger Menschen. Dafür gibt es trotz schrumpfender Gesamtbevölkerung fast ein Prozent mehr 50- bis 59-Jährige als bislang angenommen. Bereits diese wenigen Zahlen machen deutlich: Ein Vergleich zu früheren Media-Analysen ist nur sehr eingeschränkt möglich.

Zum Hintergrund des neuen Mikrozensus: Die letzte Volkszählung fand in Westdeutschland 1987 statt, in Ostdeutschland stammten die letzten Zahlen aus dem zentralen Einwohnerregister der DDR mit Stand Oktober 1990. Im Rahmen der Europäischen Union sind Volkszählungen alle zehn Jahre vorgeschrieben. Als Ersatz einer Volkszählung, die hohe Kosten verursacht hätte, wurde daher im Jahr 2011 eine sogenannte registergestützte Erhebung durchgeführt, d.h. es wurde auf bereits vorhandene Daten der öffentlichen Verwaltung zugegriffen (z.B. Einwohnermelderegister, Erwerbstätigendaten der Bundesagentur für Arbeit). Aus diesen Datenquellen erstellte das Statistische Bundesamt eine einheitliche Datenquelle: den Zensus 2011. Die Daten des Zensus 2011 fließen nun auch in weitere Datenbestände des Statistischen Bundesamtes ein – wie den Mikrozensus. Damit werden die Zahlen des Mikrozensus erstmalig auf Basis Zensus 2011 fortgeschrieben. Der Mikrozensus liefert wiederum die Vorgaben für die Hochrechnung aller Media-Analysen. Die neuen, detaillierten Bevölkerungsdaten standen erstmals für die jetzt veröffentlichten Media-Analysen zur Verfügung. Aufgrund der veränderten Hochrechnungsbasis sind Vergleiche mit älteren Media-Analysen nur eingeschränkt möglich. Bei Reichweitenveränderungen ist deshalb kaum zu unterscheiden, ob es sich um eine veränderte Mediennutzung (Markteffekt) oder um einen Methodeneffekt (geänderte Hochrechnungsgrundlage bzw. Mobilfunkstichprobe bei Radio) handelt.

Die ma 2015 Radio II wurde in zweierlei Hinsicht optimiert. Zum einen ist sie die erste Reichweitenuntersuchung mit Dual Frame Ansatz, d.h. erstmals wurden Befragte nicht nur auf dem Festnetz, sondern auch auf dem Handy angerufen. Zum anderen wurde die Anzahl der Befragten in der jungen Zielgruppe zwischen 20 und 49 Jahre erhöht, da diese Altersgruppen per Festnetz schwer erreichbar sind und deshalb in der Stichprobe bisher leicht unterrepräsentiert waren. Die Befragtenstrukturen von Festnetz- und Mobilstichprobe ergänzen sich ideal und erhöhen damit die Repräsentativität der Gesamtstichprobe. „Mit diesen methodischen Verbesserungen bildet die ma 2015 Radio II die Radionutzung noch zuverlässiger ab als bisher“, so Dieter K. Müller, Vorstand Radio der agma: „So schaffen wir eine noch validere Basis für die Radioplanung – sowohl in Bezug auf die Gesamtbevölkerung als auch für junge Hörerzielgruppen.“ Für die ma 2015 Radio II wurden über beide Erhebungswellen verteilt rund 8.000 Interviews über Mobilfunk-Nummern durchgeführt. Das sind rund 20 Prozent der Basisstichprobe. Insgesamt wurden für die aktuelle Radioreichweitenstudie 81.371 Menschen befragt. www.agma-mmc.de


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