„Ein Krimi ist ein Klacks dagegen“, sagt Mara Cromer und nimmt einen Schluck von ihrem Kaffee. „Das war so kriminell, was damals passiert ist. Ich habe immer gesagt: ‘Das glaubt uns niemand!’“ Nicht oft spricht die Rentnerin über den Verlust ihres Mannes und MCM. Zu tief sitzt der Schmerz.
Sie ist sich jedoch sicher, dass sie das Lebenswerk ihres verstorbenen Gatten Michael Cromer irgendwann zurückerkämpfen wird. Seit zwei Jahren wird der Fall MCM wieder aufgerollt. Ein Fall, der genügend Stoff für einen Hollywood-Streifen bietet. Auf Focus Online lesen.
Mara Cromer entwarf das MCM-Logo
Alles begann 1986 mit dem Umzug von Michael und Mara Cromer nachMünchen. Er legte als DJ in Nachtclubs auf und feierte mit der Münchner Schickeria. Stars wie Uschi Glas, Iris Berben und Curd Jürgens gehörten zu seiner Clique. In kleineren Schauspielerjobs lernte er die Reichen und Schönen kennen und schloss Freundschaften.
Mara, Tochter eines Friseur-Weltmeisters, eröffnete 1972 in der Kurfürstenstraße einen Friseursalon. „Modern Coiffeur München“ nannte sie ihn und entwarf eigenhändig das Logo dafür. „Als ich meinen Friseursalon eröffnet habe, sagte ich zu meinem Mann: ‘Michael aus unseren Initialen MC müssen wir ein Logo machen!’ Dann habe ich die verschiedenen Buchstaben hin und her gedreht und irgendwann MCM erhalten.”, erzählt Mara Cromer im Interview mit FOCUS Online.
Sogar die Rolling Stones kamen vorbei
“MCM ist auch die Römische Zahl für 1900. Das fand ich schön, und mein Mann Michael hat die Lorbeerblätter hinzugefügt“, sagte Mara Cromer über die Erfindung des berühmten Logos. Das Logo sollte bald nicht nur auf der Fensterscheibe ihres Salons kleben, sondern auch eine von Michael Cromer designte, fünfteilige Taschenserie zieren.
Er stellte seine Kollektion im Salon seiner Frau aus. Und, weil der immer erfolgreicher wurde und sich sogar Welt-Stars wie die Rolling Stones dort die Haare schneiden ließen, fanden auch die Taschen bald Anklang in der Szene. 1976 gründete Michael Cromer die „Moderne Creation München GmbH“ und produzierte Koffer aus cognacfarbenem Leder.
Sammy Davis Jr. verhalf MCM zum Durchbruch
Als Sammy Davis Junior bei einem München-Besuch die Koffer in einem Hotel ausgestellt sah, kam das Geschäft endgültig ins Rollen. „Get me this guy with the yellow bags!“ (dt: „Hol’ mir den Typ mit den gelben Taschen!“) soll er gerufen haben, und die Hotelangestellte besorgte ihm Michael Cromer. Noch am selben Abend kaufte Sammy Davis Junior Gepäckteile im Wert von 40.000 D-Mark und brachte MCM so in die Medien.
Das war der Anfang eines Hypes, der vorerst nicht mehr zu bremsen war. 400 Dependancen weltweit, ein Jahresumsatz von 500 Millionen D-Mark und Persönlichkeiten wie Lady Diana oder Cindy Crawford als treue Kunden – aus dem Familienunternehmen MCM wurde in kürzester Zeit eine Weltfirma.
„Wir haben mit 30.000 geliehenen D-Mark von meinem Vater und einemKreditvon elf Millionen D-Mark angefangen und haben es zu einer Weltfirma geschafft – ohne Investoren“, erzählt Mara Cromer und fügt hinzu: „Das soll uns heute jemand nachmachen“.
Der damalige Eintritt in den asiatischen Markt war für Michael Cromer einer seiner größten Erfolge und Misserfolge zugleich. MCM war in Asien so erfolgreich wie nirgendwo sonst. Trotzdem betrieb einer der asiatischen Lizenznehmer einen Graumarkt. Er verkaufte Original-Taschen an Tankstellen und Discountmärkten weit unter ihrem Wert. Dieser Asien-Graumarkt wird heute oft als Grund für den Konkurs der Firma genannnt.
Unter Druck – Cromer flieht in die Schweiz
„Wir haben nie Konkurs gemacht, nie! Das haben damals die Leute aus der Schweiz gemacht, die alles geplant hatten. Die waren nicht an der Firma inMüncheninteressiert, sondern an der Marke MCM und haben die Firma betrügerisch in den Konkurs geschickt“, erzählt Mara Cromer empört über die Konkurs-Schlagzeilen ihrer Firma.
Mit „Leuten aus der Schweiz“ meint Mara Cromer die neuen Besitzer ihrer Firmanach der Verpfändung ihres Unternehmens. Eine anonyme Steueranzeige im Jahr 1995 bezichtigte Familie Cromer der Steuerhinterziehung in Höhe von 80 Millionen D-Mark. Im Jahr darauf folgte die Steuerfahndung im Münchner Büro. Michael Cromer geriet unter Druck und flüchtete in die Schweiz. Die Banken wurden nervös und verweigerten neue Kredite. Für mehr Sicherheit stellten sie einen Sanierer ein, dessen erste Tat es war, Michael Cromer als Geschäftsführer zu entlassen. “Danach ging es Schlag auf Schlag”, sagt die Witwe rückblickend.
Wurde Konkurs absichtlich herbeigeführt?
Mara Cromer fasst die folgenden Jahre bis zum Konkurs zusammen: „Der Sanierer und der zukünftige Besitzer aus der Schweiz kannten sich und spielten ein gemeinsames Spiel. Interesse an der Münchner Firma gab es keine, nur an der Marke MCM. Die Banken forderten eine gesonderte Verpfändung aller MCM-Markenrechte und eine Übertragung der Markenrechte an einen Treuhänder. Der Treuhänder arbeitete zusammen mit dem Firmensanierer, und ernannte diesen als Alleingeschäftsführer.
Als es um den Verkauf der Firma ging seienalle Investoren der Familie Cromer abgelehnt worden, darunter auch ein Investor, der 80 Millionen D-Mark geboten hätte. Im Oktober 1997 verkauften die Treuhänder die Markenrechte und GmbH-Anteile für eine Million D-Mark in die Schweiz. “Daraufhin wurde die Firma absichtlich in den Konkurs geschickt, um das Unternehmen in München zu zerstören“, klagt Mara Cromer an.
Mara Cromer: „Wir haben nichts Falsches gemacht“
Im Jahr 2000 wurde Michael Cromer wegen Steuerhinterziehung zu einer Summe von 800.000 D-Mark und zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Schuld sei laut Mara Cromer die falsche Beratung des damaligen Steuerberaters gewesen, der Michael Cromer empfahl, seine Hausangestellten anstatt privat, über die Firma zu bezahlen. Die 800.000 D-Mark wurden sofort bezahlt. Die Firma wurde Michael und Mara Cromer trotzdem genommen.
Auf einen Schlag standen sie mit nichts da. Ohne finanzielle Mittel hatten sie keine Chance die Firma zurückzukaufen. Die Schickeria wandte sich ab. Vieles verjährte einfach. Michael Cromer starb 2007 den Folgen des tragischen Verlusts seines Lebenswerkes.
„Wir haben nie etwas Falsches gemacht und trotzdem wurde uns alles genommen“, sagt Mara Cromer, die von einer kleinen Rente lebt, heute über den Prozess. Im Nachhinein wisse sie auch, dass der damalige Lizenznehmer, der den Graumarkt in Asien betrieben hatte, hinter all dem steckte.
Fall MCM wird neu aufgerollt
Erst vor zwei Jahren fiel der Fall MCM einem Münchner Anwalt auf, der den damaligen Rechtsprozess als sittenwidrig empfand. „Sittenwidrigkeit verjährt nicht und ein Urheberrecht kann man weder verpfänden noch verkaufen. Das wird gerade vorbereitet und ich bin guter Dinge. Man muss Zeit haben, aber irgendwann bekomme ich mein Happy End und die Rehabilitierung meines Mannes“, sagt Frau Cromer.
Vom Rechtsstreit wünscht sie sich auch eine Abfindung und damit Sicherheit fürs Alter. Die Rehabilitierung ihres Mannes ist noch heute der Antrieb in Mara Cromers Leben. „Das hat mich am Leben gehalten. Ich sage mir immer: ‘Das kann nicht alles gewesen sein, was die uns angetan haben. Da muss noch was kommen!’“ Und fügt hinzu: „Mit dem Happy End kommt dann auch ein Film mit der ganzen Wahrheit auf den Markt – besser und spannender als jeder Krimi.“ Einige Freunde in Hollywood sind den Cromers nämlich bis heute geblieben. Beitrag lesen und mehr Bilder sehen auf Focus Online.