Roll Pignault & Mathieu Pesqué |
Es ist ihr erster größerer musikalischer Ausflug ins Ausland. Acht Tage touren sie durch die Niederlande und Belgien und sind sehr angetan von dem offenherzigen Publikum und der Sympathie, die ihnen bei jedem ihrer Konzerte entgegenschlägt. Und das obwohl sie hier quasi Nobodys sind. Heute Abend sind sage und schreibe 125(!)zahlende Gäste im Saal. In ihrem Heimatland Frankreich sind sie längst über den Geheimtippstatus hinaus gewachsen: Mathieu Pesqué (Gitarren und Gesang) & Roll Pignault (Harmonika und Backgraoundgesang). Warum? Erstens ist die CD bestens produziert und gibt ziemlich genau das wieder, was die Beiden auch live zelebrieren: Authentische, handgemachte, akustische Musik, teils mit Blues- Klassikern wie «Stag O´Lee», «Born Under A Bad Sign», «Last Fair Deal Gone Down» oder «I Can’t Be Satisfied» oder auch Eigenkompositionen wie «Blues Bound» oder «Melone Hut». In den Konzerten gesellen sich noch Titel wie «Stand By Me» oder «Hit The Road Jack» hinzu. Die beiden Musiker verstehen es durch ihre dichte Performance, das Publikum in andächtigem Lauschen zu fesseln. Im Saal ist es für niederländische Verhältnisse mucksmäuschenstill. Das Gitarrenspiel von Mathieu Pesqué gehört zum Feinsten, was ich auf diesem Sektor bisher live erleben konnte, egal, ob im Picking auf seiner wunderbar perlend klingenden Martin- Gitarre oder ob im Slidespiel auf seinem Guild- Sechsaiter, die er quasi als Lapsteelgitarre spielt, und dann immer wieder diese Stimme, die mich seit ich sie zum ersten Mal gehört habe, immer wieder verzaubert. Mathieu wirkt sehr introvertiert, ja, beinahe schüchtern, beweist aber immer wieder in seinen Zwischenansagen einen staubtrockenen Humor. Ganz anders und damit das perfekte Gegenstück zu Mathieu, der im Übrigen auch schon mit renommierten Leuten wie Nico Wayne Toussaint gearbeitet hat, ist Roll Pignault. Er ist das, was man landläufig als „Rampensau“ bezeichnet. Musikalisch ist er mit seinem Harpspiel und seiner Backgroundstimme ein ebenbürtiger Partner und rundet somit das Gesamtsoundbild ab. Beide spielen im Sitzen, nur Roll reißt es manchmal buchstäblich vom Hocker, er geht ganz auf in seinem ausgewogenen und filigranen Spiel. Konzerte von Mathieu Pesqué & Roll Pignault leben in einer eigenen emotionalen Atmosphäre. Ihre Interpretationen der oben genannten Klassiker tragen sehr viele Eigenanteile in sich, wer also bei Anblick der Setlist glaubt, dass er das alles kennt und es schon zum hundert-x-ten Mal gehört hat, was ja auch stimmen mag, wird beim Anhören der Versionen dieser beiden Künstler sicher gleich um mehrere „Aha“- Erfahrungen reicher. Das Konzert wird keine Sekunde langweilig, Mathieu weiß, wie man Spannungsbögen aufbaut und das tut er instinktiv. Die Setlist ist jeden Abend anders gestaltet. So aus dem Bauch, so nach Gefühl. Im Moment arbeiten die Beiden im Studio an einem weiteren Album, das noch in diesem Jahr erscheinen soll. Darauf sind dann auch einige der Titel, die heute live am Publikum ausgetestet werden. Dabei sind wunderbare Balladen, die Mathieu geschrieben hat und teilweise auch für Roll Premieren sind. Für September 2011 ist eine weitere kleine Tour durch die Niederlande geplant, vielleicht mit einigen Abstechern über die Grenze nach Deutschland. Wir arbeiten daran. Fazit: Auch wenn Mathieu Pesqué & Roll Pignault in hiesigen Landen so gut wie unbekannt sind, sollte man versuchen, eines ihrer wirklich wunderbaren Konzerte zu sehen und zu genießen. Also unbedingt nicht verpassen. Man sieht sich also… Text und Fotos (c) 2011 Tony Mentzel |