Massenaufstand – aber richtig!

Ja, irgendwie kriegen sie schon kalte Füße, die herrschenden Eliten, die sich jedes Jahr auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos treffen. “Die globale Elite fürchtet den Aufstand der Massen” titelt heute die Welt. Warum auch nicht: Die globalen Eliten hat ja in den vergangenen Jahren allerhand dafür getan, dass die Massen weltweit nichts mehr zu lachen haben.

Arbeitslosigkeit und die daraus resultierende Armut werden von den Entscheidern durchaus als sozialer Sprengstoff wahrgenommen – insbesondere, da vor allem junge Menschen betroffen sind, die ihre Frust vielleicht auch mal auf der Straße ablassen. „Eine Generation, die ihr Berufsleben in kompletter Hoffnungslosigkeit startet, wird eher populistischen Politikern Glauben schenken und wird ihr ganzes Berufsleben über auf die grundlegenden Qualifikationen verzichten müssen, die früh im Berufsleben entwickelt werden”, heißt es in der Umfrage. “Menschen, ganz besonders die Jungen, müssen produktiv beschäftigt werden, andernfalls werden wir erleben, dass das soziale Gefüge auseinanderreißt.”

Nun fände ich persönlich es gar nicht so schlecht, wenn die jungen Leute statt in Hoffnungslosigkeit zu versinken, tatsächlich einmal das soziale Gefüge auseinanderreißen würden, das sie um ein schönes Leben bringt. Nur müsste dann erst mal klar sein, wie denn ein schöneres Leben aussehen soll. Und da habe ich bei der jetzt ins Arbeitsleben startenden Pflichterfüller-Generation durchaus Zweifel – die armen jungen Menschen heutzutage sind ja in einer Welt aufgewachsen, in der man schon als links gilt, wenn man sich nicht ausdrücklich zur Leistungs- und Konkurrenz-Ideologie des alles durchdringenden Neolieberalismus bekennt. Die Leute nehmen Ritalin, um ein gnadenlos vollgestopftes Turbo-Studium bewältigen zu können, lassen sich jahrelang in schlecht oder gar nicht bezahlten Praktika ausbeuten, um dann irgendwann als höchstes der Gefühle einmal einen richtigen Job zu kriegen, von dem man endlich selbst die viel zu hohe Miete bezahlen kann und natürlich das neue Smartphone inklusive Internet-Flat. Das tröstet über vieles hinweg – da braucht man kein Auto und auch kein Fahrrad mehr, um sich in den endlosen Weiten des Internet die Zeit zu vertreiben.

Es ist schon interessant, dass die Davos-Heinis befürchten, dass populistische Politiker Zulauf erhalten werden – dabei gibt es eigentlich keine anderen. Kann man ja gerade im Populismuswettlauf der Koalitionsverhandlungen von CDU und SPD sehr schön beobachten. Und schon die kleinsten sozialen Trostpflaster, die angesichts der kommenden Verarmungsprogramme für die Massen ins Gespräch gebracht werden, also ein paar Euro Mindestlohn hier, ein paar Euro Mütterrente dort, werden von der Wirtschaft, die gern noch weniger Steuern zahlen und noch mehr Profit machen will, als „rückwärtsgewandt“ und, genau: „populistisch“ gebrandmarkt. Dabei ist weder von der SPD, noch von der CDU, ja nichtmal von CSU oder den Linken irgendetwas zu erwarten, dass die herrschende freiheitlich-demokratische Grundordnung auch nur ansatzweise gefährden würde. Und deshalb sehe ich auch keinen Aufstand der Massen heraufdämmern – gegen was sollen die denn aufstehen?! Gegen ein System, das man ihnen als alternativlos verkauft?

Wer darauf setzt, dass Massenaufstände zu irgendwelchen Verbesserungen für die Armen, die Unterdrückten, die Masse der Menschen führen könnten, soll sich doch bitte einmal ansehen, was aus den Ländern geworden ist, in denen vor gar nicht so langer Zeit der arabische Frühling bejubelt worden ist. Massenhaft Massenaufstände!

Und was ist dabei rausgekommen? Die Massen haben jetzt einen langen, dunklen arabischen Herbst vor sich – mit noch mehr Armut, Unfreiheit, Unterdrückung und Ungleichheit als zuvor. Insofern ist es schon richtig, sich vor zunehmenden sozialen Spannungen zu fürchten – nur sollte man dabei im Kopf haben, dass die Motive der globalen Eliten dabei ganz andere sind, als die derjenigen, die das Elend am Ende erleiden müssen. Und das muss denjenigen, die ihre Lebenssituation mit einem Massenaufstand zu verbessern hoffen, auch erstmal klar werden: Es ist Unsinn, mehr Demokratie, Freiheit, Gerechtigkeit oder einfach mehr Geld zu fordern. Das geht immer nach hinten los.

Viel interessanter wäre die Forderung, verdammt nochmal ohne Geld leben zu können, ohne einen Arbeitsplatz, den ein gnädiger Ausbeuter bereitstellt, ohne diese beknackten Eliten, die sich auf Weltwirtschaftsforen bei Schampus und Häppchen darüber verständigen, wie sie aus den Massen noch mehr Profit holen können und gleichzeitig ein bisschen Appeasement betreiben, weil sie kapieren, dass sie die Massen dann doch irgendwie bei der Stange halten müssen. Denn ganz ohne Hoffnung darf man die Menschen ja auch nicht lassen, wenn man noch was von ihnen will.



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