Auf dem Weg vom Nakumatt zurück ins Hostel, begegne ich einer Angestellten von den Nyali Chalets. Doch, doch, meint sie, Massai würde noch leben, erst gestern hätte er es zum wiederholten Male versucht zurück zu kommen, wäre aber von Thursday dem Nachtwächter verprügelt worden, als Erziehungsmassnahme gewissermassen, damit er wisse, dass er nicht mehr erwünscht sei und nicht mehr wiederzukommen bräuchte.
Ich mache mich sogleich auf die Suche, laufe alle Nebenstrassen ab und irgendwann finde ich ihn zusammengekauert im Gras liegend nahe einer Kreuzung. Er ist in einem erbarmungswürdigen Zustand, und es dauert eine Weile bis er mich erkennt, dann aber springt er auf und läuft laut wimmernd auf mich zu, so auf die Art, schau her was sie mir angetan haben. Übel ist er zugerichtet, er läuft auf drei Beinen, die rechte hintere Pfote hochgezogen, zahlreiche Prellungen und blutende Wunden, einige scheinen Bisswunden zu sein, wahrscheinlich von wilden Strassenhunden zugefügt. Er ist abgemagert, kein Wunder, er kriegt ja nix zu fressen. Von nun an soll Massai mir nicht mehr von der Seite weichen, jedenfalls dies so lange, bis er von mir verraten werden wird. Trotz der Schmerzen humpelt er auf drei Beinen neben mir her und ich habe Mühe ihn davon abzuhalten mir in den Supermarkt zu folgen. Er wartet am Hinterausgang, während ich für ihn einkaufe und die Angebote studiere. Die billigste Dose Hundefutter ist mit 108 Schilling die Dose auch nicht gerade billig.
Dann werde ich von einem Kenianer angesprochen: " Oh, you take care of the dog "? Yes, sage ich und schaue weiter nach Hundefutter. "Don´t you remember me"? fragt er und ich schaue ihn prüfend an, habe den Kerl noch nie gesehen.
"It´s me, I am working at the same place, where you stay," sagt er. Es macht Klick bei mir, das ist ein bekannter Scam.
So tun als würde man sich kennen, darauf spekulierend dass der Weisse sich schwarze Gesichter nicht merken kann (welches stimmt, ich kann mir allerdings auch keine weissen Gesichter merken), dann nach Geld fragen, weil man gerade nicht flüssig sei, aber man würde es später dann natürlich, "at our place" zurück geben. Ich lasse ihn stehen, sehe noch aus den Augenwinkeln wie er eine ältere weisse Dame, die das Katzenfutter inspiziert ansabbert und laufe zur Kasse. Ich bin dann doch überrascht ihn noch mal wiederzusehen, er labert mich vor der Apotheke an wo ich Antibiotika Salbe kaufe und er fragt mich ob ich ihm kurz Geld leihen könnte, er müsste dringend Antimalariamittel kaufen, er würde es mir später "at our place" zurück geben. Als ich ihn frage wo denn "our place" sei, weiss er keine Antwort.
"My dear friend", sage ich, die Augenbraue hochgezogen (diese Anrede habe ich von meiner Mutter übernommen und bedeutet bevorstehendes Unheil), "my dear friend, if you follow me, I´ll ask my dog, who is waiting for me outside, to bite your balls off" und er hat verstanden und wir gehen getrennte Wege. Gut, dass er das Häufchen Unglück auf drei Beinen nicht gesehen hat, welches draussen auf mich wartet. Ich zeige Massai den Weg zu unserem neuen Heim, wie selbstverständlich, spazieren wir gemeinsam hinein und überraschenderweise brauche ich nur kurze Überzeugungsarbeit, der Hund wird schliesslich als Gast aufgenommen als ich hoch und heilig verspreche, dass ich höchstselbst jeglichen Dreck und Absonderungen entferne, aber Massai ist gut erzogen, er weiss, dass er sich benehmen muss und das tut er auch. Er ist freundlich zurückhaltend zu jedem, bettelt niemanden für essen an und liegt meistens zusammengekauert auf der schattigen Veranda. Die Verbote hat er schnell kapiert, nicht ins Hauptgebäude, nicht aus dem Pool saufen (das Chlor), und er benimmt sich tadellos, der Hund will nichts weiter als ein Ort wo er leben kann. Zum Scheissen und pinkeln geht er abseits ins Gebüsch, nur an seiner Affen- und Katzen Toleranz Grenze muss er noch arbeiten, ab und zu sieht man ihn wie er dreibeinig einen Affen über die Wiese jagt. Es geht ihm von Tag zu Tag besser, er erholt sich, die Antibiotika Salbe und die Selbstheilungskräfte wirken und ich habe Hoffnung, dass er in dem Hostel als Wachhund bleiben darf wenn ich demnächst weiterziehe.