Von Tanja Heil (Westdeutsche Zeitung)
Mit viel Humor mimt Sabine Henke das berühmteste Kindermädchen der Welt.
Cronenberg. Die Eltern schwelgen in Erinnerung, summen das “Chim Chimini” vor sich hin und genießen die opulente Ausstattung. Die Kinder sind begeistert von den raffinierten Effekten und den verrückten Einfällen des Kindermädchens.
Mit “Mary Poppins” als Weihnachtsstück hat das TiC-Theater die Herzen auf seiner Seite. Bühnenbildnerin Sandra Beckmann beweist wieder viel Raffinesse, indem sie durch Auf- und Zuklappen und Hin- und Herschieben verschiedener Kulissenteile drei unterschiedliche Räume auf der engen Bühne darstellt.
Kleine Zaubereien begeistern die Gäste in Cronenberg
Fliegen lassen kann sie Mary Poppins zwar nicht – in Cronenberg drehen sich die Figuren stattdessen im Halbdunkel wirbelnd um sich selbst und entkleiden sich, um dann in neuem Kostüm in einer anderen Welt zu landen.
Doch das zauberhafte Zimmeraufräumen klappt schon ganz gut: Tatsächlich fliegen Ball und Buch wie von Geisterhand bewegt ins Regal, Kasper und Krokodil zanken sich in der Schublade. Auch der lange, stabile Hutständer, den Mary Poppins aus ihrer mäßig großen Reisetasche zieht, beschäftigt die kleinen Zuschauer noch lange.
Talentierter Nachwuchs: Giuliana Dziewas und Jan-Niklas Abendroth
Geschickt überbrückt Regisseurin Meike Niemeyer Umbauzeiten oder bühnentechnische Unmöglichkeiten. Die außer den beiden Dauerbrennern “Superkalifragelistisch” und “Chim Chimini” von Stefan Hüfner einfühlsam komponierte Musik sowie die historisch gehaltenen Kostüme von Gela Banerjee tragen ihren Teil dazu bei.
“Mary Poppins” dauert zwei Stunden mit Pause. Die Aufführungen bis Weihnachten sind weitgehend ausgebucht.
Sabine Henke spielt Mary Poppins mit viel Selbstbewusstsein und Humor. Strenge nimmt man ihr kaum ab, dafür aber viel Welterfahrung und Freude an der Überraschung. Iljas Enkaschew findet für jede der von ihm dargestellten Figuren einen eigenen Tonfall, wobei der sozialkritische Aspekt der Klassenunterschiede hier nicht zum Tragen kommt.
Ilka Schäfer zeigt als Mrs.Banks sehr schön den Unterschied zwischen der Vertretung der Frauenrechte in der Frauengruppe und der selbstverständlichen Unterwerfung vor ihrem Mann zu Hause, während Michael Kensy als Mr. Banks vollkommene Ignoranz ausstrahlt.
Die Kinder-Darsteller Giuliana Dziewas und Jan-Niklas Abendroth ergänzen das hervorragende Schauspiel-Ensemble. Der Kakao mit zwei Strohhalmen und das “Vogelfutter”, die während der Pause passend zum Stück angeboten werden, dehnen das Erlebnis auf alle Sinne aus.
Regie: 4/4
Bühne: 4/4
Ensemble: 4/4