Meine Frau ist clever.
Das ist gut für sie und – meistens
Ein Beispiel: meine Frau wusste aus Erfahrung, dass es eine sehr gute Idee wäre, nach Marokko zu fahren. Sie machte sich aber auch keinerlei Illusionen darüber, dass ich freiwillig mitkommen würde.
Die Gründe für mein Sträuben, nahezu alle nordafrikanischen Länder betreffend, sind schnell erklärt: sie haben im Wesentlichen mit schlechten Erfahrungen aus einem Hurghada-Urlaub zu tun, der nun nahezu zwei Jahrzehnte zurück liegt.
Der ist mir allerdings in lebhafter Erinnerung geblieben: zum einen aufgrund der phänomenal aufdringlichen Händler. Und zum anderen durch einen, mit dem Typhus verwandten, Virus, der sich am Abend vor der Abreise zurück nach Deutschland in meinem Darm mit großem Getöse bemerkbar machte. Ich erspare Euch die Details. Nur soviel: mitten in der Nacht mit hohem Fieber und einem massiven Magen-Darm-Infekt am, zur damaligen Zeit mit “rudimentär” sehr freundlich beschriebenen, Flughafen von Hurghada zu sitzen (bzw. zu liegen) und festzustellen, dass in den Toiletten nicht nur zehn Zentimeter hoch das Wasser steht sondern darüber hinaus ein, statt mit Zähnen mit stoischer Ruhe ausgestatteter, Greis das Toilettenpapier blattweise für jeweils eine DM verkauft, gehört nicht zu meinen bevorzugten Urlaubserinnerungen.
Was das Ganze mit Marokko zu tun hat? Ganz einfach: ich wollte nicht hin.
Nun begab es sich, dass meine Frau 40 Jahre alt wurde und mir ganz unschuldig eröffnete, sie würde gerne ihren Geburtstag im Rahmen einer schönen Reise begehen. Ich könne entscheiden wo es hingehen soll. Sie hatte auch schon eine Vorauswahl getroffen, nämlich entweder eine Kreuzfahrt in den Norden, eine Kreuzfahrt auf dem Nil oder eine Rundreise durch Marokko. Nun verbietet es mir meine gute Erziehung, lieben Menschen ihre Geburtstagswünsche abzuschlagen. Und da ich auf Kreuzfahrten nachgewiesenermaßen allergisch reagiere, waren die Würfel gefallen: es sollte Marokko werden.
Rückwirkend könnte ich meiner Frau für ihre kleine List nicht dankbarer sein. Denn wie es sich herausstellte, ist Marokko ein wunderbares Land. Dieser Urlaub zählt zu den erholsamsten und insgesamt positivsten Reisen unserer, an Urlaubs-Highlights nicht eben armen, Familien-Historie. Und damit bin ich auch schon bei dem Grund, warum auf meinem kleinen Koch-Blog plötzlich ein Reise-Bericht zu finden ist (was nicht zur Regel werden soll): diese Reise war nicht nur außergewöhnlich und schön. Sie hat uns so viele positive Erlebnisse beschert und, insbesondere bei mir, so viele Vorurteile und Klischees abgeräumt, dass ich Euch unbedingt davon berichten möchte.
Los geht’s:
1.1 Nach Marokko
Erstaunlicherweise fliegen gar nicht so viele Fluggesellschaften direkt nach Marrakesch. Von Köln aus ist Ryanair der einzige Anbieter. Andere fliegen überraschende Umwege, die die Reisedauer in mitunter absurde Dimensionen ausdehnen.
Der Flughafen von Marrakesch liegt erfreulich zentral. Ein Taxi in die Altstadt ist für unter 10 Euro zu haben, der Abholservice der Riads kostet ein paar Euro mehr. Dennoch lohnt sich das Geld, denn die meisten Unterkünfte in der Altstadt liegen für Autos unzugänglich. Wählt man also den Abholservice, wartet am Eingang der Altstadt im besten Fall bereits der Gastgeber nebst Koffer-Service und geleitet einen durch das Gewusel zur Unterkunft.
1.2 In Marrakesch
Bei einem Riad handelt es sich um ein großes Stadthaus, das um einen großzügigen Innenhof herum konzipiert ist und – in der Regel – keine Fenster nach außen hat. Alle Fenster gehen zum Innenhof. Das ganze Konzept ist darauf ausgelegt, eine Oase der Ruhe und der Abgeschiedenheit in der quirligen Stadt zu schaffen. Tatsächlich vergisst man, sobald man den Riad betreten hat, nahezu augenblicklich, dass man sich in einer nordafrikanischen Metropole mit 3 Millionen Einwohnern aufhält. Die Geräusche der Stadt bleiben ebenso draußen wie Staub und, zumindest ein Teil, der Hitze.
Wir steuern den Riad Azzouna 13 an. Diese Entscheidung erweist sich schnell als Volltreffer. Der Riad ist wunderschön. Er liegt perfekt, nur wenige Gehminuten von Souks und dem Platz der Gehängten entfernt. Und unser Gastgeber ist hilfsbereit, freundlich und immer zu einem Spaß mit dem kleinen Mann aufgelegt. Wir fühlen uns sofort pudelwohl.
Nach einem Pfefferminztee begeben wir uns uns auf die erste Erkundungs-Tour.
Die Altstadt von Marrakesch ist sehr (!) wuselig. Die Strassen sind eng, die Zahl der Händler ist unüberschaubar und die Fahrzeuge, mit denen die Einwohner in den kleinen Gassen unterwegs sind, sind so zahlreich wie unterschiedlich. Sie reichen von Eselskarren über Fahrräder sowie mitunter sehr große Handkarren bis zu einem Bienenschwarm gleichen Gewusel von Mopeds und Motorrädern. Diese werden von ihren Besitzern grundsätzlich mit, für die Situation, völlig unangemessener Geschwindigkeit bewegt. Die einzig akzeptierte Geschwindigkeitsbegrenzung scheint die Leistung der jeweiligen fahrbaren Untersätze zu sein. Das führt unter anderem auch dazu, dass zwischen all den, offenbar lebensmüden, Rennfahrern uralte Großväterchen auf uralten Mopeds in einer nahezu unvorstellbaren Langsamkeit unterwegs sind – was die ganze Gemengelage nicht unkritischer macht.
Erstaunlicherweise passiert in dem ganzen Gewusel nahezu nichts. Das mag zum einen daran liegen, dass über eine Art natürliche Auslese nur noch die talentierten Fahrer unterwegs sind (und die anderen im Krankenhaus liegen). Zum anderen ist es aber auffällig, dass die Einwohner Marrakeschs gut aufeinander acht geben.
Die Altstadt von Marrakesch ist auch das Herz der Stadt. In den Gassen brodelt sprichwörtlich das Leben. Die Düfte der Essens-Stände und Kräuter- und Gewürz-Läden sind überwältigend. An jeder Ecke wird Handel getrieben. Unzählige Hammams laden dazu ein, sich verwöhnen zu lassen. Dutzende Sehenswürdigkeiten befinden sich in kürzester Distanz. Hinter jeder Ecke wartet ein neuer Eindruck.
Es ist voll.
Und so vieles ist anders als bei uns. Fisch und Fleisch warten, ebenso wie in vielen asiatischen Ländern, ungekühlt auf Käufer. Nahezu an jeder Ecke wird – köstlicher – frisch gepresster Orangensaft angeboten. Die Menschen scheinen sich erheblich mehr Zeit füreinander zu nehmen als in unseren westlichen, individualistischen Gesellschaften. Überall werden Schwätzchen gehalten, es wird viel gelacht. Wenn es Streit gibt, was durchaus mal vorkommt, ist sofort ein Traube von Menschen da um schlichtend einzugreifen. Über allem schwebt eine intensive Spiritualität.
Die befürchteten negativen Erlebnisse stellen sich nicht ein. Natürlich sprechen uns Händler als potenzielle Kunden an. Sie lassen uns aber in Ruhe, sobald wir freundlich (!) signalisieren, dass wir kein Interesse haben. Selbst die, im Internet und in Reiseführern, in zahlreichen, mehr oder weniger hysterischen, Artikeln beschriebenen „Falschen Führer“ geben Ruhe, sobald wir freundlich versichern, alles im Griff zu haben und zu wissen, wo wir hin wollen. Überhaupt ist unser Eindruck, dass man mit all den Menschen, die mit den Touristen ein Geschäft machen wollen (was ja nun nicht verwerflich ist) bestens klar kommt, wenn man mit ihnen respektvoll umgeht und lächelt.
Als sehr sinnvolle Maßnahme erweist sich in diesem Zusammenhang einen lokaler Guide. Dieser führt uns an unserem ersten Vormittag in Marrakesch ganze fünf Stunden durch die Medina, zeigt uns einige wichtige Sehenswürdigkeiten und sorgt vor allem für eine gute Orientierung. Nach den fünf Stunden sind wir zwar ordentlich geschafft, aber um viele Eindrücke sowie das gute Gefühl reicher, in Marrakesch tatsächlich angekommen zu sein.
Sight Seeing, Hammams & Co…
Marrakesch ist über-voll mit Sehenswürdigkeiten, Restaurants und Shopping-Gelegenheiten, insbesondere den nahezu unüberschaubaren Souks, in denen man sich stundenlang verirren kann. Der zentrale touristische Dreh- und Angelpunkt ist der Djemaa el Fan, der Platz der Gehängten, auf dem sich Schlangenbeschwörer, Affen-Bändiger, Geschichten-Erzähler und Gaukler tummeln. Abends verwandelt sich der Markt in ein gigantisches Freiluft-Restaurant. Wir haben den Platz weitgehend gemieden, konzentriert sich hier doch die Jagd auf die Touristen-Euros bzw. -Dirhams wie kaum an einem anderen Orten in Marrakesch.
Da das Internet voll ist mit Berichten über die touristischen Highlights von Marrakesch und wir in den vier Tagen tatsächlich gar nicht so viel gesehen haben, beschränke ich mich im Folgenden auf einige ausgewählte Erlebnisse:
Eine Kobra und eine Sandviper – mit Sicherheit nicht artgerecht gehalten. Aber insbeondere für Kinder faszinierend
Der Jardin Majorelle
Der große, ursprünglich von Yves Saint Laurent angelegte, Garten ist eine der Haupt-Touristenattraktionen von Marrakesch.
Natürlich ist jeder Jeck anders, und ich kenne einige Menschen, die den Park sehr genossen haben. Alleine bei mir mochte der Funken, vorsichtig formuliert, nicht so richtig überspringen.
Wieso?
Kommt man direkt aus der Altstadt, könnte der Kulturschock kaum größer sein. Während die Medina Orient pur ist, sieht man sich spätestens in der Warteschlange mit der puren westlichen Dekadenz und Ignoranz gegenüber der Marokkanischen Gesellschaft konfrontiert. Sei es durch Wagenladungen halb-nackter Ladys oder Dutzende Möchtegern-Social Media-Influencer, die mit Selfie-Stick durch den Park wandern und hohl ins Smartphone grinsen. Mit dem intensiven, für uns durchaus andersartigem Leben in der Medina, dem vielfach offenkundigen wirtschaftlichen Überlebenskampf der Einwohner sowie der überall spürbaren Spiritualität im Hinterkopf, wirken viele der westlichen und asiatischen Touristen in ihren Designer-Klamotten – Pardon – wie Witzfiguren.
Nahezu alle Highlights des Gartens, die immer mal wieder zwischen den gigantisch hohen Bambus-Pflanzen eingebettet sind, sind von hippen Jungs und Mädels belagert, die sich von ihren hippen Freunden in mehreren Dutzend verschiedener Posen und Minen (soweit möglich) ablichten lassen. Um es kurz zu machen: der Markenname YSL auf dem Garten scheint eine bestimmte Art Mensch anzuziehen, mit der ich persönlich wenig anfangen kann.
Ansonsten bietet der Garten, wie man an den Fotos sehen kann, zweifellos das ein oder andere optische Highlight. Ich würde ihn dennoch nicht nochmal besuchen, zumal es sehr schöne Alternativen gibt, zum Beispiel den Le Jardin Secret. Der ist für mich persönlich drei Ligen schöner als der Jardin Majorelle und viel besser erreichbar, sofern man in der Altstadt wohnt. Der Garten liegt nämlich direkt in der Medina.
Wem der Trubel der Medina zuviel wird, dem bieten sich außerhalb der Stadtmauer jede Menge kulinarische Alternativen, von denen ein großer Teil stark westlich geprägt ist. Eine der kuriosesten Spielarten dieser gastronomischen Vielfalt ist das Cafe Extrablatt. Das liegt in der, aus meiner ganz persönlichen Sicht, etwas seelenlosen Neustadt und scheint, aus dem Vorbeifahren betrachtet, insbesondere bei Touristen sehr beliebt zu sein. Ein Blick auf TripAdvisor verrät, dass es hier eine ganz ordentliche Bolognese geben soll. Und somit ist das Extrablatt bestimmt ein guter Anlaufpunkt für alle, die zwei Stündchen Auszeit vom orientalischen Trubel inklusive etwas Heimatgefühl benötigen. Wer diese Auszeit sucht und auf das Heimatgefühl pfeifen kann, der ist mit dem Grand Cafe de la Poste mit Sicherheit besser bedient. Das Haus atmet mit jeder Faser Kolonialgeschichte und ist in diesem Rahmen erstaunlich authentisch. Man sitzt herrlich entspannt auf der Terrasse oder wunderbar in dem sehr stilsicher eingerichteten großen Innenraum. Entschleunigung pur!
Die Preise, insbesondere für alkoholische Getränke, sind zwar gesalzen. Das ist aber gar nicht schlimm, denn die Auswahl an internationalen und lokalen Bieren und Weinen ist, wie sehr häufig in Marokko, nicht wirklich umwerfend. Da tut es nicht weh, auf Alkohol zu verzichten und stattdessen zum köstlichen wie bezahlbaren frisch gepressten Orangensaft zu greifen. Außerdem gibt es abends, im Getränkepreis inbegriffen, ein Buffet mit hausgemachten Häppchen, die den ersten Hunger bis zum Abendessen stillen helfen.
Sehr gut gegessen haben wir übrigens auch im Nomad, im Red House (Achtung: SEHR große Portionen) sowie im Cafe de Epices.
Das Grand Cafe de la Poste
Nicht nur auf Youtube gibt es niedliche Kätzchen…
Mit dem Heißluftballon über Marrakesch
Es gibt verschiedene Anbieter, die von Marrakesch aus Touren mit dem Heißluft-Ballon anbieten. Das ist eine tolle Sache, denn das nahe Atlas-Gebirge bietet ein gigantische Kulisse bei guter Sicht und die sehr überschaubare Infrastruktur um Marrakesch herum macht es den Ballonfahrern relativ einfach, flexibel zu fliegen und zu landen.
Für uns ist es die erste Fahrt mit einem Heißluftballon. Um es kurz zu machen: das investierte Geld lohnt sich, aus unserer Einschätzung, ebenso wie das frühe Aufstehen um pünktlich um 4 Uhr Morgens am vereinbarten Treffpunkt zu sein. Es ist eine absolut großartige Erfahrung.
1.3 Von Marrakesch nach Aid Ben Haddou
Unser Autovermieter ist in einem abgelegenen Industriegebiet von Marrakesch beheimatet. In einem Hinterhof einer Straße, die keinen Namen zu haben scheint.
Problem?
Keineswegs!
Unser reizender Gastgeber begleitet uns zum Taxi-Stand, erklärt dem Fahrer die grobe Richtung und los geht’s. Die Ziel-Adresse ist tatsächliche eine Herausforderung. Trotzdem funktioniert die Suche perfekt. Unser Taxifahrer telefoniert mit dem Autovermieter um die grobe Richtung zu bestätigen. Am Ziel fragt es sich mit einer unglaublich liebenswürdigen Art durch die Irrungen und Wirrungen des Industriegebietes. Keine zwanzig Minuten nach unserer Abfahrt stehen wir in einer mittel-großen Garage. Dort übernehmen wir einen ganz ordentlich aussehenden Dacia Duster, der in den nächsten vierzehn Tagen unser fahrbarer Untersatz sein wird.
Der Weg aus Marrakesch heraus ist die einzige fahrerische Herausforderung des Urlaubes, denn die Einheimischen fürchten im Strassenverkehr offensichtlich weder Tod noch Teufel. Außerdem versperren alle Nase lang Eselskarren den Weg. Dass dennoch alles ziemlich reibungslos funktioniert mag daran liegen, dass alle Geschwindigkeiten und Fahrweisen mit einer erstaunlichen Gelassenheit akzeptiert werden. Und so entscheide ich mich, wie ein deutscher Rentner mit Hut schön langsam und stoisch durch die Stadt zu zuckeln. Wäre ich mit dieser Fahrweise in jeder deutschen Stadt vermutlich angeschrien worden, stört sich hier niemand an meinem zurückhaltenden Fahrstil.
Sobald wir die erste Ausfallstraße erreichen drücken wir aufs Gaspedal und jagen den Wagen auf schwindelerregende 100 Sachen hoch. Schneller werden wir auch in den nächsten 14 Tagen kaum fahren, denn die (Land-)Straßen sind relativ schmal.
Autofahren in Marokko ist, alles in allem, ziemlich easy. Die meisten Strassen sind gut ausgebaut, der Verkehr hält sich in Grenzen. In der Regel fährt man auf zwei-spurigen Landstraßen, die bis auf Schafe, Sandverwehungen und vereinzelte Schlaglöcher wenige Hindernisse bereit halten.
Die Polizei blitzt allerdings mit großer Begeisterung. Und obwohl wir vorgewarnt waren, erwischt es uns kurz vor Aid Ben Haddou. 10 Kilometer zu viel kosten umgerechnet ca. 15 Euro. Nachdem wir bezahlt haben fragt uns der Polizist noch freundlich, wo wir hin wollen, erklärt uns den Weg und verabschiedet uns mit breitem Grinsen und einem „Welcome to Marocco“. Eins muss man den marokkanischen Polizisten lassen: sie haben Humor.
Unsere erste Unterkunft ist ein veritables Träumchen: der Riad Caravane liegt einige wenige Kilometer hinter Ait-Ben-Haddou und ist ein kleines Juwel, das stilistisch schick-afrikanisch mit dem unübersehbaren Einfluss der französischen Gastgeberin daherkommt. Vom Pool über den großen Aufenthalts- und Essbereich, die Zimmer bis hin zur Dachterrasse könnten die Räumlichkeiten einem Hochglanz-Travel-Magazin entsprungen sein – ohne jedoch die, mitunter mit solchen Unterkünften verbundenen, Dünkel. Wir fühlen uns wohl, springen in den Pool und genießen die wunderschöne Unterkunft.
Am nächsten Morgen fahren wir, nach einem ausgiebigen Frühstück, zur Fint-Oase. Die liegt eine gute Autostunde von Ait-Ben-Haddou entfernt. Die Anreise ist etwas mühsam, denn die letzten 10 Kilometer sind Schotterpiste. Belohnt wird man für den Aufwand mit einem wunderschönen, grünen Paradies, in dem man eindrücklich erleben kann, zu was die Natur im Stande ist, sobald Wasser verfügbar ist. Der Fluss ist zwar ausgetrocknet, aber unterirdische Wasseradern sorgen dafür, dass auf einer Strecke von über 40 Kilometern üppige grüne Natur sprießt. Wie auch noch später an diesem am Tag machen wir die Erfahrung, dass es in Marokko grundsätzlich eine gute Idee ist, sich vor Ort einen Führer zu nehmen. Ein älterer Herr, der uns freundlich anspricht, führt uns durch die Oase. Der Spaziergang entpuppt sich als kulinarisches Highlight, weil es nahezu an jeder Ecke etwas zu probieren gibt. Am eindrücklichsten im Gedächtnis geblieben sind mir die phänomenalen Aprikosen, die wir direkt vom Baum probieren dürfen.
Nochmal zum Thema „Guide“: an jedem Ort, der nur im Entferntesten von touristischem Interesse ist, warten potenzielle Führer. Wir haben deren Dienste an verschiedenen Stellen in Anspruch genommen und sind nicht enttäuscht worden. An sehr touristischen Orten wie in Marrakesch ist es bestimmt günstig, den Preis vorab zu verhandeln. In abgelegeneren Gegenden wie der Fint-Oase kann man auch mal darauf vertrauen, dass man sich nach der Tour schon einigen wird.
In Ait-Ben-Haddou selber nehmen wir uns auch einen Guide, der uns zum Sonnenuntergang durch die alten Lehmbauten führt. Als große Hilfe entpuppt sich unser Guide aber vor allem nach der Führung. Da wir im Rammadan unterwegs sind, gibt es in kaum einem Restaurant vor 20 Uhr etwas zu essen. Und in dem Restaurant, das wir für den Abend ausgeguckt haben, startet der Service erst um 20.30 – definitiv zu spät für unseren kleinen Mann, dem am Vortag um 20.15 schon fast die Augen zugefallen sind. „No problem“, lächelt unser Guide und führt uns zum Hotel Chez Brahim. Dort werden wir, obwohl wir zeitlich tatsächlich ziemlich ungelegen kommen, so herzlich empfangen und so wunderbar verköstigt, dass wir ein bißchen das Gefühl haben, zur Familie zur gehören.
1.4 Von Aid Ben Haddou nach Dades Gorges
Dades Gorges ist eine ca. 35 Kilometer lange Schlucht, die von der Stadt Boulmane Dades Richtung Norden führt. Namesgeber der Schlucht ist der Dades Fluss, der dafür sorgt, dass die Schlucht neben einem vielschichtigen wie faszinierenden Pottpouri unterschiedlichster Gesteinsformationen üppige, Oasen-artige Vegetation bereit hält. Eigentlich möchten wir bei der Fahrt durch die Schlucht an jeder zweiten Ecke anhalten und Fotos schießen.
Wir haben uns als Unterkunft das Chez Pierre ausgesucht, das nahezu am Ende der Schlucht liegt und in den einschlägigen Portalen vor allem für sein herausragendes Abendessen gelobt wird.
Das Chez Pierre ist, inmitten eines wunderbaren Gartens, Terrassen-förmig an den Berg gebaut. Die Zimmer sind schön und verfügen teilweise über private Terrassen. Das mehr-gängige Abendessen ist in der Tat große Klasse. Ein kleines Hängerchen beim Hauptgang am ersten Abend scheint die berühmte Ausnahme von Regel zu sein, denn am zweiten Abend kann jeder einzelne Gang den hohen Anspruch bestätigen.
Ansonsten bietet sich das Chez Pierre als Ausgangspunkte für Wanderausflüge in die Schlucht an. Nachdem, während unseres zwei-tägigen Aufenthalts, die ganze Familie ganz dezent malat ist, beschränken wir uns auf eine Auto-Tour hoch zur Pass-Strasse und genießen den Rest des Tages am Pool. Im Chez Pierre gibt es übrigens auch einen Führer, der Touristen auf Wanderungen durch die Schlucht begleitet. Das mag eine gute Idee sein, denn ausgeschilderte Wanderwege gibt es in der Dades-Schlucht nicht.
1.5 Von Dades Gorges nach Merzouga
Der Weg von Dades Gorges nach Merzouga ist nicht unbedingt reich an Highlights. Dennoch ist die Fahrt ungeheuer faszinierend, denn die Landschaft präsentiert sich mit jedem Kilometer „wüstiger“. Und je karger die Umgebung scheint, desto leerer wird es auf der Strasse. Wir hängen uns für den größten Teil der Strecke hinter einen kleinen LKW. Irgendwie ist es beruhigend, dass wir nicht komplett alleine sind. Wem hier der Motor verreckt, der wird etwas länger auf Hilfe warten müssen.
Je näher wir Merzouga kommen, desto heißer wird es. Außerdem müssen wir immer häufiger Sandverwehungen umfahren, die auf unserer Seite der Strasse herumlungern. Auf den letzten 15 Kilometern steigt die Zahl der Kamele rechts und links der Strasse rapide an.
Merzouga selber ist ein unscheinbarer Ort, der vor allem als Ausgangspunkt für die verschiedensten Aktivitäten in der Sahara dient. So wenig Highlights der Ort selber bereithält, so vielversprechend ist die Lage. Denn man kann aus der Stadt bereits einen ersten Blick auf die faszinierenden Dünen erhaschen, die rot-golden in der Sonne schimmern.
In der Wüste kann man nicht nur Kamel-Reiten und Quad-Fahren. Eins der Touristen-Highlights schlechthin ist die Übernachtung in einem Zeltcamp. Diese werden in den verschiedensten Preis-Klassen angeboten. Wir haben uns für zwei Übernachtungen in einem der hochpreisigeren Camps entschieden, dem Luxury Camp Chebbi. Wie es uns dort gefallen hat und was wir auf dem Weg zurück zum Atlantik erlebt haben, könnt Ihr im Teil II des Reiseberichtes lesen…