Markus Lanz: Primitiv-Journalismus mit Thomas Oppermann

An und für sich wächst in Krisenzeiten die Bereitschaft von Menschen, ihre Ängste und Befürchtungen zum Ausdruck zu bringen. Allzu schnell finden sie dann Gegner, die sie sogleich in die äußerst RECHTE ECKE stellen und dafür plädieren, das Internet schärfer zu überwachen und verbale Entgleisungen strafrechtlich verfolgen zu lassen. So auch Thomas Oppermann und weitere Gäste bei MARKUS LANZ.

Die gegenseitige und euphorisch wirkende Selbstbestätigung wirkte schon peinlich, auch weil den “Saubermännern” anscheinend entgangen ist, dass die Politik der EU, voran Deutschlands, seit Jahren viele Griechen in die bittere Armut und Obdachlosigkeit katapultiert hatte. Die von vielen Ökonomen längst als “falsche Medizin” analysierten Rettungsmaßnahmen werden sogar fortgeführt; ein Skandal.

Peinlich deshalb, weil sich für die Ärmsten der Armen in Griechenland kaum ein Politiker in Talkshows gesetzt hatte, um das unverschuldete Schicksal der Betroffenen mit Nachdruck zu beklagen und “humanitäre Leistungen” einzufordern, wie sie jetzt zu Recht für die Kriegsflüchtlinge gefordert und geleistet werden.

Peinlich vor allem deshalb, weil insbesondere die Bundesregierung nicht bereit war, 200 oder 300 Millionen Euro bereitzustellen, um wenigstens den chronisch Kranken zu helfen und dringend notwendige Operationen zu ermöglichen. Abgesehen von gezwungen wirkenden Mitleidsbekundungen waren jedenfalls keine humanitären Hilfen von der EU und auch Deutschland zu erkennen.

Wie hätte sich das Ansehen Deutschlands in der Südschiene der EU verändert, wenn die Bundesregierung wenigstens teilweise zur Finanzierung humanitärer Hilfsleistungen für Griechenland bereit gewesen wäre, wie sie jetzt unter dem Druck der Ereignisse bzw. der sich abzeichnenden Völkerwanderung als “selbstverständlich” dargestellt werden. So bleibt das Image der eiskalten Bundeskanzlerin, plakatiert durch schwarze Uniformen und verbotene Symbole, noch lange erhalten.

Dabei hätte ihr schon lange bekannt sein müssen, dass sich private Helfer aus Deutschland und anderswo auf den Weg gemacht hatten, um das schlimmste Elend in Griechenland wenigstens etwas abzumildern. Aber Griechenland und das Elend dort war weit weg, während jetzt die durchlässigen Grenzen die NOT der Menschen und die Versäumnisse der Vergangenheit nach Deutschland schleusen.

Nicht wenige Arbeitslose in Deutschland befürchten, dass die neu entdeckte “Empathie” dazu führen wird, ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt und Wohnungsmarkt erheblich zu schmälern. Die engen Grenzen für “Kosten der Unterkunft” (KDU) nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) werden zukünftig dazu führen, dass noch mehr Leistungsempfänger Kürzungen des “Existenzminimums” (Regelsatz) hinnehmen müssen, weil nach den Richtlinien der Kommunen “angemessene” Wohnungen nicht auffindbar sind.

Den Betroffenen ist bereits jetzt zu empfehlen, die Sozialgerichte zu bemühen, weil z.B. Wohnungsgesellschaften erkennbar dazu übergehen, Asylsuchende bevorzugt aufzunehmen, weil damit mehr Geld verdient werden kann. Und wenn keine “angemessenen Wohnungen” verfügbar sind, dann darf auch keine Kürzung bei den anzuerkennenden KDU bzw. mittelbar dem Existenzminimum erfolgen. Das Bemühen der erfolglosen Wohnungssuche sollte nachweisbar sein, damit die bereits existierende BSG-Rechtsprechung die Jobcenter bzw. Sozialagenturen (Optionskommunen) dazu zwingt, auf Kürzungen zu verzichten.

Bereits jetzt dürfte klar sein, dass insbesondere im unteren Entlohnungsbereich die Chancen für ältere Hartz IV – Betroffene sinken werden, auch weil viele Arbeitgeber nicht bereit sind, Arbeitssuchenden ab einem Alter von 40 Jahren eine Chance zu geben. Das gilt auch für gut ausgebildete Arbeitssuchende, weil jüngere Migranten eher bereit sind, ihre Arbeitsleistung für Hungerlöhne knapp über dem “Sozialsatz” anzubieten.

Die Gäste bei LANZ konzentrierten sich viel lieber auf verbale Entgleisungen im Internet, befürworteten Strafverfolgung durch mehr Polizei und vermittelten den Eindruck, dass die Kritiker nur von Hass und tumber Ablehnung beseelt seien. Die oben skizzierten naheliegenden Problembereiche wurden, was nicht anders zu erwarten war, einfach ausgeblendet. Eine ausgewogene Diskussion konnte schon deshalb nicht aufkommen, weil in den ARD-Medien die Teilnehmer sorgfältig ausgewählt werden, damit die gewünschte “Meinungsbildung” bei vielen Zuschauern erfolgen kann. Kontroverse Diskussionsbeiträge würden da nur stören, die Wahrheit wäre geradezu kontraproduktiv aus Sicht der Meinungsmacher. Und die Probleme der gezielt herbeigeführten Armut in der eigenen Gesellschaft (ca. 12,5 Millionen Bürger), darunter beinahe jedes sechste Kind,  sollen erst gar nicht thematisiert werden. Der soziale Sprengstoff ist an und für sich unübersehbar.

Nur nebenbei sei darauf hingewiesen, dass Günther Jauch weichen musste, weil er die Auswahl der Diskussionsteilnehmer unbeeinflusst selbst vornehmen wollte. Mit LANZ dürften die Meinungsmacher zufrieden sein.

Frau / Mann darf gespannt sein, ob die desolate Sozialpolitik den Alt-Parteien bei der nächsten Bundestagswahl auf die Füße fallen wird. Im Bundestag kündigte Bundesfinanzminister Schäuble (CDU) bereits Kürzungen im Sozialsystem an. Zwar wurde sogleich verkündet, dass die Hartz IV – Leistungen nicht angetastet werden sollen, aber der Fachkundige weiß längst, dass das Existenzminimum künstlich und rechtswidrig gezielt zu niedrig berechnet wurde. Altwohnungen mit betagtem Durchlauferhitzer und älteren Haushaltsgeräten führen zu hohem Stromverbrauch. Besonders betroffen sind Alleinerziehende mit Kindern, da der anteilig im Regelsatz berechnete Betrag für Energie bei weitem nicht ausreicht.

Damit soll angedeutet werden, dass die Widersprüchlichkeiten bei der plötzlich aufwallenden Migranten-Empathie nicht nur bezogen auf die gezielt herbeigeführte Armut in Griechenland auffällig ist, sondern auch mit Blick auf die prekäre Situation vieler Bürger in Deutschland. Nur viele Nutznießer des Prekariats werden sich die Hände reiben, weil billige und willige Niedriglöhner in spe eingereist sind und noch einreisen werden, die die Umverteilung von unten nach oben weiter fördern.

Aus Sicht der Kriegsflüchtlinge und Wirtschaftsflüchtlinge ist Deutschland ein Segen, auch weil die bisherige Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes eine Differenzierung bei Bedürftigen nur bedingt duldete. Ob sich das ändern wird, ist derzeit noch nicht absehbar, auch weil die Bundesregierung hofft, Sachleistungen bzw. die signifikante Reduzierung von Geldleistungen ohne ein neues “Zuwanderungsgesetz” durchzusetzen.



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