Langsam schleppt sich ein Akkordeon klagend in den Raum.
Es scheint nahezu unfassbar, wie sehr sich Mark Growden aus San Francisco manchmal nach Tom Waits, manchmal nach Nick Cave anhört und dabei mindestens vier verschiedene Instrumente spielt. Saint Judas heißt sein in diesem Jahr erschienenes Album und eigentlich klingt es auch genau so. Zwischen getragenen Gospelblues und rauhbeinigen Americana mischen sich biblische Anspielungen, Engelschöre und verlockende musikalische Versuchungen.
Wenn sich direkt am Anfang der "Undertaker" aus den Untiefen der Hölle den himmlischen Verlockungen stellt, wird einem schier angst und bange, wie hier wird mit Klang, Melodie und hereinschleichender Intensität Atmosphäre geschaffen hat. Gut kann man sich die Bilder vorstellen, wenn sich im titelgebenden "Saint Judas" die Parade der Heiligen und Sünder auf den Weg macht, begleitet von torkelndem Dixieland, knochentrockenen Blechbläsern und einer vor Eifer geradezu angespannten Stimme.
Dieses Zusammentreffen von tiefer Spiritualität und himmlischer Leichtigkeit, die sich in den bis zu 9 Minuten langen Stücken immer wieder findet, beherrscht auch die wie aus waidwunder Kehle angestimmten "Been In The Storm So Long" und "I'm Your Man", wobei letzteres mit seiner gedämpften Trompete mehr als nur die Träne im Knopfloch zurücklässt. Aber auch wenn die danach im lockerer schunkelnden "Faith In My Pocket" schnell wieder weggewischt wird, spätestens wenn das melancholische "Coyote" die letzte Spur an Helligkeit vertreibt, wird die Stimmung wieder dunkel. Dem wunderbaren Video dazu ist anzumerken, Growden kann auch Filme untermalen und hat das auch bereits getan. Einen weiteren Film wäre dann sicherlich auch noch mal das zweigeteilte "The Gates/Take Me To The Water" wert, wo spätestens im zweiten Teil noch mal richtig die Post abgeht, bis zum Schluß mit dem Traditional "All The Pretty Little Horses" das Album mehr als versöhnlich und fast schon erleuchtend ausklingt.
Es mag jetzt abgedroschen klingen, doch genau so ein Album wie es Saint Judas darstellt, braucht den Herbst und der Herbst braucht dieses Album. Wer jetzt zuletzt fragt, was denn nun das ganze mit dem Akkordeon zu tun hat, höre und sehe bitte "Coyote":