Nachfolgend noch eine Stellungnahme der Marinekameradschaft Homburg e.V. zur Abberufung des Kommandanten der Gorch Fock, welche bereits vor einem Monat veröffentlicht wurde. Da der Inhalt immer noch aktuell ist - eine Stellungnahme seitens des Verteidigungsministeriums liegt schließlich noch nicht vor - veröffentliche ich diese gerne.
Stellungnahme der Marinekameradschaft Homburg e.V. zur Abberufung des Kommandanten der Gorch Fock
Ziel der Ausbildung zur militärischen Führungskraft auf einem traditionellen Segelschulschiff ist das Erleben menschlicher Abhängigkeit voneinander – der Entwicklung von Teamgeist. Ein Segelschulschiff bewegt sich nur dann, wenn alle im Wortsinn „an einem Strang ziehen“ und Segel setzen. Zahlreiche Marinen dieser Welt haben sich für diese praxisnahe Ausbildung entschieden und betreiben erfolgreich entsprechende Großsegler.
Berufsspezifische Grundlage für den Dienst an Bord und an Land ist das Erlernen von Seemannschaft – dem Handwerkszeug, das man zur sicheren Handhabung eines Seefahrzeugs beherrschen muss. Dazu gehört auch das intensive Erleben des Einflusses von Wind und Wellen auf Schiff und Besatzung sowie der daraus zu ziehenden Schlüsse zur sicheren Führung des Schiffes. Ungewohnte Enge, Komfortverlust und geringe Privatshpäre erfordern gegenseitige Rücksichtnahme – weitere Eigenschaften, die nicht nur für den Dienst auf den mit Ihren Steuermitteln bezahlten Marineeinheiten unerlässlich sind. Der militärische Dienst, insbesondere in Führungsverwendungen, stellt hohe Anforderungen an die Persönlichkeit.
_
Grundlage der Ausbildung ist ein umfangreiches Regelwerk des Verteidigungsministers: Die zentrale Dienstvorschrift „Innere Führung“ gibt darin Selbstverständnis und Führungskultur der Bundewehr vor.
Aufgewachsen unter schulischem Leistungsdruck und begleitet von Freizeitstress in einer von elektronischen Geräten dominierten Welt, leben die Jugendlichen bis zum Eintritt ins Berufsleben in aller Regel im „Hotel Mama“. Dann beginnen der Eintritt ins Berufsleben und damit der Übergang ins Erwachsenenleben. Fragen Sie doch einmal in Ihrer nächsten Umgebung, welcher Jugendliche sich bei der Berufswahl über die an ihn gestellten Anforderungen im Klaren war. Wie hoch die körperlichen und seelischen Anforderungen an eine militärische Führungskraft sind, darüber wird sich kaum ein Jugendlicher Gedanken gemacht haben. Die Ausbildung ist Erwachsenenbildung und der Dienst bei der Deutschen Marine keine Kreuzfahrt.
Bevor das Segelschulschiff mit neuen Offiziersanwärtern in See geht, wird eine Segelvorausbildung durchgeführt, bei der die Stammmannschaft den Neuen die Grundkenntnisse vermittelt. Dabei werden im Hafen im Rahmen von Trockenübungen versch. Manöver wie z.B. das Erklettern der Masten, das Setzen der Segel oder die Mann-über-Bord Rolle geübt. Die Ausbildung zielt auch darauf ab, notfalls Härten und Entbehrungen bis an die Grenzen der eigenen Leistungsfähigkeit auf sich zu nehmen und zu ertragen. Aber auch die realitätsnahe Ausbildung findet ihre Grenzen in der Achtung der Menschenwürde, der Unversehrtheit von Leib und Leben sowie in der Beachtung der Sicherheitsbestimmungen – wie es in der zentralen Dienstvorschrift ZDv 10/1 heißt. Weiter heißt es dort: Erfolgreiche Dienstgestaltung erfordert vor allem eine optimale Nutzung der verfügbaren Zeit und eine sorgfältige Auswahl und Ausbildung des Führungspersonals. Dessen beispielgebende Haltung und Pflichterfüllung sowie sein fachliches Können bestimmen maßgeblich die Einsatzfähigkeit der Truppe. Die künftigen Vorgesetzten müssen in ihrer eigenen Ausbildung Innere Führung beispielhaft erleben und erlernen, damit sie anschließend selbst entsprechend handeln. Auch wenn es wohl der Mehrzahl der Offiziersanwärter an körperlicher Fitness fehlt, stehen dem Kommandanten nur wenige Tage für diese Segelvorausbildung zur Verfügung. Dazu kommen Konflikte mit Jugendlichen, die sich plötzlich in einer ihnen fremdartigen Umgebung mit klarem Befehlston und Verlust ihrer Privatsphäre konfrontiert sehen. Weiteres Konfliktpotenzial birgt das Zusammenleben von männlichen und weiblichen Offiziersanwärtern auf allerengstem Raum.
Mit der Beförderung zum Kommandanten eines Segelschulschiffes hat der betreffende Offizier bereits in vielen Jahren Dienstzeit seine Befähigung dazu bewiesen. Tödliche Unfälle bei der Bundeswehr sind stets tragisch für die Angehörigen wie für die Kameraden – aber sie passieren. Vorgesetzte sind kaum auf die Folgen vorbereitet und müssen die Disziplin aufrechterhalten. Und anders, als im familiären Umfeld, bleibt im Dienst der Bundeswehr kaum Zeit für Trauerarbeit. Auch bei menschlichen Verlusten innerhalb der durch die Politik eingegangenen, internationalen, militärischen Verpflichtungen ist Führungskräften wie Untergebenen Trauerarbeit kaum möglich, da der Dienst unverzüglich weiter geht. Offiziersanwärter, die die Art und Weise von Trauerarbeit ihres familiären Umfeldes auch im militärischen Dienst erwarten, sehen sich zwangsläufig Enttäuschungen gegenüber. Das erhöht den auf ihnen lastenden Druck der fordernden Ausbildung weiter. Schnell entstehen daraus Meinungsverschiedenheiten, die bis zur Befehlsverweigerung mit entsprechenden Folgen eskalieren können.
Die Marineführung hatte nach dem Unfall der jungen Offiziersanwärterin in Brasilien Anfang November 2010 entschieden, die Ausbildung abzubrechen und das Konzept zu überprüfen. Offiziersanwärter, die sich ungerecht behandelt fühlten, machten von ihrem Recht Gebrauch, sich beim Wehrbeauftragten zu beschweren, der die Beschwerden medienwirksam präsentierte. Daraufhin veröffentlichten verschiedene Medien alle Äußerungen eines jeden Offiziersanwärters, ohne den tatsächlichen Sachverhalt überprüfen und vor allem, den Hintergrund bewerten zu können. Bislang galt es als fair, einen Vorgang sachlich zu untersuchen und eine mögliche Verurteilung von Beschuldigten erst nach Vorliegen des Untersuchungsergebnisses auszusprechen. Dafür setzt sich die Marinekameradschaft Homburg ein. Mit der Abberufung des Kommandanten der Gorch Fock auf Weisung des Bundesverteidigungsministers sehen wir dieses Gebot der Fairness massiv verletzt. Haben Sie sich schon einmal gefragt, wie Sie reagieren würden, wenn Ihr Geschäftsführer Sie Ihres Postens enthebt, ohne dass Ihnen vorher die Möglichkeit zu einer Stellungnahme der Vorwürfe, geschweige denn einer sachlichen Klärung, gegeben wurde?
Der Vorstand der Marinekameradschaft Homburg e.V.
24. Januar 2011 PDF
Marinekameradschaft Homburg e.V.
www.mk-homburg.de
[email protected]
Frauen gehören nicht in die Takelage
Bei aller Bejahung der Emanzipation: Sind die Ereignisse auf der “Gorch Fock” nicht Signal dafür, das Diktat der sexuellen Gleichstellung zu überdenken? Welt.de
Ein kritischer und interessanter Bericht einer Frau in Zeiten des Frauenquotengleichstellungsförderwahns