Marilyn Manson – The Pale Emperor

„I’m not a slave to a god that doesn’t exist“: Diese Weisheit hat uns Marilyn Manson, nunmehr etwas gealterter Schockrocker und Antichrist höchstpersönlich nach seinen gut und gerne 20 Jahren Bühnenerfahrung erbost und erfolgreich eingetrichtert.

Es scheint, jeder hat im Leben seine Manson-Phase. Rebellisch als Teen wohlgemerkt wahrscheinlich am ehesten, aber auch noch in späteren Jahren, wenn man nicht nur einfach das vermeintlich sinnlose Endlosgekreische und die gar nicht so undurchdachten, naiv in den Vordergrund gestellten gottverdammenden Lyrics huldigt, sondern sich schon der Kunstfertigkeit Brian Warners bewusst geworden ist.

Im Endeffekt blickt Marilyn Manson auf eine ewig lange Karriere zurück, die sich in den letzten Jahren leider ein bisschen konvex nach unten gebogen hat. Duett mit Avril Lavigne? Als würde einen nicht das schon krampfhaft schlucken lassen, muss man dann im Anschluss an diese Hiobsbotschaft erfahren, dass noch dazu deren Mann, Chad – ich sollte mit der Musik aufhören, schaffe es aber nicht – Kroeger, den besagten Track geschrieben hat. Seit Eat me, drink me warten die hartgesottenen Fans also eigentlich schon auf eine Platte, die sie wieder wachrüttelt – sich selbst und gleichzeitig den strotzenden Hass, den nur Manson in wunderbar artistischer Weise umzuwandeln befähigt ist in eine Art übersinnliche Kunst. Wir wollen keine Heart shaped glasses. Was wir wollen, sind die Disposable teens. Oder gut, Beautiful people.

Den Aufruf danach hat Manson aber offensichtlich entweder gehört oder er ist mit seinen mittlerweile 46 Jahren im blühenden Schockrockertum dahinter gestiegen, dass er schlichtweg das machen sollte, wofür er in frühen Jahren seine Loorbeeren geerntet hat. Solide und straight präsentiert Manson sich auf The Pale Emperor und bietet endlich wieder das, was man sich schon beinahe nicht mehr zu wünschen gewagt hätte. Schon der Opener lässt fast erleichtert aufatmen – Killing Strangers setzt den Beat und die Gitarren richtig, um wieder zurück zur alten Stärke zu führen, woran dann auch gleich das Herzstück des Albums, die Single Deep Six anschließt. Hat man sich über die Jahre aus seiner persönlichen Manson-Bestenliste bedient und greift natürlich immer wieder auf Klassiker zurück, muss dieses Stück unbedingt nun auch mit an Bord. Glücklich-verzückt hüpft da das schwarze Fanherz, wenn das beinahe schon so klingt wie die grandiosen, frühen Alben Antichrist Superstar oder Holy wood.

Marilyn-Manson-©-Universal-Music-Marilyn-Manson

Dass The Pale Emperor in Sachen Musikkritik natürlich als zweischneidige Klinge aufblitzt, erklärt sich schnell: die Haters werden nicht umhinkommen, mit dem bitteren Vorwurf der Wiederholung um sich zu werfen. Im Sinne von: Das neunte Studioalbum fächert die Diskographie nicht weiter auf, es wiederholt nur einige Höhepunkte einer schon viel zu lange andauernden Karriere, der eigentlich schon keine musikgeschichtliche Relevanz gezollt werden sollte und kann. Aber wo es Hate gibt, gibt es – natürlich – auch Love. Und wieso muss ein Künstler sich – auch nach 20 Jahren im Business – eigentlich immer neu erfinden. Interpol müssten das nicht, wieso also Manson. „The Pale Emperor“ ist schlichtweg ein gelungenes Album, das Brian Warner nur einmal mehr konzipiert als den Fürsten der Finsternis, dem Pose zwar immer schon sehr wichtig war, er sich jedoch hinter keiner verstecken muss: So überlegt und künstlerisch-verspielt inszeniert er sich aufs Erneute in wunderbarer finstrer, sinisterer Gestalt. Hell not Hallelujah.

Marilyn Manson – The Pale Emperor, Vertigo/Universal Music, www.marilynmanson.com


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