Margerite

Von Beautifulvenditti

Es gibt ein einziges motorisiertes Gefährt, das mich zum Träumen verleitet, nämlich der “Döschwo“. Wann immer ich einen sehe, rufe ich: “Habt ihr gesehen, Kinder? Das war ein Döschwo. Sollte ich je Geld haben, das ich zum Fenster hinaus werfen kann, dann kaufe ich mir einen…” Dann erzähle ich von dem Prachtstück in Bordeaux und Schwarz, in welches meine Eltern jeweils ihre drei jüngsten Kinder und den riesigen, kinderfeindlichen Köter quetschten und über Land tuckerten. Und wenn die Kinder dann wissen wollen, weshalb meine Eltern das Auto nicht behalten haben, erzähle ich von dem Dieb, der einmal, als mein Vater in Paris war, das Dach der armen, kleinen Ente aufschlitzte und die Kamera, die auf dem Sitz lag, entwendete. 

Neulich, als Luise und ich miteinander unterwegs waren, sahen wir ein ähnliches Prachtexemplar. Rabenschwarz, blank poliert und über und über mit Margeriten verziert. Wir zwei, die wir sonst keinem Auto Beachtung schenken, es sei denn, der Fahrer falle uns auf die Nerven, blieben stehen und sahen dabei zu, wie die Fahrerin versuchte, ihren Döschwo zwischen zwei Offroader zu zwängen. Die Frau war mir auf Anhieb sympathisch, nicht nur, weil sie das Gefährt meiner Träume fuhr, sondern auch, weil sie und ihre Ente sich durch die bedrohlichen Monster nicht im Geringsten beeindrucken liessen.

Ich stellte mir gerade vor, wie es wäre, wenn ich die Frau am Steuer wäre, als Luise mich fragte: “Mama, warum hat die Frau ihr Auto eigentlich mit dem ‘Implenia’-Logo verziert?” Schlagartig erwachte ich aus meinen Träumen. Was hänge ich auch alten Zeiten nach? Die Strasse gehört längst nicht mehr den Döschwos, sondern den Offroadern und die Margerite ist auch für kleine Mädchen zum Erkennungszeichen eines Baukonzerns geworden.

Und weil ich für diesen Baukonzern nicht werben will, gibt’s heute eben eine Mohnblume.