Der Platz des Lake Malaren Golf Clubs präsentierte sich dem elitären Feld des BMW Masters an den ersten drei Turniertagen als Birdie-Spielwiese. Alexander Levy schraubte den Zwischenstand auf unglaubliche 22 Schläge unter Par. Dies änderte sich zum Finale komplett. Die Spieler hatten es am Sonntag mit deutlich schwierigeren Bedingungen zu tun. Der Wind frischte merklich auf und verhinderte ähnlich tiefe Runde wie an den Vortagen. Altmeister Miguel Angél Jiménez unterschrieb beispielsweise eine 88. “Ich kann nur auf Fehler von Alexander hoffen, dazu ist der Abstand zu groß”, erklärte Siem bei Golf.de vor dem Finale. Und die Patzer kamen. Levy kassierte bei windigen Bedingungen einige Schlagverluste, während Siem konstant blieb. Nach dem 13. Loch lagen beide gleichauf. Der Deutsche traf das Fairway des Par 5, verzog seinen zweiten Schlag dann allerdings auf den Kartweg. Doch nach einem straffreien Drop, legte er die Annäherung auf das Grün und notierte das Par. Anders Levy, der seinen Ball im Wasser versenkte und schließlich einen doppelten Schlagverlust kassierte.
Auf der 14 dann mussten beide Führende Schlagverluste hinnehmen und so lagen acht Spieler maximal drei Schläge von der Spitze entfernt – eine durchaus überraschende Entwicklung. Auf der 17 ging Siem dann erstmals allein in Führung. Der Deutsche rettete das Par mit einem exzellenten kurzen Pitch, während Levy erneut nur das Bogey schaffte und sein Tagesergebnis auf stolze fünf Schläge über Par schraubte. Dann allerdings gelang ihm auf dem folgenden Par 3 das Par. Siem verzog hingegen seinen Abschlag weit nach links und verpasste das Up-and-Down. Schlaggleich bei 17 unter Par ging es auf die 18. Ein Par 4, dessen Grün zuvor Bernd Wiesberger nach einem guten Drive und einem Holz 3 hinterher gerade so erreicht hatte. Siem und Levy lagen bei 17 unter Par, Ross Fisher war mit seiner 67 zuvor bei 16 unter im Clubhaus angekommen. Siem verzog seinen Abschlag ins Rough und legte den folgenden Versuch etwa 30 Meter vor dem Grün auf dem Fairway ab. Levy hatte Glück, dass sein zweiter Schlag vom Fairway nicht im Wasser auf der linken Seite des Grüns endete. Der Franzose brachte seinen Pitch aus dem Rough innerhalb des Wasserhindernisses nur ins Vorgrün, Siem fehlten lediglich knapp zwei Meter zum siegbringenden Par und zum vierten Sieg auf der European Tour. Doch der Putt lief deutlich rechts am Loch vorbei.
Ein Stechen musste die Entscheidung bringen: Siem traf auf Fisher und Levy. Es ging zurück auf den 18. Abschlag. Das Trio traf das Fairway, Levy wie Fisher erarbeiteten sich Birdie-Chancen aus gut fünf Metern, Siem blieb bei der Annährung kurz vor dem Grün im Rough hängen. Doch der Chip passte perfekt und landete spektakulär im Loch. Es sollte das einzige Birdie im Stechen bleiben. Marcel Siem hatte das BMW Masters mit einem Feuerwerk zum Abschluss gewonnen. “Der Platz war ein Monster heute mit den Wind und den Fahnenpositionen”, analysierte er nach der Runde. “Es war nicht der beste Putt meines Lebens auf dem 72. Loch, aber ich habe den Kopf nicht hängen gelassen. Ich konnte beide Playoffs in meiner Karriere bisher gewinnen und habe zu meinem Caddie gesagt, dass kein Weg an mir vorbei führt.” “Die Lage vor dem Chip im Stechen war gut, obwohl ein wenig Gras vor dem Ball lag. Der Sieg bedeutet mir sehr viel nach den zwei Operationen in diesem Jahr. Vor der Woche hätte ich nicht mit einer Top-Zehn-Platzierung gerechnet, jetzt stehe ich hier als Sieger. Einfach unglaublich”, so Siem, der erst vor dieser Saison auf Eisen der Firma Wilson gewechselt hat.
Bislang plätscherte die Saison so vor sich hin. Siem präsentierte sich konstant, aber die Ausreißer nach oben fehlten. Bei der BMW PGA Championship und der US Open erspielte er sich sechsstellige Siegerschecks, die ihm trotz der Meniskus-Operation einen Platz unter den besten 60 der Saisonwertung sicherten. Ansonsten gelangen Siem viele Platzierungen zwischen Rang zehn und 30, die “einen auch nicht wirklich nach vorne bringen”, wie er bekräftigt. Der Sieg beim BMW Masters allerdings ändert einiges. Maximilian Kieffer hatte den anspruchsvollen Bedingungen in China weiterhin nur wenig entgegen zu setzen und kam nach zwei soliden Runden von 71 und 69 zum Auftakt am Wochenenden nicht mehr unter Par. Besonders die 81 vom Sonntag kostetet noch einmal Boden auf dem Leaderboard, das der zweite Deutsche im Feld des BMW Masters auf dem geteilten 69. Rang beschloss.
Euer Stephan