"Anne Roth ärgern solche Rankings. Zumindest ein ganz kleines bisschen. "Mein nicht totzukriegender feministischer Impuls bemerkte als erstes, dass die bekannten deutschen Blogger alles Männer sind", schreibt die Berliner Bloggerin. Tatsächlich macht Roth mit dem Blog Mondgras die erste Frau erst auf Platz 35 in den Blogcharts aus. Inzwischen liegt dieses Blog noch weiter hinten. "Ich gebe zu, das hat mich erschüttert", sagt sie.
Roth selber gehört zu den bekanntesten Bloggerinnen in Deutschland. Auf dem Berliner Bloggertreffen re:publica im Frühjahr dieses Jahres hat sie ein Diskussionsforum geleitet. Thema: Warum Frauen im Netz nicht so sichtbar sind. "Der Mikrokosmos der Blogs ist zu einem nicht geringen Teil ein Perpetuum Mobile", sagt sie. Er reproduziere sich selbst. "Bemerkt wird, was andere bemerken, also verlinken. Je mehr Links, desto bedeutsamer." Roths These: Männer schafften es mehr als Frauen, verlinkt zu werden. Mehr noch: Sie verlinken sich öfter untereinander.
Mädchenmannschaft bloggt über Sarrazin
Sind Männer bessere Netzwerker? Vielleicht. Denn an bloggenden Frauen mangelt es nicht. Beispiel: Das Blog Mädchenmannschaft(Externer Link - Öffnet in neuem Fenster) . Hier notiert ein Team aus zwölf Frauen "Dinge und Nachrichten, die fröhlich machen oder uns die Nackenhaare aufstellen." Wie zum Beispiel Thilo Sarrazin. Über ihn schreibt die 1985 in Hoyerswerda geborene Journalistin Nadine Lantzsch: "Es gibt 100 Gründe Sarrazin als das abzustempeln, was er ist: ein rassistisches Arschloch, das Volksverhetzung mit massenmedialer Unterstützung kultiviert." Das sitzt.
Lantzsch straft alle Klischees Lügen, nach denen Frauen immer nur über Klatsch, Kochrezepte und Mode bloggen. Denn es gibt zwar Frauen, die über Paris Hiltons neuen Nagellack schreiben. Das machen aber inzwischen längst auch Männer. So berichtet der Dresdner Martin Boose auf seiner Seite Promicabana von einer angeblichen Party der Teenie-Schauspielerinnen Miley Cyrus und Ashley Greene in einem Pariser Nachtclub.
Frauen schreiben für kleine Zielgruppen
"Es gibt ebenso weibliche Blogger, die über Netzpolitik bloggen wie auch männliche Blogger, die über Mode bloggen", sagt Markus Beckedahl von Netzpolitik. Jeder schreibe eben über Themen, die ihm Spaß machten. "Männer sind oft mehr an Selbstdarstellung interessiert, was auch immer gut in Blogs funktioniert", sagt er. "Frauen nutzen laut Blog-Forschern oft gerne Blogs zur interpersonellen Kommunikation. Damit sprechen sie dann eine kleinere Zielgruppe an und erscheinen nicht so groß in der Öffentlichkeit."
Dabei ist dem Blog Mädchenmannschaft der Sprung in die große Öffentlichkeit 2009 gelungen. Im vergangenen Jahr war es für den renommierten Grimme Online Award nominiert. Woran liegt es also, dass Spreeblick, Netzpolitik oder Bildblog immer noch die bekanntesten und erfolgreichsten Blogs sind? "Wahrscheinlich daran, dass alle drei Blogs konstant und mit viel Enthusiasmus seit vielen Jahren betrieben werden", sagt Beckedahl. Dadurch hätten sie sich eine Reputation und Netzwerke aufgebaut. "Um das zu schaffen, muss man aber kein Mann sein."
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