Ein Beitrag zur Blogparade: Führung 2020 – Herausfor-derungen & Lösungsansätze von Gudrun Happich.
Jeden Tag können wir über neue Anforderungen an das Management lesen. Täglich werden Sie damit konfrontiert, was Sie noch besser machen sollten, um erfolgreicher, menschlicher, natürlicher, kongruenter oder authentischer zu werden. Wie geht es Ihnen dabei? Fühlen Sie sich auch manchmal machtlos diesen Anforderungen gegenüber? Oder lehnen Sie die Anforderungen einfach ab, weil sie davon ausgehen, dass es gut ist wie sie ihre Mitarbeiter, Ziele und Aufgaben managen? Oder haben Sie Ihren persönlichen Weg gefunden, wie sie langfristig gesund und erfolgreich sein können.
Zumindest scheint es bei vielen Managern immer wieder Zweifel darüber zu geben, ob das was Sie gerade machen wirklich schon “alles” ist. Entweder wird es Ihnen von den Mitarbeitern, Ihren Vorgesetzten oder dem privaten Umfeld aufgezeigt oder Sie fühlen selbst, dass etwas nicht so richtig rund läuft. Sie suchen nach neuen Möglichkeiten, gehen auf eine Fortbildung – von denen es viele und sicherlich auch sehr gut gibt. Sie lernen und studieren neue Verhalten ein, sammeln Wissen darüber, wie Sie am besten in allen Formen von zwischenmenschlichen Beziehungen umgehen. Mit Fokus auf die Mitarbeiterführung, Feedback geben, Konflikte lösen und “Wie setzte ich mich bei meinem Chef durch”, usw.
Ich möchte Sie einmal bitten, bei der folgenden Frage ganz ehrlich zu sich zu sein. Schauen Sie auf Ihre Schulungen zurück und fragen Sie sich, wie viel Sie davon für sich umgesetzt haben? Auf einer Skala von 0-100, wie würden Sie den Erfolg der Schulungen für sich einschätzen?
Bitte verstehen Sie mich nicht falsch! Die oben erwähnten Schulungen haben ihre Berechtigung und sind wichtig für die Weiterentwicklung von Führungskräften auf allen Ebenen. Allerdings erreichen viele Aus- und Weiterbildungen ein ganz wichtiges Element nicht: die nachhaltige Veränderung und Anpassung von persönlichkeits-bildenden Merkmalen auf die heutigen Anforderungen in Ihrem persönlichen Leben … und hierzu zähle ich auch Ihre Aufgabe als Manager.
Was treibt Sie an? Was lässt Sie die Welt so sehen, wie Sie sie sehen? Wer oder was lässt Sie Ihre Entscheidungen treffen, wenn Sie unter Stress stehen? Warum werden Sie ärgerlich und reagieren in einer Form, die Ihnen später wieder Leid tut? Warum …. ?
Es sind Ihre Werte, Erfahrungen, Sichtweisen, Schubladen, Erkenntnisse der Vergangenheit, Filter der Wahrnehmung, usw. Alles vereint sich in ein “Etwas” formt sich zu einem Bauchgefühl, eine Klarheit darüber, wie etwas richtig ist oder wie es zu sein hat. Ergänzt wird diese antrainierte Brille auf die “täglichen Vorgänge” durch angeborene und überlieferte Verhaltensmuster, wie z.B. die ganz natürlichen Reaktionen auf Gefahrensituationen mit Flucht, dem Todstellen oder Kampf. Diese sind tief in unserem Gehirn verwurzelt und reagieren noch bevor wir uns dessen überhaupt bewusst werden. Und dann gibt es noch die Gene, die doch auch noch grundlegend auf unser Verhalten Einfluss nehmen können.
Sind Sie verunsichert und fragen Sie sich, wie sie dann Tag für Tag Ihre Entscheidungen treffen? Es gibt viele Menschen, die sich – sobald sie sich mit tiefer mit diesem Wissen tiefer beschäftigen – ernsthaft fragen, ob sie ihren Entscheidungen zukünftig noch trauen können. Was ist gut für Sie und mit welchen Gewohnheiten schaden Sie sich langfristig oder schon heute?
Auch wenn es sicherlich nicht ermutigend wirkt, jedoch ist es diese Verunsicherung, die eine gesunde und überaus wichtige Frage aufzeigt.
Gibt es überhaupt bewusste Entscheidungen? Damit meine ich Entscheidungen, bei denen wir wenig ober überhaupt nicht von unseren unbewussten Vorgängen beeinflusst und gesteuert werden? Wenn ja, welche Umstände unterstützen bewusste Entscheidungen? In einem gewissen Umfang sind sich die Wissenschaftler bis heute noch unsicher. Was ist der wirkliche Initiator unserer Handlungen und Entscheidungen?
Dann lassen Sie mich die Frage anders stellen: Können wir bewusst leben? Können wir uns diese unbewussten Mechanismen ein wenig in unser Bewusstsein holen? Welche Vorteile erfahren wir durch ein bewusstes Leben? Welche Vorteile hat es bei Ihren täglichen Herausforderungen? Kann es Ihnen wirklich auch in stressigen Situationen helfen, in denen gerade die unbewussten Prozess steuernd das Ruder übernehmen?
Aus meiner Überzeugung, gibt es eine sehr gute Möglichkeit ein höheres Bewusstsein in Ihr Leben zu integrieren. Ein Bewusstsein zu entwickeln heißt sich in Achtsamkeit zu üben. Wenn Sie Achtsamkeit praktizieren, werden Sie unweigerlich auf eine sehr wichtige Erfahrung stoßen: Sie erleben einen neuen Raum. Hierbei handelt es sich nicht um physischen Raum, den sie betreten und wieder verlassen können. Es ist viel mehr ein Gefühl von einem inneren Raum, der Ihnen zur Verfügung steht. Das Resultat dieses inneren Raumes ist die Fähigkeit ganzheitliche Entscheidung zu treffen. In diese Art der Entscheidung fließt all Ihr Wissen, die Erfahrung, die Werte, das Bauchgefühl aber auch eine Betrachtung der Situation im Außen mit ein. Es erkennt aber auch, wenn Sie in alten, immer wieder kehrenden Mustern handeln, wenn sie ein starre Brille zur Bewertung der notwendigen Entscheidungen und Handlungen einsetzten.
Stellen Sie sich vor, Sie könnten die Zeit in wichtigen Momenten dehnen und dadurch ein Gefühl erhalten, dass Ihnen mehr Zeit und damit ein Raum zur Verfügung steht, eine ganzheitliche Entscheidung zu treffen. Natürlich können wir das nicht wirklich! Aber wir können unser Gehirn darauf trainieren ganzheitlich zu denken und offener zu sein. Denn dann wird das ganzheitliche Denken und Handeln zu einer neuen und tief verwurzelten persönlichen Eigenschaft. Genau hierbei hilft uns die Achtsamkeit!
Aus Sicht der Gehirnforschung trainieren Sie in der Achtsamkeit ganz bestimmte Bereiche Ihres Gehirns. Diese Bereiche helfen Ihnen sozusagen den Überblick zu behalten und auch in Ihnen aufkommenden Impulse zu betrachten und diese in eine ganzheitliche Entscheidung einzubinden. Durch die Achtsamkeit arbeiten unser Gehirn ganzheitlicher und das ganz von allein.
Dabei gibt es einen Nachteil und unzählige Vorteile.
Zum “unangenehmen” Teil: Sie werden die Vorteile der Achtsamkeit nur dann für sich nutzen können, wenn Sie wirklich regelmäßig trainieren. Es ist wie das erlernen eines Musikinstruments oder einer Sportart. Es braucht einen Anfang und eine regelmäßige Fortsetzung. Und wie Sie sicherlich wissen, führt das regelmäßige Training auch zu einer stärkeren Ausprägung der oben beschriebenen Gehirnregion und damit zur Möglichkeit dieses Areal intensiver zu nutzen.
Sie brauchen dazu allerdings nicht jeden Tag eine Stunde zu meditieren (auch wenn es sicherlich hilfreich sein kann). In unserem heutigen Alltag sind es die kleinen Unterbrechungen, die es Ihnen ermöglichen kurz die Aufmerksamkeit auf den Augenblick zu lenken und der Reihe nach: Ihren Körper zu spüren, Ihre Gefühle zu wahrzunehmen und Ihren Gedanken zu hören. Diese kleinen Unterbrechungen erleben wir alle tagtäglich. Es braucht nicht unbedingt zusätzlicher Pausen! Nutzen Sie den Moment im Fahrstuhl, vor der roten Ampel, im Stau, auf dem Weg zu nächsten Meeting, wenn Sie auf einen Kollegen warten, beim Hände waschen, usw.
Am Anfang ist es sicherlich hilfreich, wenn sie die dabei die Augen schließen können, um die Ablenkung zu minimieren. Bald schon, werden sie die volle Aufmerksamkeit auch mit offenen Augen nach innen lenken können. Sie werden nach kurzer Zeit feststellen, wie sie sich Ihrer selbst bewusster werden. Auch wenn Sie nicht bewusst “Hinschauen”, werden sie sich dennoch immer klarer über Ihren Körper, Ihre Gefühle und Gedanken. Und möglicherweise gehören Sie dann auch zu den vielen Menschen, die sich wundern, über was Sie sich den Kopf zerbrechen, was Sie alles bewerten, wie Sie selbst mit sich reden und welche Gefühle und Körperempfindungen in Ihnen sind, ohne dass Sie bisher bewusst etwas davon bemerkt haben.
Die Vorteile der Achtsamkeit gerade für Sie im Management:
- Momente der Ruhe – Mit Hilfe der Achtsamkeit trainieren Sie ein intensives Gefühl der Ruhe und Gelassenheit, vergleichbar mit einem stillen Bergsee.
- Das Leben wird zum Übungsfeld – Achtsamkeit hilft Ihnen dabei zu erkennen, dass wir uns ständig in etwas üben und Erfahrungen sammeln. Dazu gehören auch Rückschritte oder schöner ausgedrückt “Ehrenrunden”.
- Sie lernen sich kennen – Sie erkennen Ihre Muster und inneren Stimmen. Sie lernen wie sie bisher die Welt gesehen haben und wo diese Sicht heute hilfreich ist und wo nicht.
- Bei “sogenannten” Fehltritten lernen Sie liebevoller mit sich umzugehen.
- Die inneren Antreiber und Impulse bleiben zwar erhalten, werden aber rechtzeitig erkannt. Gleichzeitig erhalten Sie die Fähigkeit anders zu Handeln als die Impulse es Ihnen aufzeigen wollen.
- Erwartungshaltungen entdecken – Spüren Sie Ihre Erwartungshaltungen auf und erkennen Sie, ob diese angebracht sind und wo sie Ihnen nicht helfen.
- Starke Emotionen verlassen – Achtsamkeit unterstützt uns beim sog. disoziieren von Gefühlen, d.h. sie betrachten diese mit einem inneren Abstand. Dadurch verlieren sie ihre Kraft spüren mehr mehr Raum für Entscheidungen.
- Bewertungen entdecken – Wo bewerten Sie sich und andere in einer Art, die weder für Sie noch für die Beziehung von Vorteil ist. Es ist der wohlwollende Umgang mit sich und anderen, der sich weiterentwickelt.
- Selbstbewusstsein fördern – Durch den Effekt der ganzheitlichen Entscheidung werden innere Konflikte reduziert, denn die inneren Stimmen werden schon vor der Entscheidung einbezogen. Damit wird der Manager klarer und selbstbewusster seinen Standpunkt vertreten können ohne die Flexibilität für andere Meinungen zu verlieren.
Hervorheben möchte ich aber drei Aspekte:
- Frühes erkennen von Stress – Negativer Stress führt zu unbewusstem und damit automatischem Handeln. Das notwendige Bewusstsein geht verloren. Durch das bessere Körpergefühl erkennen Sie Stress schon viel früher und können rechtzeitig gegensteuern. Damit bleiben Sie in der Kraft, d.h. sie assoziieren sich nicht so sehr mit Ihren Gedanken und Gefühlen und erhalten die ganzheitliche Sicht.
- Durch das Training verändert sich unser Denken, Fühlen und Handeln. Sie erhalten damit auch Unterstützung durch das Unterbewusstsein. Denn dieses erhält nun ganz andere Signale durch Ihre veränderten Erfahrungen und Empfinden. Alte Mechanismen werden abgeschwächt und können leichter integriert werden.
- Die klare Sicht auf den Augenblick hilft Ihnen dabei zu entscheiden, was dieser Moment von Ihnen verlangt und was als nächstes zu tun ist.
Gehen Sie kleine Schritte und sie werden den Erfolg erleben. Sie werden aber auch hinfallen und wieder aufstehen, denn das gehört zum Lernen mit hinzu.
Modernes Management führt unweigerlich zu einem “sich bewusst sein” und damit auch zu mehr persönlichem Handlungsspielraum gerade auch in schwierigen Situationen.
Modernes Management wird zu: “Klaren Entscheidungen mit Herz”
Eine solche Persönlichkeit im Management würde sicherlich als Vorbild für die Mitarbeiter dienen und entscheidenden Einfluss auf ein Arbeitsumfeld haben in dem die folgenden Aspekte vorherrschen:
- Verantwortung für das eigene Handeln und die eigenen Gefühle
- Offenheit und Toleranz für andere Gedanken und neue Wege
- Klarheit durch Ausdruck der Motivation hinter den Entscheidungen
- Motivation der Mitarbeiter zum achtsamen Denken und Handeln
- Raum für Ruhe und Rückzug … auch für den Mittagsschlaf
- Stärkung der positiven Seiten durch Lob und Anerkennung
- Respekt vor dem Menschen
- Toleranz von Fehlern
- Motivation entsteht durch gemeinsame Visionen mit Fokus auf die Freude und den Spaß bei der Umsetzung im “Hier und Jetzt”
Allerdings benötigen wir diese Persönlichkeiten nicht erst im Jahr 2020. Die Achtsamkeit lehrt uns auch, dass Visionen in 2020 wichtig sind. Warum aber warten? Um die Vision zu erleben, kann jeder heute – im Hier und Jetzt – seinen Teil dazu beitragen und für sich selbst die Verantwortung übernehmen und in Achtsamkeit leben und bewusst handeln. Es wird uns nichts helfen, wenn wir darauf warten, dass die Anderen damit anfangen.
Daher lautet meine Einladung: Üben Sie Achtsamkeit in Ihr Leben zu integrieren. Wie wäre es mit – jetzt.
Weiterhin eine achtsame Zeit, Ihr Olaf Karwisch