Eine Frau mit langem gewellten Haar sitzt breitbeinig in einem Martini. Es muss ein Martini sein, denn es ist dieses typische Glas, in dem man ihn serviert. Die Olive ist verdeckt. Die Frau trägt Strapse, schwarz wie die Nacht, Büstenhalter und Slip sind rot – rot wie die Liebe. Oder Blut. Oder Wein. Was ist alles rot? Dahinter sind zwei Würfel und vier aufgefächerte Asse zu sehen. Züngelnde Flammen bilden den Hintergrund. Dieses Motiv ist ein klassisches Tattoo. Kurz nach Verlassen der Schule, ›interessierte‹ mich das Tattoo: Ich war mir sicher, dass es zu mir passen würde – ich fand mich darin wieder.
Vieles was ich im Leben zu verstehen glaubte, offenbarte sich später tatsächlich als ein zu verstehen glauben – immer dann, wenn ich glaubte, die Dinge nun noch besser zu verstehen.
›Sei gefühllos!
Ein leichtbewegtes Herz
Ist ein elend Gut
Auf der wankenden Erde.‹
Steht da geschrieben. Ich sitze in meinem Zimmer, von unten her dröhnt Musik. Musik, die nichts mit mir und meinem Leben zu tun hat. Morrissey sang deswegen schon ›hang the Dj‹. Der Duft von fruchtigem Merlot umwickelt mich, wie ein Schal. Es ist gleich weniger kalt. Der Mond erhellt die schneebedeckten Berge. Sein Licht wiegt auf dem Wasser.
Mein ›anderes ich‹ ist ein Vater, der im Rausch und Rage die Tür ins Innere auftritt. Und ich, ich bin nur sein Sohn – trunksüchtig, verrückt nach Frauen, die nur einmal im Leben kommen, und auf der Suche nach einem Ort, der zwischen mir und meinem Herzen liegt. Der Weg ist das Ziel … aber ich sehe den Dreck unter ihren Schuhen … Nächte verschwimmen, wie der Blick durch verweinte Augen. Roter Wein. Blauer Nebel. Leidenschaftslose Lust. Weiße Kerzen – töte mich sanft.