Guten Morgen!
In einem anderen Beitrag hatte ich das Thema schon angeschnitten und heute werde ich einmal ein bisschen ausführlicher darüber schreiben.
Während der Zeit nach der Diagnose in 2005 habe ich gemerkt, dass mich die Nervenschmerzen ganz schön verändert haben. Damals war ich mal gerade 14 und es stand wirklich viel auf der Kippe, da manch einer absolut nichts mit der Erkrankung anfangen konnte.
Momentan ist Nervember, das heißt in diesem Monat wird versucht ganz viel auf Nervenschmerzen aufmerksam zu machen.
Oft braucht man einen wirklich langen Atem bis man für sich den richtigen Arzt findet, vor allem wenn die chronische Erkrankung komplex ist. Auch die Medikamente wirken nicht immer direkt und manche kommen mit ziemlich heftigen Nebenwirkungen einher, welche aber mit der Zeit weniger werden.
Wichtig ist es dabei nicht die Geduld zu verlieren. Es gibt halt nicht die eine perfekte Behandlungsmethode, die bei jedem hilft.
Aber es ist auch okay wenn man sich eine Pause gönnt nach Absprache mit dem Arzt und auch diese Gefühle zulässt. Es ist schwer ständig den Mut zusammen zukratzen um einen neuen Arzt aufzusuchen oder eine neue Therapiemethode auszuprobieren. Und es auch nicht leicht Niederlagen wegzustecken.
Es klingt toll, wenn ein kleines Gerät 50 % Schmerzlinderung verspricht, aber wie fühlt sich das an? Wie kann man es festmachen, dass es wirklich so viel oder so wenig wirkt? Und vor allem was macht das mit einem selbst? Und vor allem: Ist es das Risiko wert? Operationen sind nicht ohne und kann man sich das selbst verzeihen, wenn einmal etwas schief geht?
Es ist deshalb vollkommen okay, wenn man solche Entscheidungen nicht über Nacht fällt, da so etwas Zeit braucht. Auch ich hatte mir viel Zeit genommen um über die Operation am Nerv selbst nachzudenken. Ich hätte es mir nie verziehen, wenn ich während der Operation einen Schlaganfall erlitten hätte, aber trotzallem habe ich diesen Schritt gewagt. Denn noch mehr als so etwas hätte ich es mir nie verziehen, wenn ich diesen Schritt nicht gewagt hätte aus Angst vor dem 0,5 % Risiko.
Bei Medikamenten finde ich es auch immer schwer eine klare Linie zwischen Gründe für das weiternehmen oder absetzen zu ziehen, da manchmal die 10 % Wirkung den Unterschied ausmachen und einige Nebenwirkungen tolerierbar machen, die man ansonsten unter keinen Umständen tolerieren würde.
Ich kann jetzt nur für mich sprechen, aber ich finde es äußerst anstrengend diese Medikamentenumstellungen. Und ich hasse es, wenn Menschen meinen man solle sich halt darauf einlassen und um eine Schmerzfreiheit kämpfen ohne überhaupt je selbst in dieser Situation gewesen zu sein.
Ich kämpfe mich lieber zusammen mit den Nervenschmerzen durch den Alltag als nur um eine Schmerzfreiheit zu kämpfen. Ein Arzt meinte, dass man nur hart genug kämpfen muss für die Schmerzfreiheit. Wie kommt ein Mensch auf so einen Gedankengang? Es liegt schließlich nicht ausschließlich an so etwas, dass manch einer halt nicht mehr schmerzfrei wird. Mir sind Ärzte generell viel sympathischer, die nur von einer Verbesserung der Symptomatik als von einer kompletten Schmerzfreiheit sprechen. Deshalb möchte ich mich auch einfach nicht an etwas festklammern, was von vorne herein zum scheitern verurteilt ist in meinem Fall.
An sich ist es ja nicht verkehrt, wenn man das alles als Kampf ansieht. Jedoch sollte man das ganze nicht darauf reduzieren. Ich selbst bezeichne mich an schlechten Tagen als Kämpfer und manchmal gibt mir genau dieser Ausdruck Kraft. Macht mich diese Erkrankung zu einem Superhelden oder einem besseren Menschen? Es drückt nur aus, dass ich durch die Nervenschmerzen halt einige Schwierigkeiten habe. Und es klingt auch viel positiver, wenn man sich als Kämpfer anstatt als Schwächling sieht. Dadurch verläuft man auch nicht so schnell in Gefahr im Selbsthass und Selbstmitleid zu verfallen, da auch ein Kämpfer einmal verlieren kann oder keine Kraft für einen erneuten Kampf hat.
In den Selbsthilfegruppen wo ich wegen den Nervenschmerzen drinnen bin wird oft ein Löwe oder Kämpfer für Bilder benutzt. Und ich finde das fasst gut zusammen was Nervenschmerzen mit einem machen: Man lernt für Dinge zu kämpfen, die für andere selbstverständlich sind. Aber trotzallem würde ich das alles nicht nur als Kampf ansehen! Ich habe allein durch die Erkrankung viele nette Menschen kennen gelernt und ich hab auch gelernt für die einfachen Dinge dankbar zu sein. Ich will die Nervenschmerzen nicht als etwas positives darstellen, da diese einfach etwas absolut schreckliches sind, aber ich will auch nicht die ganzen guten Sachen verleugnen. Diese haben meistens nur geringfügig etwas mit der Erkrankung zu tun um ehrlich zu sein, jedoch existieren sie und das ist die Hauptsache!
Liebe Grüße
PS: Aufgeben ist für mich selbst nie eine Option gewesen, aber ich würde mich nie dazu anmaßen über andere zu urteilen die halt keine Kraft mehr dafür haben sich mit den Nervenschmerzen auseinander zusetzen.
Ich kann nur jedem raten sich psychologische Hilfe zu holen, da diese Erkrankung nicht ohne ist!