Wer in Istanbuls unerschöpflicher Hotelszenerie auffallen will, muss sich erstens etwas Besonderes einfallen lassen und zweitens eine unschlagbare Lage innehaben.
Das Mama Shelter Istanbul hat insofern alles richtig gemacht: Eine 1a Lage direkt an der Istiklal Caddesi, nur 400m vom Taksim Platz entfernt und einen äußerst kreativen, urbanen Einrichtungsstil … (wer authentische osmanische Gastfreundschaft sucht, ist im Mama Shelter fehl am Platz und andernorts besser aufgehoben).
Unter anderem hat Design Guru Philippe Starck sich im Auftrag der noch jungen Mama Shelter Hotelgruppe wieder einmal kreativ richtig austoben dürfen. Das erste Mama Shelter Hotel entstand in Paris, es folgten Marseille, Lyon, Bordeaux und als letzter Streich Ende des vergangenen Jahres nun auch Istanbul.
Zum Glück wusste ich bereits, worauf ich mich bei der Buchung eingelassen habe, denn das Hotel ist unter Garantie kein Zufluchtsort für Mütter. Seid gewarnt, der Name führt in die Irre! Außer witzigen Masken von Tweety, Bugs Bunny, Batman und Konsorten sowie aufgereihte Schwimmreifen als Lampendekoration sucht man ansonsten vergebens nach Familienfreundlichem in dem Design-Tempel. Ich bin mir zwar sicher, auch mit Kindern ist man hier sehr willkommen (es gibt auch Family Suites), doch ob das Sinn macht, im lauten, hektischen und von Shops und Nachtleben dominierten Stadtteil Beyoğlu, sei dahingestellt.
Hauptzielgruppe hier ist die junge und jung gebliebene, hippe urbane Crowd.
Oh mein Gott, und ich mittendrin!
Insofern geht es bei Namensgebung und Konzept mehr um „Mamas Geborgenheit”, diese will der französische Stardesigner Philippe Starck durch die Einrichtung des Restaurants und des gleichnamigen Hotels schaffen.
Tja, was soll ich sagen, bei meiner Mama ist zwar kein Gelsenkirchener Barock Interieur vorherrschend, doch so wie im Mama Shelter sieht es dort ganz und gar nicht aus. Rundum wohlgefühlt habe ich mich jedoch allemal.
Ich würde das Hotel als eine Mischung aus Edel-Jugendherberge und Boutiquehotel mit Design Anspruch und durchaus vernünftigen Zimmerpreisen beschreiben. Die Servicekräfte könnten zwar als meine Kinder durchgehen, waren jedoch rundum superfreundlich und perfekt geschult.
Die gemütlichen Zimmer und Suiten (17 bis 42m²) sind nicht allzu riesig, haben aber zum Teil eine Terrasse mit Blick über Istanbul und ansonsten alles was das Herz begehrt. LED-Bildschirm, kostenloser WLAN-Zugriff und Video-on-Demand (zum Teil kostenfreies Filmangebot), Kühlschrank, Safe sowie ein Schreibtisch, falls uns Blogger nachts der Arbeitsrausch überkommt … Besonders gefreut haben mich die Kosmetikprodukte meiner Lieblings-Naturkosmetikmarke Absolution aus Frankreich, die ich ganz zufällig (ich schwöre!) auch in meinem Shop führe. Speziell für die Mama Shelter Hotels wurde eine eigene Amenities Linie kreiert.
Ansonsten gibt es noch einen Concierge Service, ein Mac-Business Center, einen coolen Shop, Coffee Table Books, Zeitschriften und sonstigen Schnick Schnack.
Ein Eyecatcher ist der Restaurantbereich. Schüsseln, Siebe und Rührbesen baumeln an der Theke zur Küche. Eine kleine Bühne, auf der Bands live auftreten, ist mit Instrumenten behängt. Vorne gibt es bunt zusammengewürfelte Stühle und Sofas, hinten lange Holztische und dazwischen die mit Schwimmreifen beleuchtete Bar. An der Decke Kreide-Graffitis und auf Monitoren läuft eine Diashow mit den Fotos von einzelnen Gästen, die sich auf ihrem Zimmer fotografiert haben – gerne mal verkleidet als Batmann oder Shrek dank der erwähnten Lampenschirmmasken.
Das Frühstück ist mehr als lecker und die Küche kreativ, dennoch bodenständig mit lokalen türkischen Einflüssen und einem kleinen, rein vegetarischen Angebot. Yummy! Im Außenbereich lässt es sich auf den großen Sitzbänken prima lümmeln. Leider war aufgrund des schlechten Wetters die geniale Dachterrasse mit imposanten Bosporus Blick nicht geöffnet.
Beim nächsten Mal dann hoffentlich, wenn es wieder heißt „fast wie bei Mutti“, denn bei Mama fühlt man sich doch immer am wohlsten!
Bilder: ©Hidden Gem, ©Mama Shelter
PS:
Ich habe mir den Kopf zerbrochen, wieso auf den Tapeten überall Eier abgebildet sind, Hühner auf den Vorhängen und Hühnerbeine die Visitenkarten zieren, komme aber zu keinem vernünftigen Schluss, außer dass Philip Starck Mamas mit Glucken gleichsetzt. Das ist eine infame Unterstellung und der kreative Ansatz zu weit hergeholt. Außerdem, Monsieur Strack, auch wenn das Hotel rundum gelungen ist, Chrom ist nicht mein Ding und ganz schön 90ies.
Ansonsten, Prädikat sehr lohnenswert!