Mein Leben als Mutter ist manche Tage davon geprägt, im Dreieck zu laufen. Drei Kinder, die in der Wohnung verteilt etwas unternehmen und abwechselnd meine Aufmerksamkeit brauchen. Auch wenn man mit den Kleinen raus geht und am Spielplatz, oder im Park mit ihnen unterwegs ist, brauchen sie abwechselnd meine Aufmerksamkeit. Das ist ja auch meine Aufgabe als Mutter und auch völlig OK. Allerdings habe ich oft auch ziemlich verwöhnte Kinder und das geht mir zu weit.
Mama!
Es passiert im Leben der Kinder regelmäßig, dass sie an ihre Grenzen stoßen. Ein Spielzeug liegt zu hoch im Regal und sie kommen nicht dran, ihre motorischen Fähigkeiten reichen noch nicht aus, um etwas, das sie zerlegt haben, wieder zusammenzubauen, oder es gibt den üblichen Streit unter Geschwistern. Ein gellender Schrei und schon sprinte ich zum Ort des Geschehens um helfend einzugreifen. Was auch immer ich gerade an Hausarbeit verrichte und auf welchen stillen Orten ich auf gerade weile – Ich komme, wenn meine Kinder mich brauchen und nach mir rufen. Allerdings wird diese mütterliche Sorge und meine Mobilität mit zunehmenden Alter immer mehr ausgenützt.
Falscher Alarm
Ruft eines meiner Kinder nach mir, dann erwarte ich zumindest ein kleines Problem. Etwas ist kaputt, funktioniert nicht, wie es soll, oder stellt eine Gefahr da. Das Potential, das mein Kind in Gefahr ist lässt mich immer wieder einen Alarmstart hinlegen. Genetisch auf die Stimme der Kinder programmiert, nehme ich einen noch so leisen Ruf auch unter widrigen Umständen wahr. Egal, wie intensiv die Geräuschkulisse gerade ist, ein Hilferuf durchdringt jeden Strassen- und Fernsehlärm. Musik wird kurzerhand ausgeblendet und glasklar dringt der Klang an mein Ohr, bahnt sich mit Lichtgeschwindigkeit den Weg in mein Gehirn, wird direkt im Kleinhirn ausgewertet und mit höchster Priorität durchgereicht. Während mein Hirn noch arbeitet bin ich schon auf halbem Weg in Richtung Kinderzimmer. Dumm, wenn hinter dem vermeintlichen Hilferuf nur verwöhnte Kinder stecken.
Früh übt sich
Teenager hatte ich schon . Meine älteste Tochter ist aus dem Teenager-Alter mittlerweile raus, aber die Erfahrungen der Pubertät und der Rebellion sitzen tief. Keine leichte Zeit und vor Allem im Bezug auf das Einbringen in den Haushalt haben Teenager gewaltig Nachholbedarf. Sie verbringen den ganzen Tag in ihrem Zimmer und kommen nur heraus um sich etwas zu Essen, oder zu trinken zu holen, oder die Toilette aufzusuchen. Mitarbeit im Haushalt lässt sich nur mit penibel kontrollierten Plänen und klaren Aufgabenzuteilungen, deren Einhaltung regelmäßig eingefordert wird, erreichen. Die Älteste der drei Kleinen ist fast sechs Jahre alt und auch in diesem Bereich ist sie ihrem Alter etwas voraus. Sie nützt es gerne aus, dass ich komme, wenn man mich ruft.
verwöhnte Kinder
Die kleine Frühreife genießt es momentan, sich in eines unsere beiden Kinderzimmer zurückzuziehen. Sie hat einen Kindle Fire, auf dem sie spielt, oder Youtube-Videos ansieht. Statt mit ihren Geschwistern die Fernsehzeit zu konsumieren, verwendet sie sie lieber dazu, alleine mit ihrem Kindle Tablet zu sein und sich alleine zu unterhalten. Dagegen ist nichts einzuwenden. Bedenkt man, dass sie so gut wie nie Zeit hat, in er sie alleine ist, ist es nachvollziehbar, dass sie auch einmal etwas Abstand zu allen Anderen braucht. Sie liegt also in ihrem Zimmer und plötzlich brennt ihr eine Frage auf den Lippen. Es kann natürlich auch die Trinkflasche leer, oder die Obstportion aufgegessen sein. Alles Ereignisse, die korrekterweise dazu führen sollten, dass sie das Tablet zur Seite legt, aufsteht, das Zimmer verlässt, ihre Frage stellt, oder nach Auffüllen, oder Nachschlag fragt. Allerdings passiert das nicht. Der Tablet läuft weiter und das verwöhnte Kind bleibt entspannt liegen. Mama, ist das Zauberwort, das die Situation mit minimalem Energieaufwand löst.
nur eine Übung
Mittlerweile nicht mehr mit dem vollen Körpereinsatz, aber doch mit leicht erhöhtem Puls und etwas mehr Adrenalin in Blut, als üblich, stehe ich wenige Sekunden nach dem vermeintlichen Hilfeschrei in der Türe. Wasser leer, Apfel weg, wie oft noch Schlafen, bis irgendwas passiert, sind dann die Probleme, die es zu lösen gilt. Das Dilemma beginnt. Als gute Mutter kann ich den Ruf meines Kindes nicht ignorieren. Zurückschreien ist auch keine nachhaltige Lösung. Es ist bei uns immer relativ laut bei uns und ziemlich aussichtslos mit jemanden über mehr als drei Meter vernünftig zu kommunizieren. Durch eine geschlossene Türe am anderen Ende der Wohnung klappt das bestimmt nicht. Also starte ich los und rücke zur Lösung eines Problems aus, das keines ist.
Dilemma
Da steh ich also und werde mit einer unwichtigen Frage, oder einem einfachen Thema konfrontiert. Es gibt eine ganze Reihe darauf zu reagieren. Von schreiend Weglaufen bis milde Lächeln kann die Reaktion ausfallen. Grob lassen sich die Varianten aber in zwei Gruppen einteilen. Einerseits kann man das Problem vor Ort lösen, andererseits kann man ohne Lösung wieder gehen. Beides hat Vor- und Nachteile. Löst man direkt vor Ort, dann ist eines von vielen tausend kleinen ToDo´s, die man als Mutter jeden Tag auf der Liste stehen hat, erledigt. Klar, Wasser und Apfel muss man aus der Küche holen, aber das ist auch kein großer Aufwand. Es spricht also viel dafür, die Sache zu erledigen. Will man das Kind erziehen, dann bleib nur, unverrichteter Dinge wieder abzuziehen. Pädagogisch wertvoll, aber unterm Strich auf der Energiebilanz ein Verlust. Man ist ja schon da.
Unlösbar
Hilft man, erzieht man verwöhnte Kinder, die das Gelernte auch weiterhin anwenden werden. Ich laufe also für die nächsten Jahrzehnte wie der geölte Blitz durch die Wohnung. Verlässt man den Ort des Geschehens, ohne geholfen zu haben, dann bringt das auf lange Sicht vielleicht etwas. Auf kurze Sicht wird man immer wieder losstarten, das Kind ermahnen und wieder abziehen, um etwas 20 Sekunden später, wenn das geläuterte Kind mit dem immer noch vorhandenem Problem im Wohnzimmer steht, die Aufgabe schließlich doch zu erfüllen. Dann wird die Frage beantwortet, ein neuer Apfel gespalten, oder die Trinkflasche wieder aufgefüllt. Der Aufwand ist deutlich höher. Man legt weitere Wege zurück und braucht mehr Zeit um die Aufgabenstellung zu bewältigen. Was der richtige Weg ist, weiß ich. Dass das der steinigere Weg ist, macht es leider schwerer, als gedacht.
Konsequenz
Dummerweise braucht man für Erziehung nämlich Konsequenz und noch dümmerer Weise braucht man für Konsequenz Energie. Dümmster Weise hat man an manchen Tagen diese Energie leider nicht mehr in Reserve. An solchen Tagen untergräbt man sich selbst. Dann gibt es Ausnahmen und eine Ausnahme ist in der Erziehung ein großer Rückschritt. Was einmal geht, geht auch öfter und schon hat man verwöhnte Kinder. Ich muss wohl in den sauren Apfel beißen und mir für solche Fälle etwas Energie auf Reserve legen, damit ich bei jedem falschen Alarm freundlich, aber bestimmt das Verhalten meiner Kinder korrigiere, bis es endlich klappt. Wünscht mir Glück!