Mama auf Abruf

“Wenn die Kinder erst mal grösser sind” – so tröstete man mich, als ich noch mitten in der Baby- und Kleinkindphase steckte -, “wirst du wieder viel mehr Freiheiten haben.” Naiv, wie ich damals noch war, glaubte ich den erfahrenen Müttern, die mich auf diese Weise aufzuheitern versuchten. Nun möchte ich natürlich keineswegs behaupten, diese Mütter hätten mich belogen, bei ihnen war es wohl tatsächlich so. Bei mir nicht. Noch selten in meinem Leben habe ich mich so angebunden gefühlt wie gerade jetzt.

Als die Kinder noch im Vorschulalter waren, konnte ich – wenn ich denn wollte – morgens ein paar Bananen und Getreideriegel einpacken und mich mit meiner Horde aus dem Staub machen. Wenn es sich ergab, tat ich mich mit einer anderen Kleinkindmutter zusammen, damit die Kinder spielen und wir quatschen konnten. Zugegeben, ich tat das nicht oft, weil es doch ein wenig umständlich war, mit fünf Kindern aus dem Haus zu gehen, doch allein schon der Gedanke, dass ich könnte, tat gut. Nein, ich habe nicht vergessen, dass mir schon damals in schöner Regelmässigkeit die Decke mit Getöse auf den Kopf gekracht ist, aber das war auch nicht anders zu erwarten in einem Leben mit fünf kleinen bis mittelgrossen Menschen im Dauerchaos. Also fand ich mich damit ab, mal mit mehr, mal mit weniger Gebrumm und Gemotze.

Heute aber sollte es eigentlich anders sein. Zumindest haben mir das die erfahrenen Mütter von damals so versprochen. Die Kinder sind selbständiger, verbringen sehr viel Zeit ausser Hause und brauchen mich… also, na ja, wie soll ich sagen… irgendwie permanent und irgendwie doch nicht so richtig…also so auf Abruf. Wer schon mal auf Abruf gearbeitet hat, weiss, wovon ich rede: Du weisst nie so recht, wann du zur Arbeit gerufen wirst. Du weisst auch nicht, ob du bei deinem nächsten Einsatz nur gelangweilt rumstehen wirst, oder ob du zehn Stunden Dauereinsatz leisten wirst. Du weisst aber sehr genau, dass du nie allzu weit wegfahren darfst, weil die Chefin dich jederzeit herzitieren könnte. Wenn du dann sagst: “Ich bin jetzt gerade noch in Locarno. Sobald ich mein Pedalo zurückgegeben und meine Penne all’Arrabiata gegessen habe, nehme ich den Zug. So gegen siebzehn Uhr sollte ich es schaffen”, bist du deinen Job los, das weisst du genau. Also bleibst du schön zu Hause und wartest, bis das Telefon klingelt. Du hast zwar nur hin und wieder Arbeit, aber dein Job füllt dennoch dein ganzes Leben aus. 

Irgendwie so ähnlich fühlt sich die Lebensphase an, in der ich derzeit gerade feststecke. Also nicht ganz die grosse Freiheit, die ich mir vorgestellt habe. Weshalb mir weiterhin in schöner Regelmässigkeit die Decke mit Getöse auf den Kopf kracht. 

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